Tichys Einblick
Zu wenig Nachfrage nach E-Autos

US-Konzern stoppt Pläne für Chipfabrik im Saarland

Die grün-rote Transformation Deutschlands weg von der Markt- und hin zur Planwirtschaft treibt immer mehr Investoren aus dem Land – oder hält sie davon ab, überhaupt herzukommen. Jüngstes Beispiel: Eine mit viel Politiker-Tamtam angekündigte Chipfabrik in Ensdorf wird jetzt doch nicht gebaut.

IMAGO / Imagn Images

Der US-Chiphersteller Wolfspeed legt seine Pläne für eine Chipfabrik im Saarland auf Eis: Für einen unbestimmten Zeitraum, heißt es offiziell – für immer, heißt es hinter vorgehaltener Hand aus Unternehmenskreisen. Am Montag hat ein Repräsentant von Wolfspeed im Berliner Bundeswirtschaftsministerium die wenig frohe Botschaft übermittelt.

Im beschaulichen Ensdorf wollte das US-Unternehmen bis 2027 einen Produktionsstandort für Siliziumkarbid-Chips aus dem Boden stampfen. Die werden für Elektro-Autos gebraucht. Deshalb wollte sich auch ZF Friedrichshafen, der drittgrößte Automobil-Zulieferer der Welt, mit 170 Millionen Euro an dem Projekt beteiligen.

Insgesamt sollte die Fabrik 2,75 Milliarden Euro kosten und etwa 1.000 neue Stellen in der Region schaffen. Dafür waren – wie in der Habeck’schen Wirtschaftspolitik üblich – üppige Subventionen vorgesehen: 360 Millionen Euro vom Bund, 155 Millionen Euro vom Land.

Die sind zum Glück noch nicht geflossen – und werden es wohl auch nie. Denn der Markt für Siliziumkarbid-Chips ist international eingebrochen, weil einfach nicht ansatzweise so viele Leute E-Autos kaufen wollen, wie die Politik und viele Manager gehofft hatten. Für das Werk im Saarland sieht der US-Konzern jetzt schlicht keinen Bedarf mehr.

Ob ZF darüber sehr traurig ist, darf bezweifelt werden. Denn das deutsche Unternehmen hatte voll auf die E-Mobilität gesetzt und sich dafür hoch verschuldet. Nachdem das E-Auto floppt, wollen die Friedrichshafener jetzt erstmal 14.000 Jobs in Deutschland streichen. Da hätte man eine Problemfabrik im Saarland so dringend gebraucht wie einen Mühlstein um den Hals.

Für Olaf Scholz ist es ein weiteres peinliches Fiasko. Der Bundeskanzler will ja in Deutschland eine eigene Chipfertigung aufbauen. Mit den Details hat er seinen schillernden – und selbst in der SPD umstrittenen – Wirtschaftsberater Jörg Kukies beauftragt. Doch die hochtrabenden Pläne verdunsten gerade:

• Im Frühjahr 2023 war Scholz extra zum Fototermin nach Ensdorf gefahren, um hübsche Bildchen von sich mit Vertretern von ZF und Wolfspeed machen zu lassen. Jetzt ist das Projekt schon wieder gestorben – trotz Subventionszusage.

• Im Juni 2023 bat Scholz zum Fototermin ins Kanzleramt, um hübsche Bildchen von sich mit Pat Gelsinger machen zu lassen – dem Chef des Chip-Giganten Intel. Der wollte für 30 Milliarden Euro eine Chipfabrik in Magdeburg bauen und 3.000 Arbeitsplätze schaffen. Dafür versprach Scholz Subventionen in Höhe von knapp zehn Milliarden Euro. Im September hat Intel das Projekt schon wieder abgesagt – trotz Subventionszusage.

Von vier großen Projekten, die das Kanzleramt allesamt mit viel Aufwand bejubeln ließ, sind nur noch zwei übrig: TSMC baut seit August eine Halbleiter-Fabrik in Dresden. Dafür bekommt der taiwanesische Multi sage und schreibe fünf Milliarden Euro an Subventionen – das ist die Hälfte der Gesamtkosten.

Infineon baut ebenfalls eine Halbleiter-Fabrik in Dresden. Subventionen hier: eine Milliarde Euro. Es scheint so, dass ohne sehr, sehr viel staatliches Geld eigentlich niemand mehr in Deutschland investieren will – noch nicht einmal in absoluten Zukunftsbranchen. Doch selbst wenn – wie in den zwei letztgenannten Fällen – Mega-Subventionen zumindest dazu führen, dass ein vereinbartes Projekt tatsächlich in Angriff genommen wird: Experten teilen die Chip-Euphorie des Kanzlers nur bedingt – oder auch gar nicht.

https://www.tichyseinblick.de/wirtschaft/supergau-deutsche-wirtschaft-esprit-infineon-lufthansa/Denn selbst wenn Deutschland mehrere Chip-Werke bauen könnte, um sich von China unabhängiger zu machen: Die Rohstoffe für die Chips müssten ja trotzdem weiter aus anderen Weltregionen importiert werden, und da leben eben nicht nur Freunde von Deutschland. Die sogenannten „Seltenen Erden“ zum Beispiel kommen weiter vor allem aus China. Dasselbe gilt für die sogenannte „Backend-Fertigung“: Die findet weiter zu 95 Prozent in Asien statt.

Halbleiter alleine reichen eben nicht, es braucht unbedingt auch Chipdesign und Leiterplatten. Doch die gibt es in Deutschland nicht – und es wird sie auf unabsehbare Zeit auch nicht geben. Dafür haut Scholz für Halbleiter aber die Kohle raus, als gäbe es kein Morgen: Nach dem Bereich „Gebäude“ ist die „Förderung der Mikroelektronik“ mit 4,9 Milliarden Euro im Jahr 2025 der zweitgrößte Subventionsposten überhaupt.

Da ist es fast ein Glück, dass die Hälfte der Projekte über die Planungsphase nicht hinauskommt.

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