Die deutsche Wirtschaft ist im zweiten Rezessionsjahr und die Aussichten sind trübe. Die großen Institute sagen für das nächste Jahr keine großen Verbesserungen voraus. Gewichtige Traditionsunternehmen wie Volkswagen funken SOS und betreiben den Kahlschlag am Standort Deutschland. Die Bundesregierung ist durch den Volkswagen-Schock aus ihrer Lethargie erwacht. Der Kanzler und sein Kabinett wollen jetzt in möglichst vielen getrennten Gipfeln möglichst viel mit der Wirtschaft reden. Der besorgten Bevölkerung soll mit der Hilfe aktionistischer Nonsens-Gipfel politisches Handeln vorgetäuscht werden.
Über die schlechte wirtschaftliche Lage diskutiert Illner mit ihren Gästen. Es ist eine Verschwendung von Sendezeit. Bereits Bekanntes wird zigmal wieder aufgewärmt und durchgekaut. Über Konzepte gegen den ökonomischen Kollaps und die Finanzierbarkeit derer spricht man gar nicht. Vielleicht wäre es sinnvoller, eine Talkshow als eine Art Gipfel der Wirtschaft zu gestalten: Kein Politiker ist geladen, sondern nur Praktiker. Der Bürger hätte weit mehr davon, wenn die Politik über die Konzepte der Wirtschaft diskutiert, als wenn die Wirtschaft über die Konzepte der Politik diskutieren muss. Denn die Politik sorgt selten für gute Konzepte. Besonders die Ampel ist eine Bremse der wirtschaftlichen Entwicklung.
Planlos in der Rezession
In einer solch heftigen Krise hat sich die deutsche Wirtschaft seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr befunden. Trotz Fachkräftemangel steigt die Arbeitslosigkeit und große Unternehmen wie Volkswagen wollen den Standort Deutschland ausbluten lassen. Eine ungute Entwicklung der letzten Jahre verfestigt sich in einer Rezession. Eigentlich wäre die Regierung mit Ideen für ökonomische Stimulanzien gefragt, aber die Bundesregierung ist mit sich selbst beschäftigt. Die Politik flüchtet daher in Allgemeinplätze. „Der deutsche Mittelstand steht vor Herausforderungen“, meint der Fraktionsvorsitzende der FDP, Christian Dürr. Der Liberale lobt den Gipfel von Christian Lindner. „Man kommt in einer Zeit zusammen, die sehr herausfordernd ist“, äußert Dürr.
So ganz stimmt die Aussage nicht. Die deutsche Industrie trägt seit einigen Jahren in deutlich geringerem Maße zum Wohlstand bei, als es früher der Fall gewesen ist. Hauptsächlich, weil die Unternehmen in Deutschland nicht mehr wettbewerbsfähig sind, verlagern sie ihre Produktion ins Ausland oder stellen sie komplett ein. Der Standort Deutschland ist für deutsche Unternehmen ein Malus und kein Bonus. „Deutschland braucht Wettbewerbsfähigkeit“, fordert der schleswig-holsteinische CDU-Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen völlig zurecht.
Auch in Bezug auf politische Ideen fordert der CDU-Mann mit dänischen Wurzeln mehr Wettbewerb. Die dänischen Minderheitsregierungen seien zu guten Vorschlägen gezwungen, weil sie die Zustimmung der Opposition bräuchten, erläutert Madsen. In Deutschland fehlt der Mut zu einer Minderheitsregierung und zur Zusammenarbeit mit der Opposition leider gänzlich.
Ist die Stimmung zu schlecht?
Innerhalb der Bevölkerung macht sich große Sorge breit. Die Stimmung der Wirtschaft ist ein Indikator für die Stimmung in der Gesellschaft. Für SPD-Chefin Saskia Esken ist die gesellschaftliche Stimmung zu negativ. Es seien so viele tolle Unternehmen im Land, die bald wieder ins Rollen kommen würden, so Esken. Auch die Stimmung gegenüber der Ampel sei zu negativ. Diese habe auf viele Krisen reagieren müssen und habe diese auch überstanden, meint die SPD-Chefin.
Der Präsident des deutschen Handwerks hat ebenfalls keinen Grund für Zweckoptimismus. „In diesem Jahr gehen 80.000 Stellen verloren“, beklagt Jörg Dittrich. Wegen der hohen Lohnkosten würden Kunden die Leistungen nicht mehr bezahlen können, erklärt er. Von zu hohen Lohnkosten will die IG-Metall-Chefin nichts wissen. „Wir haben die Themen von Energie und Bürokratie“, sagt Christiane Benner. Die Löhne seien kein wirklicher Faktor, so das SPD-Mitglied.
Aus Sicht ihrer Gewerkschaft nicht, aber aus unternehmerischer Perspektive sind die Lohnnebenkosten in Deutschland zu hoch. Die Löhne spiegeln die Produktivität nicht wider. Ein deutsches Unternehmen kann in Osteuropa oder Südostasien zu geringeren Löhnen fertigen lassen und die Arbeiter haben eine ähnliche oder höhere Produktivität wie in Deutschland. Ob man die Globalisierung mag oder nicht, auch die deutschen Arbeitnehmer stehen in einem globalen Konkurrenzkampf.