Das Publikum bei Markus Lanz durfte erneut erstklassigen Journalismus genießen. Bei einem so komplexen Thema wie dem US-amerikanischen Wahlkampf wurde daher selbstverständlich ein Experte und geschätzter ZDF-Korrespondent eingeladen: Elmar Theveßen. Sie kennen ihn als überaus scharfsinnigen Beobachter von Bidens Gesundheitszustand, Kamala Harris’ Professionalität und Trumps faschistischen Zügen. Der Leiter des ZDF-Studios Washington erläutert, wie es um die Zukunft Amerikas steht. Eins vorweg: Vor allem steht da Trump im Weg.
Es ist die Schlussphase des US-Präsidentschaftswahlkampfs und die Democrats wie die Republicans sind laut einer CNN-Umfrage – welche mit ihren 500 bis 800 Befragten und einer Fehlerquote von 5 Prozent wenig Aussagewert bereithält – bei den Wählern gleichauf. Auch Lanz beobachtet scharf, dass sich da ein Aufschwung bei den Republikanern zeigt. Das ist eine angsteinflößende Erkenntnis für so manchen. Aber es besteht noch Hoffnung, denn Harris wendet eine neue Strategie an.
Trump, Faschist und Hitler
Der Wahlkampf kann ganz schön an die Nieren gehen, weswegen ein Besuch in der Kneipe dazugehört. So sieht es auch Kamala Harris. Ihr Besuch in einer Kneipe wird zu einem altbekannten „Versuch von Spitzenpolitikern, möglichst volksnah und volkstümlich zu wirken“. So wird ganz zufällig ein Gespräch aufgenommen: „Also, das Ding ist, wir müssen bei den Männern Boden gut machen. Oh, hier sind Mikrofone. Schön, Sie hören alles mit. Das war mir nicht klar. Also, wir haben über Familiengeheimnisse geredet. Scheiße.“ Ein aufgesetztes Lachen folgt und bestätigt, dass eine Schauspielkarriere für sie nicht in den Karten steht. Was Markus Lanz aber viel mehr beschäftigt, ist, wie das „Scheiße“ bei den Amerikanern ankommt. „Das funktioniert gut, weil Donald Trump die Standards gesenkt hat“, analysiert Theveßen.
Schon gut, schon gut – Lanz muss nicht überzeugt werden. Er selbst ist über einen Satz gestolpert, den er höchst bedenklich findet. Trump spricht von „the enemy from within“, „der Feind von innen, die verrückten Irren, die wir haben, die Faschisten, die Marxisten, die Kommunisten, die Leute, die tatsächlich das Land leiten“, seien gefährlicher als Russland oder China. Eine Gefahr von innen ist für die Mainstream-Medien die Unterstützung von Elon Musk. Ein böser Milliardär, der Hate Speech auf seiner Plattform X erlaubt – ein Dorn im Auge des ÖRR. Ganz anders ist die Sache, wenn Kamala Harris von Bill Gates unterstützt wird, denn dieser ist ein guter Milliardär. Jeff Bezos dagegen, der seiner Zeitung Washington Post die Einmischung in den amerikanischen Wahlkampf untersagt, ist ein böser Milliardär. Laurene Powell, die Ehefrau des verstorbenen Steve Jobs und Unterstützerin von Kamala Harris, ist selbstverständlich eine gute Milliardärin. – Sie verstehen das Prinzip?
Während die Democrats und die Medien also damit beschäftigt sind, das Trump-Monster der Welt zu offenbaren, nutzt dieser jede Gelegenheit für seinen Wahlkampf und versucht sich ebenfalls an neuen Strategien. So auch zeitgleich mit der Ausstrahlung von Markus Lanz seiner Sendung. Nach seiner Ankunft im umkämpften Bundesstaat Wisconsin sprach Trump aus einem Müllwagen, mit einer orange-gelben Weste eines Müllmannes bekleidet, zu den Journalisten. Damit wollte er demonstrieren, was Joe Biden und Kamala Harris von ihm und seinen Anhängern halten. Der Auslöser war Joe Bidens Äußerung in einem Interview, in dem er die Anhänger von Trump als „garbage“, also als Müll, bezeichnete. Im offiziellen Transkript des Weißen Hauses wurde dies bestritten und festgestellt, dass dieser damit nur Trumps Aussagen über Latinos meinte – eben ein unverständliches und sinnloses Stottern von Joe Biden. Trotzdem konnte Trump davon profitieren und wahrscheinlich erfolgreich Wähler für sich gewinnen.
Neues Erfolgsrezept für VW
Ein neues Erfolgsrezept bedarf es auch in der deutschen Autoindustrie. Stephan Weil, SPD-Politiker und Ministerpräsident in Niedersachsen, fordert bei Lanz bis Weihnachten Klarheit von dem Konzern Volkswagen bezüglich eines Sparplans oder Werksschließungen und Personalabbau. Ihm sei bewusst, dass einmal geschlossene Werke nicht einfach wieder aufgemacht würden und die Industrie dadurch schrumpfe. Sollte es mit der Autoindustrie wieder aufwärts gehen, würden wichtige Kapazitäten fehlen.
Ob nun Industriegipfel oder Gegengipfel, von beiden dürfte nur heiße Luft zu erwarten sein.
Doch es zeigt wieder einmal gut, dass die Ampelregierung nur ein großes Theater ist. Das Strategiepapier, mit dem Wirtschaftsminister Habeck die Wirtschaft wieder in Schwung bringen möchte, ist ebenso ein Tropfen auf dem heißen Stein. Die Ideen darin sind begrenzt und sollen ein weiteres Vermögen kosten. Die „FAZ“-Wirtschaftsexpertin Julia Löhr fasst dann die Lage für Weil nochmal zusammen: „Es gibt im Moment schlichtweg kein Geld dafür. Also wir haben einen Haushalt und einen Klima- und Transformationsfonds, in den beiden klafft eine Milliarde Lücke, die jetzt erstmal geschlossen werden muss. Die Politik denkt jetzt wieder darüber nach, was man jetzt noch machen kann. Aber erstmal haben wir kein Geld, also im Moment sind das alles theoretische Überlegungen.“
Für die Ampelparteien dürfte das aber kein Problem sein, sie haben ja bis jetzt auch den Haushaltsplan einfach ignoriert – nun ist erst einmal wichtig, sich vor dem Absturz bei der nächsten Wahl zu retten.