Tichys Einblick
Requiem auf die FDP

„Sozialschädlichkeit“ etc. – Nur eine Silbe von autoritären Regimes entfernt

Die Sprache der Ampel wird immer totalitärer. Womit wir wieder bei der Zensur angekommen wären. Nicht umsonst ist der Gesetzentwurf schwammig gehalten, mithin der auslegenden Willkür ausgeliefert. Wes Geistes Kind der Bundesjustizminster und seine FDP inzwischen sind, wird in Buschmanns Rede im Bundestag deutlich.

IMAGO/dts

In der Bundesrepublik existierte einmal eine liberale Partei, der es um politische und wirtschaftliche Liberalität ging. Doch das ist graue Vorzeit, Ur- und Frühgeschichte sozusagen. Man denkt, wenn man die Buschmann- und Lindner-FDP sieht, längst nicht mehr an Otto Graf Lambsdorff und Hans-Dietrich Genscher, sondern stattdessen an Manfred Gerlach, den LDPD-Chef und letzten Staatsratsvorsitzenden der DDR. So wie Gerlach damals half, die LDPD zur Blockpartei zu disziplinieren, wechseln sich Lindner und Buschmann in der Wache an der Brandmauer ab.

In der Frage des Grundgesetzes und des Verfassungsgerichts agiert die FDP im Bunde mit den Sozialdemokraten und den Grünen gegen das Grundgesetz, gegen die Freiheit, gegen die Demokratie, was ihr Beifall von Walter Ulbricht und Erich Honecker eingebracht hätte, würden die beiden nicht inzwischen dem Teufel die Schuhe putzen müssen. Bundesjustizminister Marco Buschmann hat kein Problem damit, dass unsere liberale Öffentlichkeit, dass die Presse- und Meinungsfreiheit durch Zensurgesetze, durch den Einsatz von rotgrünen pressure groups als sogenannte ‚Trusted Flagger‘ aufgelöst wird.

— Oliver Gorus (@olivergorus) October 11, 2024

Die FDP scheint von der Jagdlust auf alle Andersdenkenden angesteckt worden zu sein, die auch vor der Grenze der Strafbarkeit nicht mehr Halt macht. Das Recht wird zum Gesinnungsrecht umgebaut. Die englische Bezeichnung „Trusted Flagger“ ändert nichts an der Tatsache, dass die Regierung in der Bekämpfung jeglicher Kritik auf dubiose NGOs wie REspect! setzt. Im WELT-Interview behauptet der Chef der Netzagentur, Klaus Müller, Habecks (Grüne) und Wissings (FDP) Zensurbeauftragter, dass sich die Behörde streng an Recht und Gesetz halten würden. Dem wäre nur hinzuzufügen, dass sich die Behörde in der Tat streng an das Unrecht hält, das die Regierung mit den Zensurgesetzen schafft. Unter Buschmanns Verantwortung zeigen sich immer stärker Tendenzen der Politisierung der Justiz.

Den Gipfel an Heuchelei erreichen die früheren Liberalen, wenn sie nun eine Novelle „zur Änderung des Strafgesetzbuches – Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften sowie von dem Gemeinwohl dienenden Tätigkeiten“ vorlegen. Natürlich müssen Rettungskräfte Ärzte, Schwestern und Polizisten vor Angriffen geschützt werden. Doch geht es Marco Buchmann wirklich darum? Wohl kaum, denn die Regierung verschließt die Augen davor, woher diese Angriffe stammen, mittels Zensurgesetze wollen sie verhindern, dass die Ursache für diese Angriffe als Resultat der falschen Migrationspolitik Angela Merkels und der Ampel angesprochen werden, weil sie an dieser Politik nichts ändern wollen.

