Tichys Einblick
Baerbock hält Steuersäckel für NGO weit offen

Weitere Steuermillionen gehen an Schlepperschiffe – CDU und FDP empört, Scholz schweigt

Die Zahlung von Steuermitteln an die NGO-Schiffe im Mittelmeer erntet immer mehr Kritik, neuerdings sogar aus der Koalition heraus. Doch Annalena Baerbock hält daran fest, hat freilich eine schuldbewusste Umbuchung vorgenommen, damit die Millionen nicht so auffallen. Auch die CDU hatte dem Zirkus einst zugestimmt.

picture alliance/dpa | Bernd von Jutrczenka

Die Ampel wacht Stück für Stück auf. Aber ein Teil schläft weiter: die Grünen. Annalena Baerbock will das staatliche Unterstützungsprogramm für NGO-Schiffe im zentralen Mittelmeer nicht einstellen. Es war ein Lieblingsprojekt der Grünen, die auch direkt, quasi innerfamiliär davon profitieren sollten: Der Lebensgefährte von Katrin Göring-Eckardt ist der Vorsitzende eines Dachverbands von Diakonien und anderen meist kirchennahen Vereinen, die sich die Bundesmittel einverleiben wollten, um sie den Neben-Regierungs-Organisationen (NRO) im Mittelmeer zukommen zu lassen. Daraus wurde so direkt nichts. Am Ende wurden aber praktisch dieselben NGOs mit ihren Schiffen gefördert. Und dasselbe geschieht auch dieses Jahr wieder, obwohl Olaf Scholz und Christian Lindner protestiert haben.

Annalena Baerbock muss das nicht kümmern. Denn bei ihren Ausgaben gilt das „Ressortprinzip“ – das Auswärtige Amt entscheidet also selbst, wie es die Steuergelder ausgibt. Natürlich gab es 2022 auch einen Beschluss des Haushaltsausschusses für die Zahlungen, an dem sich sogar die oppositionelle CDU/CSU beteiligte (TE berichtete). Nun übt die CDU ziemlich spät ihre Oppositionsrolle aus und zeigt, dass sie dabei ist, sich vom Merkelismus zu lösen.

Der CDU-Haushaltsexperte Ingo Gädechens hat in Erfahrung gebracht, dass Baerbock sich den Wünschen von SPD und FDP widersetzt. Wie schon im letzten Jahr erhalten die Vereine Sea-Eye, SOS Humanity und SOS Mediterranee insgesamt an die 1,4 Millionen Euro Steuergelder. Bewilligt wurden sogar 1,9 Millionen Euro. Jeder der Vereine hat zwischen 393.000 und 500.000 Euro vom deutschen Staat erhalten – aufgrund einer Laune der Grünen, die behaupten, so würden „Menschen aus Seenot gerettet“. Dabei ist längst bekannt, wie das Modell der NRO-Schiffe und – darauf aufbauend – das Modell der Schlepper funktioniert. Die libyschen Schlepperzirkel setzen die Migranten in mehr oder minder kleinen Booten aufs Mittelmeer. Doch schon nach wenigen Kilometern warten die patrouillierenden NRO-Schiffe auf die Migranten. Sie werden schlicht umgeladen und die kleinen Boote am Ende vielleicht sogar zurückgeschickt.

Gädechens beklagt: „Die illegalen Migranten, die die deutschen Grenzen nicht mehr überqueren sollen, werden vorher mit deutschem Steuergeld übers Mittelmeer gebracht. Noch irrer kann die Politik nicht mehr werden.“ Das ist der CDU spät aufgefallen. Noch Ende 2022 wollte sie durch den besagten Haushaltsbeschluss sicherstellen, dass eine katholische Stiftung mit Geld bedacht wird, die für die Unterbringung der illegalen Migranten sorgt. Man könnte es Asylindustrie auf vatikanische Art nennen. Inzwischen hat auch Innenministerin Nancy Faeser (SPD) Kurs auf einen Quasi- Grenzschutz genommen und tut so, als ob sie die Zahl der Asylanten in Deutschland vermindern wollte. Da sind die Schlepper-Helfer auf dem Mittelmeer noch einmal unlogischer geworden.

