Tichys Einblick
Debatte um den Haushalt

Schrumpfen der Wirtschaft: Habeck-Memory im Bundestag

„Wirtschaftsminister“ Robert Habeck hält eine absurde Rede im Bundestag zur Frage, warum es der deutschen Wirtschaft schlecht geht. Doch in den Tiefen des Parlaments findet sich noch Schlimmeres.

picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

Deutschland ist um ein neues Partyspiel reicher: Habeck-Memory. Gespielt wird in Duos. Einer der Spieler nennt ein großes deutsches Unternehmen und der andere muss raten, wie viele Stellen dieses gerade abbaut. Die Ampel ergänzt mit ihrer Wirtschaftspolitik dieses Spiel derzeit täglich um neue Daten. Jüngst kam DB Schenker dazu. Spoileralarm. Die Güter-Sparte der Bahn baut 5300 Stellen ab.

Angesichts dieser Umstände versucht nicht einmal „Wirtschaftsminister“ Robert Habeck (Grüne), die Lage schön zu reden. Er räumt bei der Vorstellung seines Haushaltes im Bundestag eine „Produktionsschwäche“ der deutschen Wirtschaft ein. Dafür nennt Habeck viele Gründe. Keiner davon ist aber der zuständige Minister – also er selbst.

Es habe eine „konjunkturelle Wirtschaftsschwäche“ gegeben. Die habe die Ampel in Deutschland erfolgreich bekämpft. Sagt Habeck. Nun gab es mit Beginn des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine in der Tat weltweit eine konjunkturelle Schwäche. Doch fast alle Industrienationen genießen mittlerweile wieder Wachstum. Die deutsche stagniert indes und schrumpft sogar. Die Wirtschaftsminister haben die konjunkturelle Schwäche also erfolgreich bekämpft – nur halt nicht der deutsche.

Dann habe Deutschland eine strukturelle Wirtschaftsschwäche. Zu der gehöre ein Fehlen von Innovationskraft, genügend Arbeitnehmern oder funktionierender Straßen, Schienen oder Breitband-Verbindungen. Hinzu kommt als dritter Grund für die Schwäche noch laut Habeck die Opposition die für „Verunsicherung“ sorge, weil sie das Land schlechtrede.  Fassen wir den „Wirtschaftsminister“ zusammen: Die Union hat eine schwache Wirtschaft hinterlassen, Habeck sie aufgepeppelt, aber das merke keiner und könne auch nicht erfolgreich sein, weil die Union jetzt die Lage schlecht rede. Seit Pontius Pilatus hat keiner so entschlossen die Verantwortung für sein Handeln von sich gewiesen wie Robert Habeck im Bundestag.

Diese Sicht auf die Dinge sei maximal absurd? Das lasse sich an Absurdität nicht mehr steigern? Nicht so schnell. Erst einmal Frank Junge von der SPD eine Chance geben. Der kennt den wahren Grund für die schlechte Bilanz der Ampel: Putin. Die Ampel habe aber effektiv dagegen gearbeitet. Ohne SPD, Grüne und FDP wäre die Wirtschaft in den letzten Jahren um mindestens fünf, vielleicht sogar zehn Prozent geschrumpft. Die Sicht eines Sozialdemokraten. Im Saarland würde man sagen: „Is moh was anneres.“

Zurück in die Realität holt Jens Spahn (CDU) die Debatte. Der aktuell vielleicht beste Redner im Bundestag. Er beginnt seine Ausführungen mit Habeck-Memory. Binnen kurzem kommt er darin auf über 30.000 Punkte – also auf über 30.000 Stellen, die Deutschland in der Folge der Ampel-Politik verloren gehen. Oder wie es Habeck sagen würden: Unternehmen, die rechtzeitig aufhören zu produzieren, bevor sie in die Insolvenz gehen müssen. Wobei auch da die Zahlen steigen und steigen und steigen.

