Tichys Einblick
Polizeigewerkschaft "zusehends entsetzt"

Neuer Höchststand bei Gewalttaten gegen Einsatzkräfte

Die registrierten Gewalttaten gegen Polizisten haben mit 46.218 Fällen im Jahr 2023 einen neuen Höchststand erreicht. Mit einem Anstieg um 8 Prozent gegenüber 2022 handelt es sich um die stärkste Zunahme seit dem Jahr 2017, wie das Bundesinnenministerium und das Bundeskriminalamt (BKA) am Montag mitteilten.

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Die Gewalt gegen Polizei- und Rettungskräfte nimmt in Deutschland dramatisch zu. Die Zahl der Attacken auf Polizisten stieg auf 46.218 Fällen im Jahr 2023. Dabei wurden insgesamt 105.708 Polizisten Opfer. Dies sind 9.500 betroffene Beamte mehr als im Jahr zuvor, was einem Anstieg um 9,9 Prozent entspricht.

In den meisten Fällen wurden Polizisten Opfer von Widerstandshandlungen und tätlichen Angriffen. Sie machen mit 84,5 Prozent den größten Anteil der Gewalttaten gegen Polizeikräfte aus. Im Vergleich zum Vorjahr sind die entsprechenden Fälle um 8,5 Prozent auf 39.046 Fälle gestiegen (2022: 35.983). Häufig werden Polizeikräfte darüber hinaus bedroht. Hier wurden 3.851 Fälle registriert, was einem Anstieg von 5,9 Prozent gegenüber dem Jahr zuvor entspricht.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erklärte: „Im vergangenen Jahr sind jeden Tag durchschnittlich 290 Polizistinnen und Polizisten Opfer von Gewalt geworden. Auch die Attacken auf Feuerwehrleute und Rettungskräfte sind weiter gestiegen.“ Es sei „erschreckend, mit welchem Hass und mit welcher Gewalt Einsatzkräfte umgehen müssen. Diese Straftaten sind durch nichts zu rechtfertigen und müssen harte strafrechtliche Konsequenzen haben.“

Gesunken ist die Zahl der Fälle, bei denen Polizisten Opfer von gefährlicher und schwerer Körperverletzung wurden. Die Zahl der registrierten Delikte sank um 13 Prozent auf 1.260 Fälle (2022: 1.449). Insgesamt wurden 40 versuchte Tötungsdelikte erfasst, drei mehr als im Jahr zuvor. Vollendete Tötungsdelikte gab es 2023 nicht – im Gegensatz zum Jahr zuvor, als eine Polizistin und ein Polizist im Landkreis Kusel in Rheinland-Pfalz ermordet wurden.

Die Zahl der Tatverdächtigen hat um 5,9 Prozent zugenommen, sodass im Jahr 2023 insgesamt 38.630 Tatverdächtige erfasst wurden (2022: 36.495). Während der Anteil der deutschen Tatverdächtigen von 69,9 auf 66,4 Prozent sank, stieg der Anteil der nichtdeutschen Tatverdächtigen von 30,1 auf 33,6 Prozent. Die Tatverdächtigen waren meistens männlich (83,6 Prozent) und über 25 Jahre alt (73,0 Prozent). Sie waren in der Regel allein handelnd (95,1 Prozent), oft polizeilich bekannt (75,3 Prozent) und mehr als jeder Zweite stand unter Alkoholeinfluss (50,2 Prozent).

Das Bundeslagebild enthält zudem Daten zu Rettungsdienst- und Feuerwehrkräften, die im Einsatz von Gewalttaten betroffen waren. Mit 687 Fällen (+5,7 Prozent) und 1.069 Opfern (+13,7 Prozent) bei der Feuerwehr sowie 2.050 Fällen (+6,8 Prozent) und 2.902 Opfern (+8,4 Prozent) bei sonstigen Rettungsdiensten wurden im Jahr 2023 ebenfalls Höchststände verzeichnet.

Faeser nahm die Zahlen zum Anlass für neue Gesteze. „Deshalb haben wir gerade erst Gesetzesänderungen auf den Weg gebracht, damit die Bundespolizei Taser rechtssicher einsetzen kann, um gefährliche Täter zu stoppen und die Einsatzkräfte selbst zu schützen. Außerdem verschärfen wir das Strafrecht, um Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten zu schützen, die in gefährliche Hinterhalte gelockt werden“, so die Ministerin.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) zeigte sich „zusehends entsetzt“ über die Daten. Sie warf der Politik vor, bislang „nur halbherzig, inkonsequent und nur täterorientiert reagiert“ zu haben, so Gewerkschafts-Chef Rainer Wendt. Er forderte „moderne Technik“ zum Nachweis von Angriffen auf Polizisten sowie „eine Justiz, die diese Leute auch für ein paar Jahre hinter Gitter schickt“.

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