Tichys Einblick
Leistung statt Neid

„Ich will keine Jusos mehr in Deutschland haben“

Jungsozialisten mögen keine Reichen. Der Vorsitzende des sozialdemokratischen Nachwuchses kultiviert diese Abneigung öffentlich: „Ich will keine Milliardäre mehr in Deutschland haben.“. Typisch links, paart er dabei bemerkenswerte Geschichtslosigkeit mit persönlicher Heuchelei. Eine Antwort an den Chef der SPD-Jugend.

picture alliance/dpa | Bernd von Jutrczenka

Es kommt höchst selten vor, dass in einem Zeitungsinterview nun wirklich kein einziger vernünftiger Satz steht. Philipp Türmer hat es geschafft, der „Frankfurter Rundschau“ (FR) gerade so ein Gespräch unterzujubeln.

Falls Sie ihn nicht kennen: Der junge Herr ist Vorsitzender der „Jungsozialisten in der SPD“, kurz Jusos. In der FR führt er vor, weshalb die älteste Partei Deutschlands nicht nur eine enorm schwierige Gegenwart hat, sondern auch eine durchaus düstere Zukunft. Wenn die Sozialdemokraten nur grob in die inhaltliche Richtung gehen, die der Chef ihrer Nachwuchsorganisation vehement vorschlägt, dann wird die SPD recht zügig von der politischen Landkarte verschwinden – ganz so wie die FDP und die „Linke“ (und die Grünen im Osten).

Und zwar völlig zurecht.

„Ich will keine Milliardäre mehr in Deutschland haben.“ Das ist die Kernaussage in Türmers Interview. Drumherum breitet er sein Weltbild aus. Das hat mit der realen Welt, in der reale Menschen leben, so wenig zu tun, dass man mit ruhigem Gewissen von einer Halluzination sprechen kann. Zum Ausgleich trägt der 28-Jährige seine frei erfundene Wirklichkeit mit einer in Sprache, Gestik und Mimik durchweg bemerkenswerten Überheblichkeit vor:

Wenn es das Wort „selbstverliebt“ nicht schon gäbe, müsste man es für Philipp Türmer erfinden.

Nun soll man aus gutem Grund mit jungen Menschen etwas nachsichtig sein. Aber zum einen ist Türmer so jung nun auch nicht mehr. Zum anderen wurde er in sein Amt immerhin von einer Mehrheit der roten Parteijugend gewählt. Das lässt Rückschlüsse darauf zu, welcher Habitus und welche Attitüde bei den zeitgenössischen Jungsozialisten besonders gut ankommen. Und offenbar ist bei den Jusos gerade altkluge Arroganz angesagt.

„Ich würde Olaf Scholz empfehlen … Ich bin von der Leistung der Ampelregierung enttäuscht … Wir brauchen … Wir müssen …“: In diesem Sound verteilt der weise Welterklärer Türmer Beurteilungen von und Arbeitsaufträge an Menschen, die – anders als er – sich zumindest irgendwann mal erfolgreich einer Volkswahl zum Bundestag gestellt haben. Türmer selbst dagegen konnte 2021 noch nicht einmal genügend Bürger von sich und seinen Ideen überzeugen, dass es für ihn zum Einzug in die Offenbacher Stadtverordnetenversammlung gereicht hätte.

Dabei wäre das Auftreten sogar noch zu verschmerzen. Der Inhalt ist es dann nicht mehr.

Türmer identifiziert die Wohnraumkrise als massives Problem. Gerade für die jüngere Generation sei es sehr schwierig, noch bezahlbaren Wohnraum zu finden. In Ordnung, möchte man sagen – doch dann offenbart der Ober-Juso einen verblüffenden Mangel sowohl an volkswirtschaftlichen wie an aussagenlogischen Grundkenntnissen: „Die Ampel hat manches getan. Aber weitere Vorhaben im Mietrecht werden von der FDP blockiert.“

Heiliger Marx, hat der denn gar nichts verstanden?

Wohnraum ist teuer, weil er knapp ist. Knapp ist er, weil immer mehr Menschen ins Land geholt, aber keine Wohnungen für sie gebaut werden. Zuständig dafür wäre die Sozialdemokratin Klara Geywitz. Damit sie die Bautätigkeit ankurbelt, wurde für sie sogar extra ein neues Ministerium mit vielen neuen Beamten geschaffen.

2022 versprach Frau Geywitz 400.000 neue Wohnungen pro Jahr. Doch der Bund als Bauherr hat im Jahr 2023 über seine Bundesanstalt Bima (einen der mächtigsten Immobilienriesen des Landes) ganze 68 Wohnungen fertig gebaut. Kein Schreibfehler. In Worten: achtundsechzig.

