Gerade noch auf 9% der Wählerstimmen kommen die Grünen. Was Kritiker ideologischer Umbauprojekte in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik vorhergesagt haben, ist eingetreten: Die Realität hoher Inflation, sinkender Wirtschaftsleistung, dysfunktionaler Infrastruktur und massiver sozialer Probleme hat den Alltag der Menschen erreicht, bis auf den jener wenigen Großstädter, die selten aus ihrer Soja-Latte-Bubble ausbrechen, und die sich der Wirklichkeit weiterhin entziehen.
Dass sich dieses kosmopolitische Eliten-Märchenland in großen Teilen mit der Medienwelt überschneidet, ist keine Neuigkeit: Jahr um Jahr ergeben Befragungen einen signifikanten Grün-Drall unter Journalisten. Auch die diesjährige Journalismus-Befragung der TU Dortmund, Teil einer Langzeitstudie, ergibt das gewohnte Bild: 41% der befragten Journalisten gaben an, den Grünen nahe zu stehen.
Nun ist die eigene politische Verortung im Idealfall kein Hindernis dafür, seriöse Berichterstattung abzuliefern, insbesondere dann nicht, wenn sich die Betreffenden ihrer möglichen Voreingenommenheit bewusst sind, und diese transparent machen. Allerdings handelt es sich bei vielen „grünen“ Positionen nicht per se um Parteipolitik und konkrete politische Pläne, sondern eben um Ideologie. Die Voreingenommenheit äußert sich also nicht nur zum Beispiel dadurch, dass grüne und linke Politiker häufiger oder weniger kritisch interviewt werden als andere, oder dass grüne Gesetzesvorhaben bejubelt werden, sondern auch darin, dass Behauptungen etwa aus der Identitätspolitik oder Gender- und Transideologie als Fakten und Grundlage jeder Diskussion dargestellt werden. So wird auch Berichterstattung, die nicht explizit grüne Politik lobt, mit einer Art diffusem grünen „Beat“ unterlegt.
Auch für die Erosion des sozialen Zusammenhalts sind nach Lesart vieler Medien „die Rechten“ verantwortlich, nicht etwa die von Grünen und Linken betriebene rücksichtslose Diffamierung jeder Kritik als „rechts(extrem)“ – womit natürlich postwendend ein großer Teil der deutschen Bevölkerung nach rechts hin zumindest offen wäre, ja, mittlerweile gar jene 91% der Wähler, die offensichtlich nicht mehr überzeugt sind von grüner Politik.
Dass trotz dieser klaren Bevorzugung grüner Positionen in der Berichterstattung die Wählergunst eine so eindeutige Sprache spricht, ist einerseits beruhigend: Irgendwann setzt sich die tatsächliche Alltagserfahrung eben doch durch, ganz gleich, wie dicht der propagandistische Nebel ist. Andererseits stellt sich die Frage, um wie viel weniger dramatisch die Lage wäre, wie viel früher die Grünen Gegenwind erfahren hätten, wenn sich die Presse nicht in großen Teilen zum Sprachrohr der Regierenden gemacht, und willfährig jegliches Narrativ brav übernommen hätte.
Abseits dieser Überlegungen ist vielsagend, dass sich neben den 41% der grünnennahen befragten Journalisten immerhin 23% „keiner Partei“ und 2% „einer anderen Partei“ zuordnen, wobei SPD, CDU/CSU, FDP, Linke und BSW als weitere Optionen ausgewiesen sind. Eine offensichtliche Lücke, die Fragen aufwirft. Wie viele konservativ bis rechts denkende Journalisten finden sich wohl unter diesen 25%?
Zum ersten Mal seit Beginn der Erhebung zur gefühlten Meinungsfreiheit im Jahr 1990 ergab sich 2023, dass mehr Menschen in Deutschland glauben, dass man mit der Äußerung seiner Meinung lieber vorsichtig sein solle, als dass man seine Meinung frei sagen könne. Eine beunruhigende Entwicklung – und es ist sehr unwahrscheinlich, dass Journalisten von diesem Effekt frei sind. Viel wahrscheinlicher ist, dass in einer Branche, in der Beziehungen, Kontakte und Außenwirkung von hoher Wichtigkeit sind, und in der ein mit Bedacht selten thematisierter Korpsgeist herrscht, viele konservativ eingestellte Journalisten mit ihrer Meinung eher hinterm Berg halten werden, und sich womöglich auch einer anonymisierten Umfrage nicht anvertrauen.
Obwohl die grüne Voreingenommenheit der Presse also nicht von der Hand zu weisen ist, darf man durchaus in Frage stellen, ob die grüne Hegemonie in diesem Bereich nicht auch maßgeblich durch großen Druck auf Andersdenkende aufrecht erhalten wird, und zumindest nicht ausschließlich durch eine tatsächlich links-grüne Verortung der Medienschaffenden.