Tichys Einblick
CDU-Kretschmer trifft AfD-Urban

Wackelt die Brandmauer, wird sie porös oder fällt sie?

SPD-Generalsekretär Matthias Miersch kommentierte das Treffen von Michael Kretschmer (CDU) und Jörg Urban (AfD) als „brandgefährlich“. Und brandgefährlich ist es tatsächlich: nicht für Bürger, sondern für rotgrüne Politik. Denn sobald die Brandmauer fällt, verlieren SPD und Grüne ihre Machtoptionen und die bürgerliche Mehrheit kann genutzt werden für eine Politik für Deutschland.

Michael Kretschmer (CDU) und Jörg Urban (AfD), Aufnahme vom 08.08.2024

picture alliance/dpa | Robert Michael

Was gestern noch wie ein Alleingang von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer aussah, bekommt inzwischen eine andere Dimension. Im Wahlkampf hatte Kretschmer noch gesagt: „Das ist eine wirklich gefährliche Truppe, denen darf man keine Verantwortung geben.“ Er hatte damit nicht die Grünen gemeint, nicht seine Justizministerin Katja Meier (ehemals Mitglied einer Punkband, die sang: „Advent, Advent – ein Bulle brennt“), auch nicht Mister Deutschlandbankrott Robert Habeck, sondern die sächsische AfD.

Da aber Michael Kretschmer weit mehr an der eigenen Macht und dem Posten, den er innehat, interessiert ist – man erinnere sich an die Wahlempfehlung für die SPD im brandenburgischen Wahlkampf – als an allem anderen, hat sich Kretschmer nun gestern mit dem Chef der „gefährlichen Truppe“ in seinem Abgeordnetenbüro im Sächsischen Landtag, Jörg Urban, getroffen. Die SPD reagierte panisch, Linksaußen-Generalsekretär Matthias Miersch kommentierte das Treffen als „brandgefährlich“. Und brandgefährlich ist es tatsächlich, allerdings nicht für die Bürger, sondern für das rotgrüne Machtkartell und für deren Politik zum Niedergang Deutschlands. Denn sobald die Brandmauer fällt, verlieren SPD und Grüne ihre Machtoptionen – sobald die bürgerliche Mehrheit für eine Politik für Deutschland genutzt werden kann.

Es ist ja kein Geheimnis, dass die Ampel in allen Politikfeldern Deutschland heruntergewirtschaftet hat, allen voran der unfähigste Wirtschaftsminister, den Deutschland je hatte, von dem man den Eindruck gewinnt, dass er nur der Türsteher für die Sause des Erneuerbaren-Energien-Komplexes mit der Finanzindustrie ist.

Streit in Sachsen
Wenn das BSW die Brandmauer bröseln lässt
Man darf Kretschmers Altruismus nicht allzu hoch ansetzen. Er befindet sich in einer absurden Gesprächssituation mit SPD und BSW, Gespräche, die nicht vom Fleck kommen. Machttaktisch ist es richtig, dass er den Parteien, mit denen er gerade verhandelt, zeigt, dass Alternativen zu ihnen existieren. Insofern war das „Geheimtreffen“ so geheim wie die Bundesligaergebnisse im deutschen Fernsehen. Er könnte – und dazu will man ihm fast raten – eine Minderheitsregierung unter Duldung der AfD bilden. Das würde von ihm natürlich viel Klugheit verlangen, mehr Arbeit, denn es müsste wieder regiert werden. Der Ministerpräsident müsste wieder das Steuer selbst in die Hand nehmen, anstatt auf Autopiloten zu schalten. Macht er das, geht er kein linkes Bündnis ein und macht Politik für Sachsen, ohne Kompromisse an Wokistan, dann wird er in den nächsten Wahlen noch ganz andere Mehrheiten holen. Er könnte sogar die AfD minimieren, was er einmal vorhatte, indem er sie überflüssig macht, und wieder in der mittigen Mitte und rechts der Mitte Positionen besetzen und den für Deutschland letalen Kurs links der Mitte beenden, den Angela Merkel und ihre Jünger der CDU verordneten.

Auch für die Union eröffnen sich mehrere Chancen. Die Bequemlichen, deren Gesäße eine unlösbare Verbindung mit dem Abgeordnetensessel im Bundestag eingegangen sind, auf dem sie sitzen, hoffen darauf, dass Scholz sie zur Großen Koalition einlädt, oder das Scholz mit den Grünen bricht und die Union zu Hilfe ruft, entweder zum Eintritt in eine neue Koalition oder um die Duldung bittet. Doch darauf sollten sie nicht hoffen. Deutschland hat nichts davon – und die Union hat erst recht nichts davon.

