Tichys Einblick
Queerbeauftragter schlägt um sich

Berliner Senat muss Pantisano „fortlaufend sensibilisieren“

Nach den Attacken gegen Kevin Kühnert ist der Fall Alfonso Pantisano nicht abgeschlossen. Denn in der Berliner SPD rumort es: Er versuche Menschen mit Vorwürfen mundtot zu machen. Die CDU, die Pantisano als "Queer-Beauftragten" in Berlin mitgewählt hat, versucht sich aus der Affäre zu ziehen.

picture alliance/dpa | Jörg Carstensen

Seit Sommer 2023 ist Alfonso Pantisano „Ansprechperson der Landesregierung Berlin für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt“. Die Ernennung des selbsternannten „Aktivisten“ war schon damals umstritten, und seitdem hat sich der „Queer-Beauftragte“ einiges weiteres geleistet, was ihn erst recht unmöglich gemacht hat, teils auch innerhalb der „queeren Community“.

Aktuelles Beispiel: In der vergangenen Woche ging Pantisano, selbst Sozialdemokrat, der einst für Parteichefin Saskia Esken arbeitete, frontal auf Kevin Kühnert los, zu diesem Zeitpunkt noch SPD-Generalsekretär. Kühnert, selbst schwul, hatte zuvor im Spiegel-Interview auf Nachfrage erklärt, es komme „in meinem Erleben aus muslimisch gelesenen Männergruppen häufiger zu einem homophoben Spruch, als man es sonst auf der Straße erlebt“.

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Daraufhin ging Pantisano im Netz an die Decke: „Lieber Kevin, echt jetzt?“, schrieb er auf verschiedenen Kanälen. Queerfeindlichkeit sei doch „überall präsent“. Er verstehe nicht, warum man sich „immer die Muslime als singuläres Phänomen“ rauspicke. In einem weiteren Post legte er nach: Es gebe „auch“ ein Problem mit Queerfeindlichkeit im Islam. Ihn störe aber, dass Kühnert von „muslimisch gelesenen“ Menschen sprach: Er wolle bei „rassistischen Erzählungen“ und „antimuslimischem Rassismus“ nicht schweigen.

Dass Pantisano den SPD-Generalsekretär ausgerechnet wegen der Terminologie „muslimisch gelesen“ faktisch als rassistisch beleidigte, ist bemerkenswert: Dabei handelt es sich nämlich gerade um eine aus dem woken Orbit stammende Formulierung, mit der Kühnert seine Sensibilität deutlich machen und sich selbst relativieren wollte, nach dem Motto: Ich, denke, dass es sich um Muslime handelt, kann es aber nicht abschließend sagen.

Ingesamt ist Pantisanos Ausbruch wenig verwunderlich: Bereits im Juli 2023 hatte er in einem Welt-Interview konsequent weggeleugnet, dass es in der arabischen Community ein gesteigertes Problem mit Angriffen auf Homosexuelle gebe: „Es gibt genauso viele Italiener oder Deutsche, die queere Menschen angreifen“, behauptete er seinerzeit.

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Davon abgesehen ist er für seine aggressive Haltung bekannt. So hatte er zum Beispiel vor seiner Ernennung zum „Queer-Beauftragten“ Journalistinnen des feministischen Emma-Magazins als „Hündinnen“ bezeichnet, wofür er sich später entschuldigte. Außerdem zeigte er unter anderem Julian Reichelt an, nachdem der das Hissen der Regenbogenflagge als einer politischen Flagge am Berliner Polizeipräsidium als totalitär charakterisiert hatte.

„Wenn er Widerspruch erfährt, dann wird es unangenehm“, zitierte der Berliner Tagesspiegel im Juli eine Person „aus der Community“. Andere attestierten ihm eine „narzisstische Persönlichkeit“ und „Geltungsdrang“. Wegen des Angriffs auf Kühnert bekam Pantisano nun auch namentlichen Widerstand aus der SPD: Das „Forum35“, eine neu gegründete Gruppierung innerhalb der Berliner SPD, warf Pantisano in einem offenen Brief vor, „wieder einmal“ über das Ziel hinausgeschossen zu sein.

Der „unsolidarische Angriff auf Kevin“ negiere reale Problemlagen: Pantisano leugne Realitäten. Und: „Wer das Ansprechen der Realität als Rassismus oder Muslimfeindlichkeit diffamiert, der verharmlost die unterschiedlichen Erscheinungen des Rassismus. Schlimmer noch: Er versucht, mit dem härtesten Vorwurf die Debatte zu verhindern und Menschen mundtot zu machen.“ Dafür gab es wiederum eine Schelte von Luigi Pantisano, Bruder des Queer-Beauftragten und Politiker der Linken: „Ihr seid nicht besser als die Reichelts und von Storchs dieser Welt. Ihr habt nichts, aber auch garnichts (sic!) verstanden“, wütete er bei Facebook.

Dass Alfonso Pantisano, der nicht vom Abgeordnetenhaus gewählt, sondern nur vom Senat ernannt und auf eine Referentenstelle gesetzt wurde, ein Problemfall ist, lässt mittlerweile auch die für ihn zuständige Senatsverwaltung für Antidiskriminierung durchblicken: Am Donnerstag erklärte Staatssekretär Max Landero (SPD) in einer Ausschusssitzung des Abgeordnetenhauses laut einem Tagesspiegel-Bericht man habe Pantisano „natürlich immer wieder fortlaufend sensibilisiert im Hinblick auf seine Pflichten und auch Außenwirkung“.

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Die Zeitung kommentierte das mit den Worten, der Queer-Beauftragte sei offenbar „betreuungsintensiv“. Konsequenzen muss der um sich schlagende, staatlich alimentierte Queer-Aktivist bislang aber trotzdem nicht fürchten. Es gebe „keinen akuten Handlungsbedarf“, erklärte der Staatssekretär am Donnerstag im Ausschuss. Wobei das Wörtchen „akut“ verräterisch sein könnte.

Was man bei alldem nicht vergessen darf: In Berlin regiert ein CDU-geführter Senat unter dem Regierenden Bürgermeister Kai Wegner. Einige Christdemokraten hatten sich schon in der Vergangenheit von Pantisano abgesetzt. Nur handeln sie nicht. Als ein X-Nutzer jetzt fragte, warum Wegner Pantisano nicht rausschmeiße, antwortete der CDU-Abgeordnete Timur Husein: „Der ‚Vorgesetzte‘ von Pantisano ist nicht Kai Wegner, sondern die Sentorin Cansel Kiziltepe. Wegner kann ihn deswegen nicht ‚rausschmeißen‘.“

Zur Wahrheit gehört aber auch: Laut einer Pressemitteilung aus der Senatskanzlei „aus der Sitzung des Senats am 11. Juli 2023“ wurde Pantisano vom Senat als „Ansprechperson Queeres“ ernannt, also nicht bloß von einer spezifischen SPD-geführten Senatsverwaltung, sondern unter Mitwirkung der CDU. Zudem soll er Berlin als solches repräsentieren. Die Christdemokraten können sich jetzt nicht einfach so aus dieser Affäre herausziehen.

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