Frau Professor Schröter, immer häufiger verkörpern attraktive Influencerinnen mit Hijab in den sozialen Medien ein ästhetisch schönes Bild der islamischen Welt. Ist das womöglich eine PR-Strategie für eine Religion, die im Westen bislang als radikal und aggressiv wahrgenommen wird?
Absolut. Dahinter steckt natürlich die Strategie: Das Abendland muss islamisch werden. Daraus wird auch kein Geheimnis gemacht, es wird deutlich gesagt: Das Christentum ist am Ende, die Kirchen sind leer. Wir dagegen haben die Gläubigen, wir haben die Kinder. Unsere Frauen kriegen noch Kinder, die westlichen Frauen kriegen keine mehr. Der Islam hat immer schon mit allen Mitteln versucht, Menschen zur Konversion zu bewegen.
Und das ist nun ein neues Phänomen: Frauen tauchen als Influencerinnen vor der Kamera auf. Früher waren es eher die Männer, die Frauen angeworben haben, da hieß es noch: Frauen zeigen sich nicht vor der Kamera. Das ändert sich jetzt: Die frommen muslimischen Frauen agieren jetzt mehr in der Öffentlichkeit. Mit Gesicht und mit Namen. Wenn Konvertitinnen nun ihre Geschichte erzählen, dann hat das wahnsinnig viel Erfolg.
Welche Botschaft bringen diese traditionell gekleideten Frauen bei Instagram und TikTok rüber?
Es soll vermittelt werden, dass die Frau im Islam wirklich geachtet ist und ihre Weiblichkeit leben kann. Sie muss – außer den typisch weiblichen Tätigkeiten wie Kinder kriegen, kochen und das Haus schön halten – auch nichts weiter tun. Also nicht arbeiten und sich der Berufswelt aussetzen, was als unweiblich und entwürdigend angesehen wird. Die muslimischen Frauen, die zur Konversion einladen, argumentieren genauso: Dein Mann muss alles für dich machen, er verdient das Geld, während du zu Hause bleiben und deine Kinder betreuen kannst. Dahinter steckt ein ähnliches Hausfrauenideal, wie es bei uns in den 1950er Jahren propagiert wurde.
Werden diese schönen Versprechen von den modernen Frauen im Westen angenommen?
Das Ganze wurde flankiert durch Berichte aus Syrien und dem Irak, in denen Dschihadistinnen aus ihrem Alltag erzählen: Wie sie Apfelkuchen backen und ihre Kämpfer bekochen. Und sie beteuerten außerdem, wie sehr sie als Frauen geehrt werden. Denn darum ging es vor allem: um die Achtung, die sie als Frauen im Islam erfahren. Anders als in der deutschen Gesellschaft, wo Frauen auf ihren Körper reduziert und als Sexsymbole behandelt werden. Dies war die immer wiederkehrende Botschaft: Du wirst im Islam als fromme Muslimin immer sehr, sehr gut behandelt. Insbesondere, wenn du Mutter bist. „Das Paradies liegt unter den Füssen der Mutter“ – das geht auf Mohammed zurück.
Können Sie bezüglich Konversionen Zahlen nennen?
Nein, es gibt da keine verlässlichen Daten. Was man weiß: Beim IS waren gut 21 Prozent der Anhänger Konvertiten. Wie viele Frauen darunter waren, ist nicht ganz gewiss. Aber anscheinend eine ganze Menge und zum Teil haben diese sich extrem radikalisiert. Bei den IS-Angehörigen, die heute in den kurdischen Gefangenenlagern sind, handelt es sich großenteils um Frauen. Sie machen ohne ihre Männer weiter und errichten ein Regime des Terrors, in dem jede umgebracht wird, die sich nicht an die Regeln hält. Und sie indoktrinieren ihre Kinder. Wir haben auch Zellen der Salafistinnen hier in Deutschland.
Anscheinend ist der Islam für manche so attraktiv, dass aus Followerinnen schließlich Fighterinnen werden.
