Tichys Einblick
Blick zurück – nach vorn

Blackbox KW 45 – „Eine Kraft, in Erfahrung gehärtet“

Chef Olaf sagt „ich bin der Kanzler“, aber Saskia Esken will das offenbar ändern. Alles schaut auf Wendelin Merz, und Robert Habeck entdeckt seine toxische Männlichkeit ...

Ein Richter würde fragen: Wie hat der Streit angefangen? Wollte einer aus der Bande die geplanten Raubzüge des Anführers nicht länger unterstützen? Oder riskierte der eine ständig eine dicke Lippe und ließ den Boss schlecht aussehen? Der kleine Milieusprung, den uns der Leser nachsehen möge, kam uns in den Sinn, nachdem Chef Olaf „die niederträchtigste Rede, die je ein Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland gehalten hatte“ (Klaus Rüdiger Mai auf TE) gehalten hatte. Und in der Tat, so stellen wir uns eher einen Clananwalt vor Gericht vor bei einer Abrechnung im Milieu. Nachdem ihm Finanzminister Lindner 3 Jahre die Stange gehalten hatte, sah sich Scholz nun gezwungen, diesen zu entlassen, „um Schaden von unserem Land abzuwenden“. Denn der Lindner sei „nicht seriös“ und verantwortungslos.

♦ Auch wenn Scholz in 14 Minuten das Wort „Deutschland“ gefühlt öfter in den Mund nahm als in seiner gesamten Regierungszeit, ging und geht es ihm mitnichten um „unser Land“, sondern nur um seine Partei, die Deutschland mit ungebremster Zuwanderung in die Sozialsysteme, Klimaquark, uferloser Geldverschwendung für Aktivisten und bedingungsloser Finanzierung des Ukraine-Krieges in den Ruin getrieben hat. Nun aber sind die Kassen leer, nicht einmal der Haushalt konnte verabschiedet werden. Lindner hatte sich nicht erpressen lassen, die einst mit Bedacht eingeführte Schuldenbremse aufzugeben – nachdem er schon einmal beim höchsten Gericht wegen solcher Tricks unangenehm aufgefallen war.

♦ Nach der Entlassung der FDP-Minister hat die Regierung Scholz keine Mehrheit mehr und hofft auf CDU-Wendelin Merz. Der hatte sofort staatsmännisch erklärt, „über für das Land unaufschiebbare Entscheidungen zu reden“, aber vorher müsse Scholz die Vertrauensfrage stellen und den Weg für Neuwahlen am 19. Januar freimachen. Chef Olaf denkt genau andersherum. Erst Gelder freigeben, dann im Januar vielleicht die Vertrauensfrage und, wer weiß, womöglich Neuwahlen im März. Auf jeden Fall nach den Hamburg-Wahlen am 2. März. In der roten und gesichert lernresistenten Hansestadt rechnen die Genossen mit Sieg und Rückenwind für eine Bundestagswahl. Sie haben ja sonst nix.

♦ Unser Genosse Präsident Frank-Walter reaktivierte für einen Augenblick seine ruhende SPD-Mitgliedschaft und versuchte Merz März-Wahlen schmackhaft zu machen, und ein anderer Genosse appellierte an die religiösen Gefühle des Christdemokraten: Niemand wolle, mahnte er fromm, „dass an Weihnachten Wahlkämpfer an der Tür klingelten“.

♦ Die Bundeswahlleiterin (beim SPD-Faeser-Ministerium angesiedelt), deren Parteizugehörigkeit wir nur vermuten können, verwies auf „unabwägbare Risiken“ bei einem Wahlkampf in der Weihnachtszeit. Haben die Genossen Angst, auf Weihnachtsmärkten, trotz Merkel-Pollern und Messerverbotszonen, ihre Infostände aufzubauen? Nein, es ließe sich auf die Schnelle nicht genug Papier für die Stimmzettel beschaffen, ganz zu schweigen von der hybriden Bedrohung (Putin!), der man anscheinend frühestens im nächsten Jahr entgegentreten kann.

♦ Auch wenn die Papierindustrie versicherte, Papier sei genug da, will Chef Olaf nun mit Merz „möglichst unaufgeregt diskutieren“, bis der einknickt. Bedenke, Fritz, warum sollte Olaf im Januar resignieren, wenn du die letzten Kröten an Stelle der FDP geschluckt hast? Warum sollte er nicht als Minderheitsregent weitermachen bis zum Ende des nächsten Jahres? Weil er‘s versprochen hat? Das hat er im Januar längst wieder vergessen …

♦ Nach dem Urteil einer überwältigenden Mehrheit der Bild-Leser 
erwartet Volker Wissing in Dantes Höllenkreis einen Platz ganz unten, im neunten Kreis, da wo die Verräter im ewigen Eise frieren. Zum Dank, dass Wissing seine FDP-Kameraden im Stich ließ, erhielt er von Chef Olaf, dem Täuscher, ein weiteres Ministerium zugeschanzt, sodass ihn Wikipedia nun als „Verkehrs- und Justizminister (parteilos)“ führt.

♦ Wir gratulieren Cem Özdemir, der es als Sozialpädagoge mit Erzieher-Hintergrund nicht nur zum Landwirtschaftsminister schaffte, sondern nun auch ein paar Monate für Deutschlands Bildung zuständig ist. Aber die bedeutendere Personalie ist zweifellos ein gewisser Jörg Kukies, SPD, der nun das Finanzministerium übernimmt. Kukies hat, wie unser Karl, in Hawatt studiert und war einige Jahre in leitender Funktion bei Goldman Sachs, wo er „mit sämtlichen Zukunftsaussagen, was Aktien und Märkte anbelangte, so weit von der Realität entfernt lag, dass die Reporter nicht umhinkamen, das zu notieren“.