Nur die AfD fordert seit langem klare Kante gegen das Schlepperwesen

Die italienische Regierung hat mehrfach gegen die Bundes-Millionen protestiert, hat ihrerseits Regeln und Strafen für die zivilen Schlepper, Nepper und Bauernfänger verschärft. Zahlreiche Schiffe, die meisten von Deutschen betrieben, wurden in italienischen Häfen festgesetzt. Doch ihr Geschäfts- oder Existenzmodell konnte noch nicht als erledigt gelten. Weiterhin fließen private Gelder in die Vereine – und auch die Steuergelder in Millionenhöhe wurden keineswegs festgesetzt.
Nun surfen Scholz und Lindner auf der neue Welle der Schärfung des EU-Asyl- und Migrationsrechts. Sie sagen ihre Einwände aber nur gerade so laut, dass sie nichts bewirken. Scholz könnte schon etwas bewirken, wenn er an seine Richtlinienkompetenz erinnert. Es wäre ein Leichtes für den Kanzler. Dass er es nicht tut, verrät folglich etwas über die fragile Machtbalance in der Ampelkoalition. Scholz lässt die Grünen laufen, er will ihnen keinen schlechten Ruf andichten, sind sie doch sein Lieblingskoalitionspartner.

Nur halblaut hatte Scholz vor einem Jahr im Ausland gesagt, dass er diese Zahlungen nicht veranlasst hatte. Das ist allerdings zu wenig, um in den neuen Club der EU-Grenzschützer aufgenommen zu werden. Die Frage ist, ob Scholz das überhaupt anstrebt. Beim Brüsseler Nebengipfel zu den geplanten Abschiebezentren außerhalb der EU fehlte er ebenso wie die Franzosen.

Für FDP-Fraktionschef Christian Dürr wird die Sache schon etwas heißer gegessen. Dürr gibt sich laut Bild am Sonntag empört, dass der „Wille des Parlaments ab sofort respektiert wird“. Angeblich gab es „aus dem Bundestag die klare Ansage, dass es dafür keine Steuergelder mehr gibt“. Die klare Ansage gab es sicherlich und schon seit zwei Jahren, aber nicht von der FDP, sondern von ihrem direkten Sitznachbarn, der AfD. Schon vor Jahren hatte der damalige Fraktionsvorsitzende Alexander Gauland ein generelles Verbot des Transports von auf dem Mittelmeer aufgegriffenen Migranten gefordert. Die AfD forderte zudem die Errichtung von Strukturen in den betroffenen Regionen, um eine Heimkehr der Migranten zu ermöglichen. Auch die Forderung nach einer unbefristeten Beschlagnahmung (Konfiszierung) der Schiffe wurde immer wieder erhoben.

Schuldbewusste Umbuchung im Auswärtigen Amt

Die Grünen können sich zum einen auf dem Beschluss des Haushaltsausschusses von 2022 ausruhen. Sie haben aber auch eine Umbuchung vorgenommen, um die Ausgaben zugunsten der zivilen Schlepper zu verschleiern. Aus dem Titel „Internationale Aktivitäten gesellschaftlicher Gruppen“ wanderte der Posten in den 2,2-Milliarden-Topf für „Humanitäre Hilfen“. Das ist eine ziemliche Überdehnung des Titels, denn humanitär kann man so oder so verstehen. Für die Humanität in der EU und Deutschland ist mit der Aufnahme nichts gewonnen. Sie verschlechtert sich durch die absehbaren Konflikte, die die übermäßige Aufnahme von Asylanten auslöst.

So bleiben die Grünen ihrem Dogma von der Zerstörung Deutschlands, wie man es kannte, treu. Sie wollen eine neue Gesellschaft anlegen. Und SPD und FDP halten ihnen noch die Hand, der eine Partner etwas grimmiger, der andere mit dem gewohnt geschmacksneutralen Gesichtsausdruck. Die CDU hat ihre Chance erkannt und ergriffen, um an der Medienfront Alarm zu schlagen. Sie ist nicht der Hütejunge, der schon so oft vor dem Wolf gewarnt hat, dass man es ihm nicht mehr glaubt. Eher ist die CDU als Partei der großen ungebremsten Migrationswelle seit 2015 der Wolf selbst, der sich ein Lammfell umlegt und Kreide frisst, um noch einmal wählbar zu erscheinen.

Mehr wird man erst dann wissen, wenn die Union noch einmal in die Nähe der Macht kommt und ihre Koalitionsavancen an SPD und Grünen verfasst. Dann wird sie den Schafspelz wieder ablegen und mit ihrer wahren Stimme sprechen. Dasselbe gilt, mutandis mutatis, auch für die FDP: Wenn sie etwas tun wollte, könnte sie die Koalition morgen aufkündigen, so wie sie es schon so viele Male angekündigt hat. Gründe hätte sie inzwischen wohl genug.

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