Während die Umsetzung des DSA in Deutschland zur Benennung von Blogwarten (eine treffliche Wortschöpfung von TE-Kollege Mario Thurnes), den sogenannten “Trusted Flaggern”, führte, ist man auch auf internationaler Ebene damit beschäftigt, den Endkampf gegen die Meinungsfreiheit einzuleiten.
Dem DSA selbst kommt dabei eine wichtige Rolle zu, denn nun nimmt man sich bei der EU die Empfehlungsalgorithmen von Youtube, TikTok und Snapchat vor. Dabei soll durchleuchtet werden, wie diese ihren Nutzern Inhalte empfehlen. Natürlich nur zum Schutz der Nutzer. Stichwort: Jugendschutz. Stichwort: Psychische Gesundheit. Und ja, natürlich auch Stichwort(e): Hass und Hetze.
Bei den Fragen der EU-Kommission stehen dabei die “potenziellen Auswirkungen auf das Wahlverfahren der Betroffenen, den zivilgesellschaftlichen Diskurs”, aber auch der Schutz Minderjähriger vor “massiver Hetze” im Vordergrund. Im Fall der chinesischen Plattform TikTok muss die Betreiberfirma ByteDance darüber hinaus belegen, wie sie “Risiken im Zusammenhang mit Wahlen, Medienpluralismus und zivilgesellschaftlichen Diskurs mindert”. Warum Google bei der Suche nach Donald Trump vor einiger Zeit bevorzugt positive Nachrichten zu Kamala Harris anbot, steht momentan nicht im Fokus der EU-Kommission.
Begeistert ob dieser Schritte zeigte sich die grüne EU-Abgeordnete Alexandra Geese, die federführend an der Entwicklung des DSA beteiligt war. All das diene dem Schutz der bedrohten Demokratie, denn das mit Empfehlungssystemen verknüpfte Geschäftsmodell “ermöglicht die Verbreitung von Desinformation und Polarisierung”. Bisher belohnen diese System vor allem Hass und Hetze, sodass diese Postings “sich viel schneller verbreiten als andere Inhalte”.
Damit liegt Geese zwar nicht einmal so falsch, doch ist es – wie so häufig in diesen Debatten – nur die halbe Wahrheit. Denn anstatt Qualität zu fördern, werden neben den politisch bevorzugten Inhalten vor allem jene Marktschreier gefördert, die nicht nur den Diskurs polarisieren, sondern damit vor allem auch gemäßigtere und differenziertere Stimmen ersticken und somit weite Teile des alternativen Lagers diskreditieren. Der Versuch diesen Missbrauch zu bekämpfen wird allerdings nicht dazu führen, dass differenziertere Inhalte besser sichtbar werden, sondern alles politisch Unerwünschte in Bausch und Bogen zensiert und entfernt wird. Der Todesstoß für die Differenzierung.
Denn während extreme Meinungen mittels ihrer Polarisierung sogar systemstabilisierend wirken können, sind es vor allem differenziertere Betrachtungen, die eine Kontrolle nach den Prinzipien des “Teilens und Herrschens” bedrohen. Just diese Kontrolle sehen auch internationale Eliten bedroht.
So rutschte erst vor wenigen Tagen der ehemaligen US-Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton bei einem CNN Interview die Aussage heraus, man müsse den Diskurs auf den sozialen Netzwerken wieder stärker überwachen, da “wir ansonsten die totale Kontrolle verlieren” könnten.
Und auch jedermanns liebster Impfbefürworter Bill Gates sprach sich erst kürzlich wieder in einem NBC Gespräch für drastische Diskursregulierung im Internet aus. Dabei soll vor allem KI behilflich sein, denn sie könne in Sekundenschnelle gefährliche Inhalte filtern, sodass “Aufrufe zu Gewalt” oder Aussagen, “die dazu führen, dass jemand sich nicht impfen lässt”, keine Chance mehr hätten sich auszubreiten.
Die Stoßrichtung all dieser Bemühungen, die auch erst kürzlich vom ehemaligen US-Präsidentschaftskandidaten John Kerry in Worte gefasst wurden, ist deutlich: Die freie Meinungsäußerung im Internet soll der Vergangenheit angehören. Der Vorwand? Nichts weniger als die Rettung der Demokratie. Doch welchen Wert hat eine Demokratie, die keine freie Meinungsäußerung kennt? Und was ist gefährlicher: Eine Demokratie ohne freie Meinungsäußerung, oder ein autokratisches System mit gesicherter freier Meinungsäußerung? Welches System herrschende Eliten eher fürchten, dürfte unschwer zu erkennen sein.