♦ Jedenfalls schien Kukies auch den Goldmännern in der Politik besser aufgehoben, sodass sie ihn als Staatssekretär ins damals von Scholz geführte Finanzministerium ziehen ließen. Als Staatssekretär verstand Spezialdemokrat Kukies unter „öffentliche Hand“ vor allem die offene. Die Corona-Bazooka war sein Werk, auch für eine gemeinsame Schuldenaufnahme auf europäischer Ebene hat er ein offenes Ohr. Selbst der Firma Wirecard, die den größten Betrug der Nachkriegsgeschichte hinlegte, wollte Kukies noch zwei Tage vor der Pleite Staatsgeld zukommen lassen (Spiegel). Wenn auch „an Kukies‘ Charakter Zweifel angemeldet werden“ (Focus), ist er doch offensichtlich ein seriöser und verantwortungsvoller Mann nach Olafs Geschmack.

♦ Ob im Januar, März oder September gewählt wird – der Wahlkampf hat begonnen. Anhänger der Opposition, der „demokratischen“ wie der wahren, konnten ihr Glück nicht fassen, aber da saß sie tatsächlich leibhaftig im TV-Studio – obwohl verzweifelt um ihre Existenz ringende Parteigenossen genau das immer zu verhindern versucht hatten: Saskia Antifa Esken war zurück auf der öffentlich-rechtlichen Bildfläche. Und forderte gewohnt „frech und anmaßend“
 (ein Journo bei Lanz), nun solle gefälligst die Union die letzten rotgrünen Gesetze und Vorhaben abnicken, für die die Regierung keine Mehrheit mehr hat.

♦ Nicht weniger frech, aber mit treuherzigem Augenaufschlag, ließ Klimamärchen-Erzähler Robert Habeck wissen, „wenn Sie wollen“, dann würde, er, Robert, alles für Deutschl…, nein, aber „für die Menschen in Deutschland“ „auch als Kanzler …“. Für Fehler wie das Heizungsgesetz habe er sich schließlich mehrfach entschuldigt, außerdem habe er „gerade in den letzten Tagen eine neue Kraft gefunden. Eine Kraft, in Erfahrung gehärtet“. 
Auch wenn er gerade vor toxischer Männlichkeit nur so strotzt, will er bescheiden „jetzt erst einmal den Menschen in Deutschland zuhören, was sie in ihrem Alltag bewegt“. Und, wer weiß, „vielleicht komme ich ja auf Ideen, die ich sonst nie hätte“. Hilfe!

♦ Auch wenn bei uns Marmor, Stein und Eisen bricht, vergessen wir die Weltpolitik nicht. Um Lauterbachs Karl, den Minister für Drogen und Medikamente, machen wir uns ja schon länger Sorgen. Aber dass der vor der US-Wahl bei Twitter auf eine „unvergessliche Nacht, in der eine erfolgreiche, intelligente und sympathische farbige Frau auf die Bühne der Weltpolitik steigt“ hoffte? Ja liest der Karl denn keine linken Zeitungen mehr? Die „erfolgreiche, intelligente und sympathische farbige Frau“ tanzt doch schon seit vier Jahren als Vizepräsidentin der USA über die Bühne der Weltpolitik!

♦ Kamala Harris soll sich, je später der Wahl-Abend, ordentlich einen hinter die Binde gekippt und ihr Personal heftig beschimpft haben, wollen gut unterrichtete Kreise wissen. Zudem habe sie sich geweigert, vor ihre versammelten Anhänger zu treten, die aus allen Teilen des Landes zusammengekommen waren, um ihren Sieg zu feiern, der dann jedoch ausblieb.

♦ Wer hätte gedacht, dass die grünen Rabauken inzwischen mehr Anstand haben als ihre roten Altvorderen? Unsere Chefdiplomatin Annalena trat ohne Zögern vor die Kameras und sprach frei und fest, „Donald Trump hat die Wahl gewonnen, dazu gratulieren wir“, und Robert, ihr Bruder im Geiste, schloss sich an. Der Genosse Präsident Frank-Walter hingegen fand, „das Ergebnis ist anders als die meisten in Deutschland sich das gewünscht haben“, da will er „nichts schönreden“, und der linke Sender ntv (gehört zu RTL) meldete dazu, „Steinmeier gratuliert Trump nicht“. 

Diesen erneuten diplomatischen Eklat wollte man im Präsidialamt aber nicht so stehen lassen: Auf der Website des Bundespräsidenten könne man nachlesen, dass Frank-Walter am 6.11.2024 gratuliert habe. Sicherlich hatte Donald Trump nach dem Wahlsieg nichts Eiligeres zu tun, als auf die Website des Bundespräsidenten zu schauen.

♦ Natürlich lagen Analysten und Kommentatoren beim garantiert nicht reformierbaren Staatsfunk wieder meilenweit daneben mit ihrem Wahl-Geschwätz, aber, tröstlich, es guckte ihnen wieder kaum jemand zu.

♦ Die Ukraine soll auch in Zukunft nicht alleine stehen. Das Kabinett stimmte für einen „neuen Wehrdienst“ mit „digitalem Fragebogen“, 

mit dem junge, kriegsgeeignete Männer ausfindig gemacht werden sollen. Hm. Alle jungen Männer? Nur die mit deutschem Pass? Was ist mit Doppelpasslern? Oder den Passlosen im Sozialleistungsbezug?

♦ Wenn auch das Papier für die Wahl knapp werden sollte, verehrte Leser, wir haben für das Buch Blackbox 2024 vorgesorgt. Sie können ab jetzt vorbestellen.

♦ Zum Abschluss einen Trinkspruch auf Chef Olaf Scholz: Einen guten Roten erkennt man am Abgang …

Schönes Wochenende!


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