Aber Juso Türmer will nicht ans Bauen, sondern an die Mieten. In der DDR konnte (und in Berlin kann) man besichtigen, was passiert, wenn fast nichts gebaut wird und der Staat deshalb die Mieten weitgehend reguliert: Erstens – es wird noch weniger gebaut. Zweitens – diejenigen, die eine Wohnung haben, ziehen kaum noch um. Drittens – diejenigen, die keine Wohnung haben und eine suchen, finden endgültig keine mehr.

Das alles kann man wissen – freilich nur, wenn man sich der Realität zuwendet und nicht permanent die eigenen sozialistischen Träumereien mit der Wirklichkeit verwechselt.

Und in dem Stil geht es weiter, immer weiter: „Wir müssen dringend dieses Land modernisieren. Dafür müssten wir investieren. Das ist unter den Vorzeichen der Schuldenbremse aber unmöglich.“ Wieder scheitert Türmer gleichermaßen an Logik wie Ökonomie. Investitionen kommen am sinnvollsten nicht vom Staat, sondern von den Bürgern bzw. den Unternehmen: Weil die am schärfsten darauf achten, dass das Geld auch sinnvoll ausgegeben wird.

Dass der Staat das nicht kann, zeigt die Ampel gerade selbst dadurch, dass sie absurderweise in Zeiten von Rekord-Steuereinnahmen über fehlende Finanzmittel klagt. In Wahrheit fehlt den Politikern aller Parteien nicht die Kohle, sondern jede Idee, wie man damit vernünftig umgeht – und auch jede Bereitschaft dazu.

Es ist, wie die als „Eiserne Lady“ in die Geschichtsbücher eingegangene erste britische Premierministerin Margaret Thatcher sagte: „Das Problem mit dem Sozialismus ist, dass ihm allmählich das Geld anderer Leute ausgeht.“

Natürlich hätte auch die öffentliche Hand mehr als genug Mittel für sinnvolle Investitionen zur Verfügung. Aber Olaf Scholz, Robert Habeck und Annalena Baerbock geben das Geld halt lieber für Gender-Beauftragte in Göttingen, Fahrradwege in Peru und Bürgergeld für ukrainische Deserteure aus – und natürlich für die flächendeckende Deindustrialisierung (bei gleichzeitiger Verwindradung) der Bundesrepublik. Nur die Schuldenbremse verhindert derzeit, dass die Ampel noch viel mehr Geld völlig sinnfrei verpulvert.

Vielleicht weiß Türmer das wirklich nicht. Wahrscheinlicher ist, dass er es einfach nicht wahrhaben will.

Die absolut beratungsresistente Verteidigung einer ideologischen Scheinwelt, die überhaupt keine Schnittmengen mehr mit der Lebenswirklichkeit echter Menschen hat: das ist das zentrale Wesensmerkmal heutiger Jungsozialisten und ihres archetypischen Vorsitzenden. Erklären lässt sich das lustigerweise mit Karl Marx und seinem Satz, dass das Sein das Bewusstsein bestimmt.

Die Eltern unseres Juso-Chefs hielten es für richtig, ihn Philipp Gangolf Balthasar zu nennen. Das bleibt hier unkommentiert, weil wir bei TE keine Scherze über Namen machen und weil mir außerdem auch überhaupt nichts Sinnstiftendes dazu einfällt. Interessant ist das Elternhaus aber gleichwohl. Der Vater hat fast sein ganzes Leben lang als Beamter im Bundesfinanzministerium verbracht. Die Mutter ist Oberstaatsanwältin. Beide sind langjährige Mitglieder der SPD.

Das heißt, dass Türmer zu einer sozialdemokratischen Familie gehört, die jetzt mindestens in zweiter Generation nicht in der Wertschöpfung arbeitet, die Betriebe der freien Wirtschaft nicht von innen kennt und deren Wohlstand letztlich der Steuerzahler finanziert hat bzw. finanziert.

Da sagt man dann schon mal Sätze wie: „Ich will keine Milliardäre mehr in Deutschland haben.“

Man könnte diesen Unfug einfach so stehen lassen, aber das wäre falsch. „Der Klügere gibt nach“ bedeutet die Weltherrschaft der Dummen. Deshalb muss man dem ganzen dramatischen Schwachsinn, den Türmer und die Seinen da regelmäßig absondern und der von unseren selbsternannten Leitmedien dann auch noch willfährig verbreitet wird, zumindest ab und zu mal widersprechen. Also dann:

Ich will keine Jusos mehr in Deutschland haben.

