Die strategische Schwäche des Volkswagen-Konzerns zeigt unerwartet – unerwartet schnell und unerwartet weitreichend – Folgen in der Weltautomobilindustrie. Das Größenranking der Hauptwettbewerber in der Produktion – und damit die Machtverteilung – gerät ins Wanken.
Die Reihenfolge 2023:
- Toyota: 11,2 Millionen Pkw
- Volkswagen: 9,2 Millionen Pkw
- Hyundai Motor: 7,3 Millionen Pkw
- Stellantis: 6,4 Millionen Pkw
- General Motors: 6,2 Millionen Pkw
Die bis 2022 nach VW beiden nächstgrößeren Autokonzerne Hyundai und General Motors (GM) vereinbarten nach Meldungen der Automobilwoche (Hyundai und General Motors planen umfassende Kooperation | Automobilwoche.de) überraschend eine sehr weitgefasste Kooperationsvereinbarung. 2023 war GM mit 6,2 Millionen Automobilen vom aggressiven Rivalen Stellantis mit 6,4 Millionen Autos auf Platz fünf abgedrängt worden, ein Jahr zuvor hatte der US-Autoriese bereits seinen Platz drei an Hyundai Motor aus Südkorea mit 6,9 Millionen verloren.
GM, Jahrzehnte Symbol der amerikanischen Automobildominanz in der Welt, war also bereits seit längerem auf dem Abwärtstrend. Der Rückzug aus Europa und der Verkauf von Opel an den heutigen Rivalen Stellantis sind Marksteine dieses Rückgangs. Mit der jetzt bekannt gegebenen engen Kooperation von Hyundai Motors und General Motors enstünde über Nacht eine neue Nummer 1 unter den weltgrößten Automobilkonzern, der sogar Toyota von der Spitze verdrängen würde.
Beide Konzerne haben große Probleme mit der Sparte Elektromobilität, GM verschiebt aus Kostengründen wichtige neue E-Modelle, Hyundai setzt verstärkt auf Hybrid-Technik. Damit wäre eine neue Runde im Fusionskarussell der automobilen Global Player angestoßen. Bezüglich der genauen Vereinbarungen und des substanziellen Umfangs etc. sind beide Konzerne wenig kommunikativ. Hyundai lässt lediglich konkret verlauten, dass seine Konzern-Kia nicht in die Kooperation eingebunden sein wird (de jure).
Laut Automobilwoche sind folgende Einzelheiten beachtenswert:
- GM und Hyundai wollen auf einer Reihe von Gebieten zusammenarbeiten, darunter Rohstoff-Versorgung, Fahrzeugentwicklung und -produktion sowie alternative Antriebe wie Elektro- und Wasserstoff-Antriebe.
- GM-Chefin Mary Barra und Euisun Chung, der Vorstandsvorsitzende von Hyundai, haben eine Absichtserklärung unterzeichnet, um „unverzüglich“ Bereiche für eine Zusammenarbeit und mögliche verbindliche Vereinbarungen zu prüfen, so die Unternehmen in einer gemeinsamen Pressemitteilung vom 12. September.
- „Potenzielle Kooperationsprojekte konzentrieren sich auf die gemeinsame Entwicklung und Produktion von Personen- und Nutzfahrzeugen, Verbrennungsmotoren sowie saubere Energie-, Elektro- und Wasserstofftechnologien“, so die Unternehmen.
- Einkaufskooperation ist denkbar: Die beiden führenden globalen OEMs werden auch Möglichkeiten für eine gemeinsame Beschaffung in Bereichen wie Batterierohstoffe, Stahl und anderen Bereichen prüfen. Ziel ist es, die Kosten zu teilen und eine breitere Produktpalette schneller auf den Markt zu bringen, so die Unternehmen.
- GM CEO Mary Barra sagte, die Zusammenarbeit habe das Potenzial, eine „disziplinierte Kapitalallokation“ zu ermöglichen. Kostensenkungen und Größenvorteile seien die wichtigsten Prioritäten. GM hat in den letzten Jahren in Südkorea mit sinkenden Verkaufszahlen und steigenden Kosten zu kämpfen gehabt. Eine engere Zusammenarbeit mit Hyundai, der dortigen Nummer 1, könnte Abhilfe schaffen.
- GM unterhält seit langer Zeit Produktions-, Design- und Produktentwicklungsstandorte in Südkorea, Erbe der GM-Verbindung mit Daewoo Motors.
- Hyundai-CEO Euisun Chung zum Vorhaben: „Diese Partnerschaft wird Hyundai Motor und GM in die Lage versetzen, Möglichkeiten zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit in Schlüsselmärkten und Fahrzeugsegmenten zu prüfen, die Kosteneffizienz zu steigern und den Kundennutzen durch unser gemeinsames Know-how und innovative Technologien zu erhöhen.“
- Mit weiteren Einzelheiten hielten sich die Konzerne bedeckt. So gab es weder Informationen zum Zeitpunkt, an dem die Zusammenarbeit starten soll, noch wurden Investitionen oder die Möglichkeit einer Kapitalallianz erwähnt. Die Unternehmen gaben nicht bekannt, auf welche Märkte sie sich konzentrieren wollen. Logisch wären die USA als Heimatmarkt von GM und zweitgrößter Automarkt der Welt, GM könnte via Hyundai nach Europa zurückkehren.
Fakt ist: Mit diesem Zusammenschluss der beiden Automobilgiganten werden die Karten am Weltmarkt neu gemischt.
Ihr gemeinsamer Absatz (inklusive Kia) übersteigt mit 13,5 Millionen (2023) jenen von Weltmarktführer Toyota (11,2 Millionen ) beträchtlich. Das wird nicht ohne Folgen bleiben, vor allem nicht für VW. In diesem Jahr peilt Hyundai mit der Luxusmarke Genesis 4,2 Millionen Autos an, Kia will 3,2 Millionen erreichen. Quantitative Absatzziele von GM sind nicht bekannt, im Finanz-und Ergebnisreich sollen die Vorjahresergebnisse gehalten werden.