Tichys Einblick
Reform der Öffentlich-Rechtlichen

ARD und ZDF zeigen künftig weniger Fußball der Spitzenklasse

Die Länder wollen ARD und ZDF reformieren. Die sollen weniger Fußball zeigen und einige Kanäle in Radio und Fernsehen einsparen. Der Schwerpunkt soll auf „mehr Klasse“ liegen – in dem Fall eine Beschönigung für Propaganda.

IMAGO / Agentur 54 Grad

ZDF und ARD haben zwei Probleme. Zwar sind sie Marktführer im analogen Fernsehen, doch erreichen sie mit den klassischen Programmen meist nur noch ältere Menschen. Ein großes Publikum finden sie in allen Altersklassen nur noch, wenn sie Sport oder erfolgreiche Unterhaltung zeigen. Das ist aber nicht das, was die Politik von ihnen verlangt. Die sichert wiederum den ungebremsten Einnahmefluss der Öffentlich-Rechtlichen durch Zwangsgebühren ab. Die Sender müssen also politische Botschaften senden, obwohl die Zuschauer in Massen abschalten, wenn ARD und ZDF politische Botschaften ausstrahlen. Etwa wenn Caren Miosga läuft, die wie ihre Vorgängerin Anne Will sonntags nach dem Tatort millionenfach Zuschauer vergrault.

ARD und ZDF seien frei von politischem Einfluss, heißt eine ihrer liebsten Erzählungen. Um dies zu untermauern, arbeitet die Rundfunkkommission der Länder derzeit an einem „Reformstaatsvertrag“, der den politischen Rahmen für den unpolitischen Rundfunk vorgibt. Leiterin der Kommission ist Heike Raab. Sozialdemokratin, Staatssekretärin in Rheinland-Pfalz und ein politisches Ziehkind von Malu Dreyer. Für Jesus galt, an den Taten sollt Ihr sie erkennen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk möchte nach dem bewertet werden, was er von sich behauptet – nicht nach dem, was er tut oder ist.

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Zu den Kernpunkten der Reform gehört die Forderung der Länder an ARD und ZDF, künftig weniger Fußball zu zeigen. Oder präziser: weniger Geld für Fußball auszugeben. Das Mitbieten um die Rechte in Bundesliga, Champions League oder Nations League ist zu teuer. Gegen die Live-Übertragungen von Spielen der Dritten Bundesliga haben die Verantwortlichen der Länder nichts. Durchaus möglich, dass die ARD zwar für Bayern München bald nicht mehr bieten darf, aber dafür Bayern Hof live zeigt – oder gleich Bayern Hintertupfing Ost II.

In einem Interview mit dem Branchenmedium DWDL hat Raab gefordert, ARD und ZDF sollten mehr Breitensport zeigen. Vorbild sind die Olympischen Spiele in Paris. Die waren eine der wenigen Gelegenheiten, bei denen die öffentlich-rechtlichen Sender auch mal ein nennenswert großes Publikum aus unter 50-Jährigen erreicht haben. Handball, Basketball oder selbst Bogenschießen können – entsprechend augenfällig angeboten – ebenfalls ziehen. Ganz ohne die hohen Kosten für Rechte, die der Fußball abruft.

Der Sport dient dazu, Zuschauer für die anderen Angebote von ARD und ZDF anzulocken. Die Strategie hat der ehemalige ZDF-Intendant Thomas Bellut entwickelt und öffentlich vertreten. Doch die funktioniert nur teilweise. Zwar haben Europameisterschaft, Olympische Spiele und teilweise sogar Frauenfußball für die entsprechenden Quoten gesorgt. Doch die Zuschauer bleiben eben nicht vor dem Fernseher sitzen. Das Erste hat am Montag einen Sendeplatz, auf dem es oft Dokumentationen mit zwei Kernbotschaften zeigt: Die AfD ist böse, böööhhhseee, BÖÖÖHHHSEEE, und die Grünen sind super, weil sie das Weltklima retten. Laufen diese Dokumentationen, gehen die Quoten nach der Tagesschau runter und später zu den Tagesthemen wieder hoch. Wie es etwa dem manipulativen Format „Die 100“ erging, in dem sich ein Großteil der zufällig ausgewählten Bürger als Politiker der etablierten Parteien oder gleich als Schauspieler erwies.