Denn die schädlichste soziale Kraft in unserer Gesellschaft ist nicht Gier. Die schädlichste soziale Kraft in unserer Gesellschaft ist Neid.

Die Welt verdankt den Fortschritt den Milliardären. Ohne Rockefeller keine Industrialisierung, ohne Hughes keine Luftfahrt, ohne Musk keine Raumfahrt. Natürlich wird im wirtschaftlichen Konkurrenzkampf nicht fair gespielt. Das weiß jeder, der mal in der freien Wirtschaft seinen Lebensunterhalt verdienen musste. Aber ohne Geschäftsidee, die Menschen das Leben erleichtert, geht es eben auch nie.

Rockefeller war – nach allem, was man weiß – persönlich ein wirklich unangenehmer Mensch. Aber er hat mit Ende 20 seine eigene Ölfirma gegründet. Und er ist als Erster auf die Idee gekommen, Öl statt in relativ kleinen Fässern in großen Tanks durchs Land zu transportieren. Das hat seine Transportkosten massiv verringert – und dadurch Öl für den Endverbraucher massiv billiger gemacht. Das war ein zentraler Baustein für den Ausbau des Automobils zu einem echten Massenprodukt und letztlich für die Industrialisierung der USA.

Howard Hughes war – nach allem, was man weiß – persönlich ebenfalls ein höchst schwieriger Charakter. Aber er hat sein ererbtes Vermögen weitgehend in die damals völlig neue Luftfahrt- sowie in die noch recht unterentwickelte Filmindustrie gepumpt. Mit 30 stellte er in einem selbstentwickelten Flugzeug einen Geschwindigkeitsrekord für die Strecke von Los Angeles nach New York auf. Ohne Hughes wären Fernreisen für viele Menschen heute noch ein unerreichbarer Traum, und die Traumfabrik Hollywood gäbe es nicht.

Elon Musk ist – nach allem, was man sehen kann – persönlich auch, nun ja, mindestens eigen. Aber er hat mit 29 PayPal gegründet und danach mit Tesla das erfolgreichste E-Auto-Unternehmen der Welt groß gemacht. Nebenbei revolutioniert er mit SpaceX gerade die Raumfahrt (und lässt dabei die staatliche NASA nicht nur technisch sehr alt aussehen). Und er steckt Unsummen in die Entwicklung von Gehirn-Computer-Schnittstellen (BCIs), die im Moment die größte Hoffnung für Querschnittsgelähmte sind.

Neider wie Philipp Türmer leugnen kategorisch den Zusammenhang zwischen Reichtum und Leistung. Dabei gibt es auch bei Millionen-Erben Könner und Versager: Arndt von Bohlen und Halbach erbte das Krupp-Imperium, war aber ein Taugenichts und Tunichtgut, lebte ausschweifend und starb früh. Hubert Burda erbte ein Drittel eines mittelständischen Verlages. Er zahlte seine Brüder aus und machte aus dem Unternehmen einen Medien-Weltkonzern.

Türmer und seine Gesinnungsgenossen wollen Milliardäre enteignen, haben aber die Idee noch nicht einmal zu Ende gedacht. Großzügig geschätzt, verfügen die 226 Milliardäre in Deutschland über ein Vermögen von etwa einer Billion Euro. Die öffentliche Hand in Deutschland hat alleine nur im ersten Halbjahr 2024 nach Angaben des Statistischen Bundesamts 992,9 Milliarden Euro ausgegeben. Das Gesamtvermögen aller Milliardäre könnte den staatlichen Geldhunger also gerade mal für sechs Monate befriedigen.

Und dann? In Türmers Logik sind nach den Milliardären die Millionäre dran. Dann kommen die, die Geld haben, aber noch keine Millionäre sind (und danach auch niemals mehr welche werden). Am Ende werden alle enteignet, denn Umverteilung kennt systematisch kein Ende.

Das ist alles einfach nur ideologischer Blödsinn. Und da haben wir nur über den Sozialismus der Jusos geredet – und noch gar nicht über ihre „woke“ Verachtung aller halbwegs normalen Menschen, über ihren als „Solidarität mit den Palästinensern“ nur höchst unzureichend verkleideten Antisemitismus und über ihre nur pathologisch zu erklärende „postkoloniale“ Obsession.

Inzwischen kritisieren Jusos sogar die Autoren der US-Verfassung von 1787, denn das seien ja auch nur alte, weiße Männer gewesen. Allerdings war Alexander Hamilton damals 30 Jahre jung, ebenso Charles Pinckney, und William Jackson war erst 28. Alle im Juso-Alter also – und alle bereit, mal eben einen neuen Staat auf die Beine zu stellen.

Was stellt Philipp Türmer auf die Beine?

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