Physische Barrieren und Rückkehrzentren
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Deutschland steht nach 16 Jahren Merkel und 3 Jahren Ampel vor einem außenpolitischen, wirtschaftspolitischen und gesellschaftspolitischen Totalschaden. So wie Deutschland wurde wohl noch nie ein Land in der Geschichte von seinen Regierungen heruntergewirtschaftet, von den Regierungen der Berliner Blase, vom Brandmauerkombinat, den Grünen und ihren Erfüllungsgehilfen in allen Brandmauerparteien.

Deshalb ist es nun die historische Stunde und die Aufgabe der Union, den Mut aufzubringen und über ihren eigenen Schatten, der Merkel heißt, zu springen. Wenn die FDP die Koalition verlässt, dann ist der Weg frei für eine Regierung der Union aus der Opposition heraus. Sie besäße mit der FDP und der AfD eine Mehrheit, um jedes Gesetzesvorhaben der Rest-Ampel scheitern zu lassen und eigene Gesetze beschließen zu können.

Der Union käme Saskia Eskens Unfähigkeit zugute, die schon mal mit Blick auf eine Minderheitsregierung getönt hat: „Wir sind bereit, mit der Situation – so wie sie sich entwickelt – umzugehen. Und wir sind darauf auch gut vorbereitet.“ Womit sie recht hat, solange sich die Union im Brandmauerhausarrest internieren lässt. Doch Alexander Dobrindt hielt schon einmal dagegen: „Der Bundeskanzler muss erklären, wieso er glaubt, nach einer krachenden Niederlage im Amt bleiben zu können.“ Wichtiger aber noch: „Dann hat die Opposition im Bundestag die Mehrheit.“ Und Thorsten Frei von der CDU fügte hinzu: „Der Kanzler muss damit rechnen, dass dann Gesetze im Bundestag verabschiedet werden, die er so nicht will.“ Obwohl man nicht mit der AfD kooperieren möchte, existiert keine Koalition in der Opposition und man könne natürlich die AfD nicht daran hindern, den Gesetzentwürfen der Union zuzustimmen.

Gegen Hass und Hetze
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Dass SPD und Grüne damit drohen, die Unterstützung der Union durch die AfD zum Wahlkampfthema zu machen, ist so langweilig wie klar wie ungefährlich. Wenn sich die Union allerdings davon verschrecken lässt, hat sie die letzte Ausfahrt, die letzte Chance, Politik für Deutschland zu machen, verpasst.

Die Drohung von Grünen und SPD ist nicht einmal ein Papiertiger, wenn die Union nicht einmal alles, sondern nur vieles richtig macht. Wenn die Union vernünftige Gesetze einbringt, wenn sie Habecks Wirtschaftsstrangulierungskurs stoppt, Gesetze wie das GEG aussetzt, eine Atomnovelle durchbringt, wenn sie wieder Deutschland denkt, wenn die falschen Gesetze gestoppt, rückabgewickelt und die richtigen durchgesetzt werden, ist es den Deutschen egal, ob die AfD mitgestimmt hat, nicht wenige würden das sogar begrüßen. Und die Union hätte das beste Argument dafür, denn sie könnte zurecht sagen, dass sie versucht hatte beispielsweise in der Frage der Migration mit der Regierung zusammenzuarbeiten, doch mit der SPD und den Grünen geht es nun mal nicht. Die Union könnte sagen, dass nur so ein Staatsnotstand abgewehrt werden kann und sie aus staatspolitischer Verantwortung so handelt, wie sie handelt – und dabei könnte sie sich sogar noch darauf verlassen, dass die Rest-Ampel sich in ihrer Restlaufzeit selbstdemontiert. Die Grünen sind nach dem Rücktritt ihrer Parteivorsitzenden nicht mehr handlungsfähig, Olaf Scholz ist ein Gefangener Eskens und ihres Generalsekretärs Miersch. Das war’s.

Nur und allein die Union könnte noch den Ball an dem torhüterlosen Tor vorbeischießen, nur sie könnte noch aus Hasenfüßigkeit und Opportunismus und Deutschlandvergessenheit Grüne und SPD retten und die Republik weiter in die Krise treiben. Wenn man ein komfortables Blatt verspielt, steht man am Ende auch als Verlierer da.

Und für die FDP wäre das der Königsweg aus dem Dilemma. Ob es für die nächste Bundestagswahl reichen wird, weiß man nicht, hängt auch damit zusammen, wie schnell sich die FDP entscheidet, aber sie könnte in der Opposition gegen den rotgrünen Irrsinn Boden wieder gut machen, wenn sie ihre Strack-Zimmermanns im Keller versteckt und konsequent mit der Union und der AfD Oppositionspolitik in Regierungspolitik verwandelt.


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