Der gemeine Bundespolizist ist an seinem Grenzkontrollpunkt festgewachsen, für mehrere Stunden am Stück, egal ob da nun etwas kommt oder nichts kommt. Wie der Späher sitzt er auf seinem Ausguck und wartet, dass das „Wild“ zu ihm kommt. Er will das Wild im wesentlichen nur beobachten, ist zudem sogar Wildschützer, der die Ankommenden in seine Obhut nimmt. So sahen Faesers Grenzkontrollen – im Südosten und Osten – vor dem 16. September aus. So sehen sie nun wohl überall aus. Kein Wunder, dass sich Schleuser und illegale Migranten auf so etwas einstellen können.
Nun erfährt man: Flixbusse umfahren planvoll die Grenzkontrollpunkte und nehmen die Landstraße. Wer mag in den Bussen drinsitzen? – Ukrainer? Die müssten sich nicht verstecken, weil sie ohnehin willkommen und asylwürdig sind. Es müssen also andere Nationalitäten sein, vielleicht Migranten mit Wiedereinreisesperre, vielleicht Kriminelle, vielleicht auch nur ein paar Irregeleitete, die glauben, so einen besseren Schnitt zu machen.
Von Montag dem 16. September bis zum folgenden Donnerstag wurden 3626 Schutzgesuche beim Bamf (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) gestellt. In der Vorwoche waren es von Montag bis Donnerstag 3581, in der Woche davor „nur“ 3063. Das berichtet die Welt am Sonntag (hinter der Schranke) mit Bezug auf das Bamf. Aus diesen Zahlen könnte man folgern, dass die Einführung von Grenzkontrollen zu mehr Asylanträgen führt. Und das erscheint nicht ausgeschlossen, wenn die Hauptaufgabe der kontrollierenden Bundespolizei ist, Migranten die „Asyl“ sagen, zu registrieren und wenn dann das Bamf bruchlos übernimmt.
Daneben zeigen sich aber schon die oben genannten ersten Tendenzen, die bundespolizeilichen Kontrollen an der Grenze zu umgehen. Das berichtet der Chef des Bundespolizei-Arms bei der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Andreas Roßkopf. Flixbusse, die „oft von illegal Einreisenden genutzt“ würden, weichen laut ihm „von den Autobahnen auf benachbarte Straßen aus“, um die bekannten Kontrollpunkte zu umgehen, wie der Münchner Merkur berichtet.
Einen Grund für eine solche Taktik haben offenbar nur Migranten, die bei der Feststellung an der Grenze zurückgewiesen werden. In einer Busladung könnten sich immer ein paar Fälle finden. Dann lohnt sich das Ausweichen. Daneben könnte eine gewisse Verwirrung herrschen, was die neuen Regeln genau besagen, so dass Migranten und ihre Schlepper vorerst extra vorsichtig sind. Dabei haben die meisten von ihnen aber durch die neuen Regeln kaum etwas zu befürchten. Noch ist auch nicht klar, zu welchem Ergebnis die von Nancy Faeser geplanten Dublin-Ankerzentren führen werden, wenn sie irgendwann einmal eingerichtet sind. Nach einem halben Jahr erfolgloser Rücküberstellungsversuche gehen bekanntlich auch die Dublin-Fälle in die deutsche Zuständigkeit über. Also ist es vielleicht nur eine gewisse Wartezeit, die die Migranten – und Nancy Faeser – hier ertragen respektive überbrücken müssen.
Es geht wieder nur um „Schleuserkriminalität“
Kritik erhebt sich vor allem an der Ausweitung der Kontrollen auf die westlichen Grenzen, weil hier die Intensität der illegalen Einreisen in der Tat nicht so groß war. Das bedeutet nicht, dass sie nicht existierte und nicht erheblich war. Denn kriminelle Migranten sickern auch von Frankreich und Benelux nach Westdeutschland ein. An der niederländischen Grenze gab es nun an einem Tag über 2000 kontrollierte Personen, 544 Fahrzeuge und 14 Züge. Dabei gelangen drei Zurückweisungen, und drei Haftbefehle wurden vollstreckt. Das ist etwas anderes als nichts. Aber dennoch nicht wahnsinnig beeindruckend.
Insgesamt gab es an den vier Tagen von Montag bis Donnerstag 182 unerlaubte Einreiseversuche an den Westgrenzen zu Frankreich und den Benelux-Staaten. 100 davon wurden durch Zurückweisung verhindert, so interne Polizeistatistiken.
BKA-Präsident Holger Münch heißt die Kontrollen gut, mahnt aber eine Strategie an. Es müsse darum gehen, die „Netzwerke der Schleuser“ aufzudecken und die Ermittlungen „entlang der Schleusungsrouten in internationaler Kooperation zu führen“. Also wieder nur die Bestrafung der wenigen Schlepper, die zudem innerhalb der EU nicht so dringend nötig sind. Es handelt sich ja um zivilisierte Gegenden, in denen kaum harsche Polizeieinsätze drohen, die einen illegalen Migranten aufhalten würden oder wollten. Die neuen Grenzkontrollen der Nancy Faeser gehen – wie die bisherigen auch – nur auf eine Eindämmung der grenzüberschreitenden Kriminalität (Schleuser und Schlepper) aus, nicht auf eine Eindämmung der illegalen Migration. So viel war schon klar, als Faeser die Maßnahme ankündigte. Wer es wusste, kann es jetzt besser wissen. Und wer nicht, der weiß nun zumindest Bescheid.