In dieser Hinsicht taugt Buschmanns Gesetz nicht, dann müsste es nämlich genau das im Blick haben, worum es geht, nämlich um das Entstehen von Paralellgesellschaften die vom deutschen Staat leben und in der Praxis den Deutschen ihre Regeln aufzwingen. Laut Tagesschau wurde das „Sicherheitspaket“ der Regierung „deutlich eingeschränkt – etwa bei den Leistungskürzungen für Flüchtlinge.“ Die Tagesschau behauptet: „Mit diesen Änderungen greifen die Ampelfraktionen Kritik auf, die es unter anderem in den Experten-Anhörungen im Bundestag gab.“ Der Polizeigewerkschafter Heiko Teggatz kommentierte auf X: „Mir tun die Familien der Opfer von #Solingen unendlich leid. Die öffentliche Anhörung im #Innenausschuss war eine Theatervorstellung und eine Verhöhnung der Opfer von Solingen. Ich war selbst als Sachverständiger dabei. Die #Ampel hat endgültig fertig.“

Buschmann geht es in Wahrheit um die Kriminalisierung des politischen Diskurses, es geht eben nicht wirklich um den nur vordergründigen Schutz der „Vollstreckungsbeamten und Rettungskräfte“, sondern um die Stärkung der „dem Gemeinwohl dienenden Tätigkeiten“. Und was das Gemeinwohl ist, das definiert die Ampel.

Auf der Seite des Bundestages heißt es über die Novelle: „Zur Begründung führt die Bundesregierung an, dass Menschen, die für das Gemeinwohl tätig sind, „immer wieder zum Ziel von Angriffen sowohl physischer als auch psychischer Natur“ werden. Neben „Einsatzkräften der Polizei und Feuerwehr“ werden auch – oder soll man sagen im Sinne der Ampel: vor allem – „Medienschaffende und ehrenamtlich Tätige in der Flüchtlingshilfe als Betroffene solcher Angriffe genannt.“

Geschützt werden sollen Politiker, grüne NGO-Mitarbeiter und ihre Medienschaffenden. Ziel ist die Privilegierung der Medienschaffenden der Ampel und natürlich der „Tätigen in der Flüchtlingshilfe“. Alles klar? Nein, nicht ganz, denn es geht nicht allein um tätliche Angriffe, sondern um das, was Orwell in „1984“ ‚Gedankenverbrechen‘ nennt: Die geplante Erweiterung erscheine gleichwohl geeignet, „um im Lichte der aktuellen Entwicklungen ein klares Zeichen gegen gemeinwohlschädliche und demokratiefeindliche Straftaten im analogen und digitalen Raum zu setzen“. Die Sprache der Ampel wird immer totalitärer. Womit wir wieder bei der Zensur angekommen wären. Nicht umsonst ist der Gesetzentwurf, schwammig gehalten, mithin der auslegenden Willkür ausgeliefert.

Wes Geistes Kind Buschmann und seine FDP inzwischen sind, wird in Buschmanns Rede im Bundestag deutlich, in der er nur eine Silbe von der Lingua Quartii Imperii entfernt ist, wie sie der Romanist Victor Klemperer in der Auseinandersetzung mit der Entstehung der kommunistischen Diktatur in Ostdeutschland erforschen wollte, nachdem er vorher die Sprache des Dritten Reiches im LTI (Lingua Tertii Imperii) analysiert hatte. In seiner Begründung brachte es Buschmann fertig über die „Sozialschädlichkeit“ bestimmter Straftaten zu schwurbeln, die über „die Schädigung des Opfers zum Ausdruck bringen will, Leute hört auf euch fürs Gemeinwohl zu engagieren…“ Wer aber Straftaten verübt, die sozialschädlich sind, ist nach der Grammatik der deutschen Sprache ein Sozialschädling – und das klingt nicht nur wie eine Neuauflage des Volksschädlings, der sich zudem am Gemeinwohl vergeht, das früher einmal Gemeinnutz hieß – und Gemeinnutz geht vor Eigennutz – und wer sich daran nicht hält, der ist im neuen Ampel-Kollektivismus ein Sozialschädling oder eben der Klassenfeind, oder der Rechte, der Populist, der Putinist.