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Das ist das Kernproblem von ARD und ZDF. Sie erreichen zwar mit Sport ein großes Publikum, doch wenn die Propaganda kommt, läuft das Publikum weg. Wer bleibt, das sind die Älteren. Das zeigt sich besonders in den Unterhaltungsformaten des Staatsfernsehens. Dessen Filme bescheren zwar dem ZDF die Marktführerschaft. Doch meist ist nur ein Zehntel der Zuschauer jünger als 50 Jahre alt – mitunter nicht einmal ein Zwanzigstel.

Es gibt eine Relation zwischen Zuschauern der Öffentlich-Rechtlichen und den Wählern von SPD und CDU. Das hat die Wahl in Brandenburg gezeigt. Dort lag die AfD in allen Wählergruppen vor der SPD, nur die Menschen über 60 Jahren haben der Sozialdemokratie den Gesamtsieg beschert. Die Propaganda des Staatsfernsehens funktioniert also – erreicht aber nicht mehr alle Teile der Bevölkerung. Die Jungen wählen AfD.

Genau da wollen die Länder mit dem „Reformstaatsvertrag“ ran. Das meint Heike Raab, wenn sie gegenüber DWDL sagt, sie wolle „mehr Klasse statt Masse“. Deswegen sollen ARD und ZDF umgebaut werden. Sie sollen alte, analoge Sender einstellen, um so Geld für die Entwicklung im digitalen Bereich freizuschaufeln. Denn im Internet gibt es zwei Wahrheiten: Das ganze Jahr über veröffentlicht das Staatsfernsehen Erfolgszahlen, die seine Potenz in der digitalen Welt untermauern sollen. Doch ab und an halten ihre Vertreter Reden oder verfassen Denkschriften, in denen sie die mangelhafte Resonanz zugeben.

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Deswegen peilen die Länder mit dem Staatsvertrag eine Zusammenlegung an. Die soll über die Sendergrenzen hinweg greifen, wie Raab im DWDL-Interview ankündigt. So soll es Körbe geben, die bestimmte Zielgruppen bedienen. Etwa Jugendliche. Die dadurch entstehenden Angebote sollen im alten analogen Fernsehen laufen und auf einer noch zu entwickelnden gemeinsamen Plattform im Internet. In den Korb Jugendliche gehören laut Raab neben dem umstrittenen Digitalangebot Funk auch die bisherigen Spartensender One und ZDF Neo. Damit drückt die Staatssekretärin unfreiwillig und unmissverständlich aus, wie weit ARD und ZDF an jungen Menschen vorbeisenden.

Auf den Sendern, die vermeintlich für junge Zuschauer da sind, laufen Wiederholungen von: „Um Himmels Willen“, „Mit Schirm, Charme und Melone“, „Sturm der Liebe“, „Rote Rosen“, „Bares für Rares“, „In aller Freundschaft“, „Der Landarzt“, „Zwei Nasen tanken Super“, „Duell der Gartenprofis“, „Father Brown“, „Morden im Norden“ oder „Familie Heinz Becker“. Es gibt Gründe, warum ARD und ZDF bei jungen Menschen nicht ankommen. One oder ZDF Neo wird kaum einer vermissen.

Wer es doch tut, braucht sich noch nicht allzu sehr zu sorgen. Raab räumt im DWDL-Interview selbst ein, wie zäh die ARD darin ist, Reformen umzusetzen. Der Staatsvertrag würde bis 2028 gelten und erst danach würden die Reformschritte allmählich greifen. Es besteht also noch lange die Möglichkeit, sich „Rote Rosen“ nicht nur im Hauptprogramm anzuschauen, sondern danach nochmal in der Wiederholung auf One. Das hört sich zwar trostlos an, aber es wird ja niemand zu einem Leben vor ARD und ZDF gezwungen. Noch nicht.

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