Spahn räumt mit Habecks Irrtümern auf: Der „Wirtschaftsminister“ glaube, durch „Transformation“ ließe sich Wachstum herbeisubventionieren. Es sei umgekehrt, nur mit Wachstum im Rücken lasse sich die Wirtschaft umbauen. Doch Letzteres entspricht laut Spahn nicht Habecks Weltbild. Dem sei es am liebsten, wenn der Wirtschaftsminister bestimme, wer in Deutschland noch produzieren darf. Das zeige sich in Habecks Energiepolitik der „flexiblen Lasten“. Mit diesen würde der Staat die Produktionszeiten lenken und der Minister bestimmen, wer wann produzieren dürfe. Diese Politik sorge für Frust und Verunsicherung, mahnt Spahn und erinnert an die Schuld der Regierung am Wahlerfolg von AfD und BSW: „Sind Sie schon mal auf die Idee gekommen, dass es Ihre Politik ist, die zu diesem Vertrauensverlust führt?“

Leif-Erik Holm (AfD) erinnert an eine zentrale politische Entscheidung, die zwar schon unter der Union begonnen hat – die aber Habeck forciert hat: dem Ausstieg aus der Kernkraft. Trotz der „Zeitenwende“, die mit dem Ukraine-Krieg begonnen hat, hielt Habeck an diesem Ausstieg fest. Wie Dokumente belegen, die Journalisten gegen den Willen der Ampel vor Gericht freiklagen mussten, hat Habeck gezielt Daten unterdrückt und verfälscht dargestellt, die gegen diesen Ausstieg gesprochen hätten.

Entgegen Habeck, der alle Schuld für die wirtschaftliche Lage von sich weist, ist dieser Teil des Ausstiegs aus der Kernkraft eben doch Habecks Schuld: „Ihre Wünsch-Dir-Was-Prognosen gehen nicht auf“, sagt Holm dem „Wirtschaftminister“, dessen Transformation sei ein „planwirtschaftliches Hirngespinst“. Das belege gerade der Ausstieg aus der Kernkraft. Ohne den hätte der Bund mehr Geld, ginge es der Wirtschaft besser und wäre der CO2-Ausstoß Deutschlands niedriger.

Wie gefährlich die Lage ist, daran erinnert Julia Klöckner (CDU). Mit den Worten von Habeck und Finanzminister Christian Lindner (FDP). Die beiden haben zum Jahresbeginn gesagt, es sei „politisch und in sozialer Hinsicht gefährlich“, wenn die deutsche Wirtschaft, wie damals prognostiziert, nur um 0,2 Prozent wachsen würde. Nun ist sie sogar geschrumpft.

Angesichts dieser Lage sei es „unterlassene Hilfeleistung“, was die Ampel in der Wirtschaftspolitik betreibt, sagt Klöckner. Statt gegen das Schrumpfen der Wirtschaft anzugehen, belaste die Regierung unter Habeck diese noch: mit der Erhöhung der LKW-Maut. Mit abrupten Förderstopps. Oder mit zusätzlichen Dokumentationspflichten. Für die deutsche Wirtschaft gebe es mittlerweile 12.000 Dokumentationspflichten. Diese Gängelung entspreche der grünen DNA.

Klöckner findet ein erschreckendes Beispiel dafür, wie sehr die Ampel die Wirtschaft mit Dokumentationspflichten gängelt. Neu sei ein „Beschwerdemanagement“, das die Ampel im Zusammenhang mit dem Lieferkettengesetz einführt. Demnach müssen diese nachweisen, warum es Probleme mit der Frage gibt, woher sie ihre Ware oder ihre Rohmaterialen beziehen. Gibt es keine Probleme, erhalten die Firmen eine staatliche Abmahnung. Deren „Beschwerdemangement“ sei nicht gut genug. Die Idee der Ampel: Es müsse Probleme mit den Lieferketten gebe. Fehlen diese, hat sich das Unternehmen aus Sicht der Ampel schuldig gemacht, weil es nicht gut genug gesucht hat.

Die Ampel hat zum Schrumpfen der Wirtschaft – neben Putin – zwei Erklärungen: die Union, weil sie früher schlechte Politik gemacht habe und heute gute Politik schlecht rede. Die Botschaft der Ampel lautet: Wählt uns, wir können die Probleme zwar nicht ändern, aber sagen, wer daran Schuld ist. Immer weniger Wähler lassen sich davon anlocken. Spätestens in einem Jahr dürfte es daher mit der Ampel zu Ende gehen – bis dahin wird das Habeck-Memory aber noch um viele Daten angereichert.

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