Wollte man zeigen, wie seit Merkels Migration, verstärkt in der Corona-Zeit, Deutschland immer grünautoritärer, immer unfreier wird, bräuchte man nur die Veränderung der deutschen Sprache seit 2015 dokumentieren, philologisch dokumentieren die Freund-Feind-Sprache, die Ersetzung der Argumentation durch Normsetzung, die Auflösung der Facetten und die manichäische Schwarz-Weiß-Teilung, die Ersetzung von Logik und Evidenz durch Behauptung und Moralisierung, die Kollektivierung des Individuums, das Primat angeblich übergeordneter Ziele, die Superlativierung des Ausdrucks und die Hegemonie des Mittels der Angstkommunikation und der Hysterien, die Ersetzung des Rationalismus durch den Irrationalismus, die Vernunft durch den Atavismus.

An die Stelle der Wirklichkeit treten für die kulturellen, wissenschaftliche, medialen und politischen Eliten die Verschwörungstheorien, die durch Zensur und Einschüchterung, durch die Schaffung eines Gesinnungsrechts ihre unwirkliche Macht weiter absichern sollen. Umso weniger das gelingt, umso gröber werden die angewandten Mittel, umso verräterischer die Sprache. Denn wer von „Sozialschädlichkeit“ spricht, der hat Sozialschädlinge im Auge – und wer Menschen als Sozialschädlinge sieht, der ruft das Konnotationsfeld der Schmarotzer und Parasiten, der Hinterlistigen und Boshaften auf, der wird auch keinerlei Hemmungen zeigen, Menschen zu dämonisieren und zu entmenschlichen.

Ja, die Rettungskräfte und Vollstreckungsbeamten müssen besser geschützt werden, aber sie werden dadurch geschützt, dass geltendes Recht durchgesetzt, dass ein Migrations-Moratorium gesetzt, dass von Geld- auf Sachleistungen umgestellt wird, die Grenzen geschützt und Migranten abgeschoben werden, dadurch, dass Richter Verbrechen von Migranten nicht mehr mit allzu geringen Strafen ahnden. Solange jedoch die Bundesregierung eine Informationsbroschüre druckt und verteilt, die Tipps enthält, wie man sich gegen Maßnahmen der Exekutive schützen kann, ist Buschmanns Gesetzentwurf pure Heuchelei. Wenn nicht Schlimmeres, nämlich ein Gesetz zur weiteren Einschränkung der Meinungsfreiheit.

Ernst Melsheimer, ab Dezember 1949 der erste Generalstaatsanwalt der Deutschen Demokratischen Republik, forderte im Januar 1948 auf der 3. Tagung des Ausschusses für Rechtsfragen beim ZK der SED: „Man sollte beherzigen, daß es ein alter revolutionärer und demokratischer Grundsatz ist, daß man einen Staat dann umwandelt, wenn man zwei Dinge in der Hand hat: die Polizei und die Justiz. Die Polizei hat man in der Hand, die Justiz noch nicht. Daß wir sie in die Hand bekommen, sollte unser Ziel sein.“

Getreu der Maxime Ernst Melsheimers hatte der Innenexperte der Berliner Grünen, Benedikt Lux, 2020 dem Neuen Deutschland gegenüber, das einst Zentralorgan der SED war, die rotrotgrüne, inzwischen auch gelbe Innenpolitik wie folgt resümiert: „Wir haben die gesamte Führung fast aller Berliner Sicherheitsbehörden ausgetauscht und dort ziemlich gute Leute reingebracht. Bei der Feuerwehr, der Polizei, der Generalstaatsanwaltschaft und auch beim Verfassungsschutz. Ich hoffe sehr, dass sich das in Zukunft bemerkbar macht.“ Melsheimer sorgte dafür, dass es sich bemerkbar machte, dass die Justiz nicht mehr unabhängig war, sondern die Rechtsprechung „dem Aufbau des Sozialismus, der Einheit Deutschlands und dem Frieden zu dienen“ hatte.

Vor allem hatte die Justiz gegen Sozialschädlinge und Volksfeinde vorzugehen.

Die FDP ist tot, es lebe die LDPD.

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