Tichys Einblick
Neuer Generalsekretär der SPD

Matthias Miersch lässt mehr Platz für Saskia Esken

Der neue Generalsekretär der SPD ist 20 Jahre älter als sein Vorgänger. Doch mehr Reife bekommt die Partei durch Matthias Miersch nicht. Eher einen staubigen Hinterbänkler mit abgestandenen linken Ideen.

Matthias Miersch, SPD-Generalsekretär, Saskia Esken, Berlin, 08.10.2024

picture alliance / Metodi Popow | M. Popow

Ein 55-Jähriger folgt einem 35-Jährigem im Amt. Ein Generationswechsel im klassischen Sinn ist das nicht. Wer es gut mit der SPD meint, könnte sagen, mit ihrem neuen Generalsekretär wird die Partei wieder erwachsener. Doch es lässt sich auch anders interpretieren: Auf einen extrem schillernden Jungpolitiker folgt ein Platzhalter, der in knapp 20 Jahren mit dem Staub auf den Hinterbänken im Bundestag verwoben ist.

Wer Matthias Miersch je live erlebt hat, hätte ihn nicht zu der Führungsreserve der SPD gerechnet. Ihm zuzuhören ist mühsam. Er spricht mit der Verve eines Verwaltungsbeamten, nachdem es in der Kantine schwere Knödel zum Mittagessen gab. Inhaltlich rattert er ein Sammelsurium abgestandener linker Ideen runter. Wobei unklar ist, was mehr erschrickt: Die in Überschriften vorgetragenen Inhalte oder die Floskeln, mit denen Miersch in seinen Reden Logik zu ersetzen sucht.

Generalsekretär der SPD tritt zurück
Die kurze Karriere des Kevin K.
Kevin Kühnert hat das Gesicht der SPD geprägt. Vor allem durch seine Auftritte in Talkshows. Ob das zum Besten der Genossen war, ist ein anderes Thema. Es liegt hinterm Pflug. Kühnert hat aus gesundheitlichen Gründen seinen sofortigen Rückzug aus der Politik erklärt. Vorerst ist er Geschichte. In der Rolle des Talkshow-Königs wird Miersch Kühnert aber nicht ersetzen. Der Mann kann sogar eine Selbsthilfegruppe der Cola-Süchtigen in den Schlaf reden. Er lässt damit die Bühne seinen Chefs, den SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil und Saskia Esken. Das ist der wesentliche Grund, warum Miersch auf Kühnert, ein 55-Jähriger auf einen 35-Jährigen, folgt. Er ist der Untergebene, den du als Boss aussuchst, um einen zu haben, der dir nicht das Wasser reichen kann. Im Fall von Saskia Esken muss man da lange suchen.

Miersch war bisher Sprecher der Linken in der Bundestags-Fraktion. Politisch verändert sich damit auf dem Stuhl des Generalsekretärs der SPD demnach nichts. Der Jurist aus Hannover ist genauso ein linker Phantast wie Kühnert. Er steht für den Kurs der SPD, die gerne grüner als die Grünen wäre. Die damit ein so bequemes Anhängsel der CDU von Angela Merkel war. Etwa als Miersch erklärt hatte, mit dem Klima ließe sich nicht diskutieren, um den Wahnsinn des gleichzeitigen Ausstiegs aus Kohle- und Kernkraft zu rechtfertigen. Zwar sind seine Reden brutal einschläfernd. Aber das ist eine Gnade. Noch brutaler ist es nämlich, seiner „Logik“ zu folgen.

Miersch steht für alles, was in den letzten Jahren in der SPD schief gelaufen ist – und was die Partei Willy Brandts in der jüngsten Europawahl auf ihr historisch schlechtestes, bundesweites Ergebnis reduziert hat. Miersch hat Robert Habeck (Grüne) in dessen Heizungsgesetz unterstützt. Der neue Generalsekretär befürwortet das Ende der „Schuldenbremse“ und damit die grenzenlose Verschuldung des Staates. Das Geld will Miersch einsetzen, um den Sozialstaat noch stärker zu erweitern, genauso wie den Einfluss des Staates auf die Wirtschaft. Noch mehr Steuern, Abgaben und dysfunktionale Verwaltung würden unternehmerisches Engagement noch mehr erschweren und es würde nur noch produziert, wofür der Staat Subventionen gibt, wenn Deutschland der „Logik“ des neuen SPD-Generals folgt.

„Arsch-hoch-Prämie“ und Sanktionen
Das Bürgergeld ist die absurdeste Niederlage der Ampel
Miersch ist der nächste Niedersachse in politischer Verantwortung in der SPD. Nach Klingbeil und den Ministern Hubertus Heil (Arbeit) und Boris Pistorius (Verteidigung). Das ergibt durchaus Sinn. Die SPD hat sich einen Verlierer-Kult angewöhnt. Statt auf Sieger zu setzen, befördert sie Wahlverlierer durch, bis sie an einem Amt offenkundig scheitern: Frank-Walter Steinmeier, Nancy Faeser, Heiko Maas oder Olaf Scholz, der sich nicht einmal gegen Esken im Kampf um den Vorsitz der SPD durchsetzen konnte.

Einer dieser Wahlverlierer ist aber Hubertus Heil. Der „Arbeitsminister“. Er verantwortete als Generalsekretär mit den Wahlkämpfen von Steinmeier und Martin Schulz ebenfalls zwei historische Niederlagen der SPD. Also bleibt es zwar richtig, sich an einem erfolgreichen Landesverband wie Niedersachsen zu orientieren. Aber es kommt halt auch auf die Person an. Und es dürfte eine gute Quote für jeden geben, der darauf wettet, dass Matthias Miersch der Mann ist, der im Wahlkampf 14 Prozentpunkte Rückstand auf die Union aufholen kann. Oder auch nur vier Prozentpunkte auf die AfD. In Talkshows wird er jedenfalls weniger auffallen als Kevin Kühnert. Bleibt die Bühne also für Saskia Esken. Dass aber das der SPD hilft, glauben nicht einmal mehr die Sozialdemokratinnen.

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