Tichys Einblick
Antrag im Bundestag

CDU setzt FDP mit Verbrenner zusätzlich unter Druck

Die FDP steht in der Woche der Entscheidung: weiter die Vorteile der Regierung genießen oder zu seinem Wort stehen? Sollten die Liberalen sich für das Zweite entscheiden, gibt ihnen die CDU noch schön einen mit.

picture alliance/dpa | Michael Kappeler

Manche politischen Analytiker können gar nicht mehr anders als kritisieren. Wären sie Sportreporter, hätten sie den FC Barcelona nach dem Clasico gescholten, weil die Katalanen mit dem 4:0 im Rücken nicht mehr konsequent genug auf ein 5:0 gegen Real Madrid gespielt hätten. Die taktische Situation der CDU ist nur bedingt mit der des FC Barcelona zu vergleichen. Taktisch führt sie gerade gegen die Ampel 6:0 oder 8:0, aber wie die Katalanen haben sich die Christdemokraten dafür entschieden, den Sieg jetzt ruhig nach Hause zu bringen.

Die Christdemokraten könnten schließlich die FDP und ihren Chef Christian Lindner bei seinem Thesenpapier unterstützen, das er angeblich nur für den internen Gebrauch geschrieben haben will – und mit dem er eine Rückkehr zu vernünftigen Prinzipien der Marktwirtschaft herbeiführen möchte. Nur: Warum sollten die Christdemokraten das tun? Wenn der Gegner sich auf dem Platz untereinander prügelt, kannst du dazwischen gehen und dir selber ein Paar Schellen oder Rote Karten abholen – oder aber zuschauen. Die CDU hat sich fürs Zuschauen entschieden. Nun. Schlausein ist auch 2024 in Deutschland noch nicht verboten.

Die Logik des Politikbetriebs
Christian Lindner scheitert am Realitätsverlust des Berliner Politikbetriebs
Zudem sticheln die Christdemokraten ein wenig von der Seite. Dass ihre Vertreter das rasche Aus der Ampel und Neuwahlen fordern, ist zwar so wenig überraschend wie eindrucksvoll. Aber schlauer ist der Schritt, den die Unions-Fraktion an diesem Freitag im Bundestag geht: Sie hat einen Antrag eingebracht mit dem Namen: „Technologieoffener Klimaschutz im Straßenverkehr – Kein Verbot des klimaneutralen Verbrennungsmotors“.

Nach dem Antrag soll es kein von der Politik vorgeschriebenes Datum für ein Aus von Verbrennungsmotoren in Autos geben. Stattdessen solle die Politik technologieoffen und gleichzeitig klimafreundlich sein. Letztlich ist es aber auch egal, was in dem Antrag steht. Denn eigentlich geht es nur darum, die FDP unter Druck zu setzen. Sollte die bis Freitag – trotz Lindners Gehabe – die Ampel immer noch nicht verlassen haben, dann muss sie gegen die Zukunft des Verbrennungsmotors stimmen. Spätestens dann hätten die Freidemokraten wieder mal bewiesen, dass sie trotz allen Gegockels nicht bereit oder fähig sind, sich SPD und Grünen entschlossen entgegenzustellen.

Entscheidender ist in dem Antrag schon die Stelle, die Bundesregierung solle sich auf EU-Ebene dafür einsetzen, dass eine Zukunft des Verbrennungsmotors weiter möglich bleibt. Denn auf dieser EU-Ebene ist es eine Christdemokratin, die das Aus des Verbrenners maßgeblich befördert hat und heute immer noch verteidigt: Angela Merkels Lieblingsministerin, Ursula von der Leyen. Damit fordert die CDU hier eigentlich, dass die Ampel sich gegen die CDU einsetzen soll.

Ultimatum an SPD und Grüne
Christian Lindner blamiert sich wie selten ein Politiker zuvor
Doch das spielt momentan keine Rolle. Lindner hat mit seinem Ampel-Ultimatum alles andere in Berlin zur Nebensache gemacht. Die Frage dieser Woche ist: Springt er oder springt er nicht, verlässt die FDP die Koalition? Hat sie das am Ende der Woche immer noch nicht getan, gibt ihr die CDU eine Demütigung mit, die übers Wochenende nachhallen wird. Beim Wähler. Aber auch intern. Denn es würde den Verantwortlichen deutlich machen, wie sehr sie sich an SPD und Grüne gekettet haben – und wie fatal das für die FDP ist. Die CDU würde zweistellig führen.

Allerdings ist Clasico nicht nur einmal im Jahr. Es gibt ein Rückspiel. Spätestens mit dem nächsten Wahlkampf. Da brauchen die Christdemokraten mit dem Verbrennungsmotor nicht mehr zu kommen. Jedem, dem das Thema wichtig ist und der seine Informationen nicht ausschließlich über staatliche und staatsnahe Medien bezieht, wird dann wissen, wer in Brüssel für das Verbrenner-Aus verantwortlich ist. Denn, um den größten Fußball-Kommentator aller Zeiten zu zitieren, den unvergesslichen Sepp Herberger: Nach dem Spiel ist vor dem Spiel.

Anzeige
Die mobile Version verlassen