Tichys Einblick
Der Marktausblick

Habeck träumt von Subventionsorgie, Lindner bremst – US-Wahl wirft Schatten: Frankfurt schwach – Wall Street stark

Der „Deutschlandfonds“ soll offensichtlich durch die Aufnahme von Schulden außerhalb des Kernhaushalts und an der Schuldenbremse vorbei finanziert werden. Steuersenkungen, um Investoren anzuziehen, kommen in Habecks Welt nicht vor. Kein Wunder, dass der Dax am Ende einer schwachen Woche kaum vorwärts kam.

Bundesfinanzminister Christian Lindner hat mit seinem Koreferat zu den Vorschlägen von Kanzler Olaf Scholz und Wirtschaftsminister Robert Habeck durchaus Recht: Dass die Konjunktur in Deutschland ins Stocken geraten ist, liegt zu einem Großteil an dem desolaten Bild, das die Ampelkoalition abgibt. So kann, Lindners These, kein Vertrauen entstehen. Es liegt aber nicht nur an der unabgestimmten Präsentation der Vorschläge, sondern vielmehr noch an deren Inhalt.

Eben erst hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit der Ankündigung eines Industriegipfels für nächste Woche überrascht, als Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Mittwoch ein 14-seitiges Papier unter dem Titel «Update für die Wirtschaft – Impuls für eine Modernisierungsagenda» vorstellte. In Habecks Papier finden sich tatsächlich einige sinnvolle Vorschläge zur Verbesserung der Rahmenbedingungen – zum Beispiel eine Senkung der Stromsteuer; Entbürokratisierung ist sowieso immer gut.

Die übrigen Ansätze sind indes problematisch: Habeck regt insbesondere die Schaffung eines „Deutschlandfonds von Bund und Ländern“ an. Daraus sollen zum einen Investitionen in die öffentliche Infrastruktur wie Verkehr, Bildung und Digitalisierung gefördert werden. Zum andern sollen die Investitionen (mit Ausnahme von Gebäudeinvestitionen) sämtlicher Unternehmen gefördert werden. Investiert eine Firma 100.000 Euro, würde sie vom Staat zehn Prozent als Prämie erhalten, entweder in Form eines Steuerabzugs oder in Form einer Auszahlung. Diese Prämie soll es allerdings nur fünf Jahre lang geben. Die Nebeneffekte sind von ähnlichen Maßnahmen bekannt: Die Controller werden ihre Chefs dazu drängen, mit Investitionen solange zu warten, bis die Prämie in Kraft gesetzt ist. Zum Ende der Fünfjahresfrist werden die Sparfüchse Druck machen, dass mittelfristig geplante Investitionen vorgezogen werden. Helmut Kohl erlebte das mit der Sonder-Afa Ost in den 1990ern, Habeck hat mit den Kaufprämien für E-Autos eigentlich genügend Anschauungsmaterial.

Besonders problematisch ist, dass niemand weiß, wo die Milliardensummen, die Habeck vorsichtshalber im Dunkeln lässt, eigentlich herkommen sollen. Die Schuldenbremse in ihrer derzeitigen Form stelle auch eine Investitions- und Wachstumsbremse dar, argumentiert Habeck – da weiß man gleich, woher der Wind weht. Der Deutschlandfonds soll offensichtlich durch die Aufnahme von Schulden außerhalb des Kernhaushalts und ohne Anrechnung an die Schuldenbremse finanziert werden.

„Investierende Unternehmen würden somit temporär mit Milliardensubventionen auf Kredit entlastet, während zugleich ihre reguläre Belastung mit Steuern und Abgaben langfristig auf einem im internationalen Vergleich hohen Niveau bliebe“, spottet die „Neue Zürcher Zeitung“, um zu schließen: „Das macht den Standort kaum nachhaltig attraktiver.“ Das wäre wohl ein Vorschlag, den Lindner mittrüge, aber in Habecks Welt kommen Steuersenkungen nicht vor.

Kein Wunder, dass der Dax am Ende einer schwachen Woche kaum vorwärts kam. Zu Handelsschluss am Freitag stand für den deutschen Leitindex ein Plus von 0,1 Prozent auf 19.464 Punkten zu Buche. Der Wochenverlust beträgt ein Prozent, für den MDax der mittelgroßen Börsentitel ging es am Freitag um 0,4 Prozent auf 27.259,56 Punkte rauf.

„Langsam legt sich bleierne Stille auf die Kapitalmärkte“, schrieb Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank, mit Blick auf die US-Präsidentschaftswahl in der übernächsten Woche. Daher reagierten die Anleger auf Konjunkturdaten weniger als sonst. Das verbesserte Ifo-Geschäftsklima, dem wichtigsten deutschen Konjunkturbarometer, diente vor dem Wochenende kaum als Kurstreiber. Der EuroStoxx 50, der Leitindex der Eurozone, legte zum Handelsende um gut 0,1 Prozent auf 4.943 Zähler zu. In London ging es etwas nach unten, Zürich schloss leicht im Plus.