Ich kann mir auch vorstellen, dass es für einige westliche Frauen attraktiv ist, ein klares Regelkorsett zu bekommen. Hier kenne ich aus meinen eigenen Forschungen Beispiele, wo sich Konvertitinnen im Nu eine hohe Position erarbeitet haben in der Gemeinschaft ihres Ehemannes. Indem sie in extremer Weise den muslimischen Glauben propagiert haben – sie haben Tag und Nacht den Koran gelesen und wurden Expertinnen, so dass sie in ihrem islamischen Frauenkreis vorgeben konnten, wie der Islam richtig gelebt werden muss. Sie waren stets vorbildlich verschleiert, haben alles geschlechtergetrennt gemacht, kurz gesagt: Diese Frauen haben die islamischen Regeln so ernst genommen, wie das keine andere gemacht hätte. Dadurch waren sie Vorbilder.
Frauen werben Frauen – was steckt noch hinter diesem soften Feldzug?
Ich denke, dass diese Frauen ein sicheres soziales Umfeld schätzen. Dieses soll ihnen der Ehemann und die Religion bieten, die ihnen Zugang zu einer Gemeinschaft der Gleichgesinnten eröffnet. Weiterhin spielt eine große Rolle, dass man sofort eine riesige Familie hat, wenn man sich dem Mann anschließt. Es ist nicht wie bei uns mit den Kleinfamilien, die oft untereinander im Streit liegen. Zumindest fällt es bei diesen großen Clans am Anfang nicht auf, dass sie auch zerstritten sind. Man glaubt, man habe eine heile Welt entdeckt, in der alles gut funktioniert und im Einklang mit Gottes Willen ist. Gewissermaßen erhält man ein Gesamtpaket, das für viele in der Moderne verloren ist.
Was können wir dem entgegensetzen? Sind wir zu naiv?
Zum Beispiel mit Allmachts- und Eroberungsfantasien, in denen erörtert wird, wie man sich die zukünftige Ausbreitung des Islam vorstellt. Was, wo künftig islamisch werden soll. Oft werden alle Gebiete benannt, die in der Vergangenheit unter islamischer Herrschaft standen: also das gesamte Südeuropa bis kurz vor Wien. Weiterhin die Länder, wo viele Muslime aufgrund der Migration leben. Der türkische Präsident Erdogan hat türkische Muslime in Deutschland aufgerufen viele Kinder zu bekommen, damit hier schnell Mehrheiten geschaffen werden, die dann diese Mission vorantreiben. Man ist ganz klar auf einem Missionsfeldzug.
Unsere Schwäche ist die Stärke der anderen…
Der Vorsitzende der Gemeinschaft „Ahmadiyya Muslim Jamaat“ hat mir einmal gesagt: „Die Erneuerung des Islam geht vom Westen aus.“ Damit hat er die inhaltliche Leere unserer Gesellschaft implizit vorausgesetzt. In vielem hat er damit ja durchaus Recht.
Wir haben eine woke Leitkultur, die die eigene Kultur als minderwertig und rassistisch abwertet und den Islam glorifiziert. Dazu kommt, dass viele woke Akteure in der Flüchtlingsarbeit und in den Integrationskursen tätig sind, was nicht gerade förderlich ist. Wenn Sozialarbeiter, die sich mit migrantischen Familien beschäftigen, permanent behaupten, Muslime würden von einer islamfeindlichen Mehrheitsgesellschaft unterdrückt, spielen sie Islamisten in die Hände.
Dieses Interview, das Esther von Krosigk mit Susanne Schröter geführt hat, erschien zuerst in Die Tagespost. Katholische Wochenzeitung für Politik, Gesellschaft und Kultur. Wir danken Autorin und Verlag für die freundliche Genehmigung zur Übernahme.
Susanne Schröter, Im Namen des Islam. Wie radikalislamische Gruppierungen unsere Gesellschaft bedrohen. Pantheon, Klappenbroschur, 400 Seiten, 16,00 €.