Jahrelang erzählte man Frauen, das Gefühl zunehmender Unsicherheit im öffentlichen Raum beruhe lediglich auf anekdotischer Evidenz; den nächtlichen Gang durch den Park habe man schließlich schon seit jeher fürchten müssen. Nun hat das Innenministerium auf Anfrage der französischen Nachrichtenagentur AFP besorgniserregende Zahlen herausgegeben: Hiernach sei seit 2015 die Anzahl von Delikten gegen die sexuelle Selbstbestimmung von Frauen „kontinuierlich“ angestiegen, berichtet Welt. Die Behörden meldeten 2013 noch 33.756 Fälle, 2023 dagegen über 62.400 – fast eine Verdopplung innerhalb von zehn Jahren also.
Wie so oft müssen Frauen lange warten, bis ihnen Gerechtigkeit widerfährt: Ihre Sorgen wurden nicht ernst genommen und ins Reich der „gefühlten Wahrheit“ verbannt; ihnen wurde suggeriert, sie sollten sich nicht so anstellen – und vor allem nicht „rechte“ Narrative bedienen. Das absurdeste und zugleich eines der erschreckendsten Ergebnisse solcher Ignoranz ist wohl nach wie vor der Fall Selin Gören: Die linke Politikerin wurde 2016 vergewaltigt, verschwieg die Tat aber zunächst, um die Täter, die sie als Migranten identifizierte, zu schützen.
Innenministerin Nancy Faeser zeigt sich gegenüber dem Problem wie gewohnt zahnlos, schließlich geht es hier nicht um den „Kampf gegen Rechts“: „Wir wollen Frauen besser schützen, indem wir Täter zu Anti-Gewalt-Trainings verpflichten, um ihr aggressives Verhalten zu beenden.“
Ein Hohn für betroffene Frauen. Sicher. So einschneidend die Silvesternacht 2015 in Köln für das Sicherheitsgefühl der Frauen in Deutschland war: Gewalt und sexuelle Gewalt an Frauen geht nicht nur von Migranten aus. Auch häusliche Gewalt in nichtmigrantischem Umfeld bleibt ein Problem, vor allem im Kontext der Tatenlosigkeit der Polizei, die oft erst eingreifen kann, wenn es zu spät ist. Aber unterschiedliche Täterprofile erfordern unterschiedliche Lösungsansätze. Die Weigerung, klar zu benennen, dass die Gewalttaten überproportional von Tätern nichtdeutscher Herkunft ausgehen, wäre der erste Schritt zu nachhaltiger Prävention.
Eine Weigerung, die sich übrigens auch sprachlich äußert: Der vor einigen Jahren noch übliche Begriff des „Ehrenmords“ etwa ist dem des „Femizids“ gewichen – die klar einem archaisch-patriarchalen Milieu zuzuordnende Tötung, weil sich eine Frau den Vorgaben der Familie oder des Ehemannes verweigert, verrät zu viel über das Täterprofil, viel angenehmer ist es doch, den „Mann an sich“ zum Problem zu erklären. So werden Motive und Zusammenhänge verschleiert, bis auch nicht mehr ersichtlich ist, warum man der Gewalt gegen Frauen denn nicht mit „Anti-Gewalt-Trainings“ begegnen sollte.
Und anders als Faesers Aussagen vermuten lassen, sind ausländische Täter eben keine Kleinkinder, die man durch pädagogische Maßnahmen erziehen kann, oder Wilde, die man lediglich in den Genuss der Segnungen gewaltfreier Kommunikation kommen lassen muss, auf dass sich in ihnen auf Knopfdruck ein umfassendes Verständnis für das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung von Frauen entfalte. Die Weltfremdheit und Ignoranz einer Nancy Faeser kennt keine Grenzen.