Am deutschen Markt standen vor dem Wochenende Autowerte im Blick. Mercedes-Benz verloren nach Bekanntgabe der Quartalszahlen ein Prozent – ein schwaches China-Geschäft und eine enttäuschende Profitabilität sorgten für Unmut unter den Anlegern. Mit dem Börsenschluss legte zudem der Sportwagenbauer Porsche AG Quartalskennziffern vor, die erwartungsgemäß schwach waren. Die Jahresprognose wurde indes bestätigt. Aus dem Handel gingen Porsche 1,6 Prozent höher.

Continental verloren 1,3 Prozent. Am Vorabend hatte der französische Zulieferer Valeo seinen Umsatzausblick gesenkt und verwies dabei auf die Herausforderungen in der gesamten Branche.
Im MDax sprangen die Aktien von Hellofresh um ein Fünftel in die Höhe. Der Kochboxenversender hatte zwar die Umsatzziele gesenkt, wird dafür aber optimistischer beim operativen Gewinn. Am Rentenmarkt stieg die Umlaufrendite von 2,22 Prozent am Vortag auf 2,24 Prozent.

Später setzte am US-Aktienmarkt der konjunktursensible Technologiesektor seinen zuletzt guten Lauf fort. Die Branche profitierte davon, dass sich die von der Universität Michigan erhobene Stimmung der Verbraucher im Oktober unerwartet etwas aufgehellt hatte. Standardwerte hingegen blieben weiter im Hintertreffen. Insgesamt sorgen die nahenden Wahlen bei den Aktien-Anlegern derzeit für Unsicherheit. Die Renditen am als sicher geltenden Staatsanleihenmarkt legten deshalb auch im Wochenverlauf deutlich zu.

Der Dow Jones Industrial rutschte nach anfänglichen Gewinnen in die Verlustzone und fiel am Ende um 0,6 Prozent auf 42.114 Punkte. Auf Wochensicht ergibt sich ein Minus von 2,7 Prozent. Der marktbreite S&P 500 gab am Freitag unmerklich auf 5.808 Punkte nach. Für den von Technologiewerten dominierten Nasdaq 100 ging es dagegen um 0,6 Prozent auf 20.352 Zähler nach oben. Als Antrieb erwiesen sich Kursgewinne einiger der am schwersten gewichteten Tech-Werte. Der umfassendere Technologie-Index Nasdaq Composite schwang sich sogar zu einem Rekordhoch auf und zog schließlich um knapp 0,6 Prozent auf 18.519 Punkte an.

Mit Blick auf die Big-Tech-Werte hatten sich der Chiphersteller Nvidia und der Streaming-Anbieter Netflix wieder ihren Rekordhochs genähert, bevor der Schwung nachließ. Zum Handelsschluss stand bei Nvidia ein Plus von 0,8 Prozent zu Buche, während Netflix nahezu stagnierten. Apple, Amazon, Microsoft, Meta und Alphabet gewannen zwischen 0,4 und 1,6 Prozent.

Am Dow-Ende rutschten die Aktien von McDonald’s um fast drei Prozent ab. Die US-Gesundheitsbehörde CDC hatte von weiteren Fällen des Ausbruchs von Kolibakterien bei der Fastfoodkette berichtet.

Auch Bankaktien gerieten unter Druck, nachdem das Finanzhaus New York Community Bancorp seine Anleger mit einem enttäuschenden Ausblick geschockt hatte. Die Papiere der Bank sackten um mehr als acht Prozent ab. Im Dow fielen JPMorgan um gut ein Prozent und Goldman Sachs um mehr als zwei Prozent.

Unter den besten Werten im S&P 500 zogen Western Digital um 4,7 Prozent an. Der Spezialist für Datenspeicherlösungen hatte Quartalszahlen vorgelegt und mit seinem bereinigten Gewinn je Aktie positiv überrascht.

Die Papiere von Colgate-Palmolive büßten mehr als vier Prozent ein. Der Konsumgüterkonzern hatte zwar im dritten Quartal von insgesamt guten Geschäften mit Körperpflege- und Haushaltswaren sowie mit Heimtiernahrung profitiert. Experten verweisen aber auf enttäuschende Umsätze in Nordamerika.

Im Modesektor brachen Capri Holdings um fast die Hälfte ein, nachdem eine Richterin den geplanten Verkauf an Tapestry gestoppt und auf Wettbewerbsbedenken verwiesen hatte. Tapestry stiegen an der S&P-500-Spitze um 13,5 Prozent.

Der Euro büßte einen Großteil seiner Vortagesgewinne wieder ein und notierte zu Handelsschluss bei 1,0797 US-Dollar. Am US-Rentenmarkt stieg die Rendite für zehnjährige US-Staatsanleihen auf 4,24 Prozent.

Anzeige
Die mobile Version verlassen