Spätestens mit Beginn der Ära Baerbock brach im deutschen Außenministerium das Zeitalter der „feministischen Außenpolitik“ an. Was anfänglich, wie immer, vor allem empathisch (weil weiblich) verkauft wurde und sich in Bildern vom Brunnen- und Toilettenbau in Afrika widerspiegelte, entpuppte sich, wie immer, blitzschnell als Mogelpackung.
Statt Linienflug setzte es Kerosinablass über dem Persischen Golf, statt empathischem Eingehen auf die Bedürfnisse von (ehemaligen) Entwicklungsländern, die alles tun, um diesen Status hinter sich zu lassen, setzte es neokoloniale Belehrungen eines Deutschlands, das alles tut um diesen Status für sich zu erlangen, und statt aktiver Vermittlung in Krisengebieten, setzt es Fotoshootings am Strand mit der Außenministerin, als übe sie schon für ihre nächste Karriere als Model im Quelle-Katalog.
Nachdem sich eben besagte (ehemalige) Entwicklungsländer nicht mehr von Deutschland sagen lassen wollen, wie sie ihre Energie- und Sicherheitspolitik handhaben sollten, verscherzt das deutsche Außenministerium es sich nun auch ganz offen mit den USA und braucht für Spott und Hohn nicht zu sorgen.
Im Glashaus sitzend Steinlawinen auslösen
Donald Trump hatte im Zuge des TV-Duells mit Kamala Harris Deutschlands Energiepolitik als abschreckendes Beispiel ins Feld geführt. Jeder, der hierzulande Stromrechnungen begleichen muss, würde ihm unumwunden zustimmen. Für die englischsprachige Social-Media-Abteilung des Auswärtigen Amtes allerdings kein Grund, kleine Brötchen zu backen. Stattdessen nahm man auf X vollen Anlauf und landete bravourös – denn Übung macht den Meister – mit einem Bauchklatscher im diplomatischen Fettnäpfchen.
„Ob ihr es mögt, oder nicht: Das deutsche Energiesystem ist mit über 50% erneuerbarer Energien voll einsatzfähig. Und dabei bauen wir nicht, sondern schließen Kohle- und Kernkraftwerke. Spätestens bis 2038 wird Kohle aus dem Netz verschwunden sein. PS: Wir essen auch keine Katzen und Hunde. #Debate2024“
Den Seitenhieb auf die Ernährungsgewohnheiten der Haitianer konnte sich das Auswärtige Amt natürlich in der triumphalen Stimmung nach der TV-Debatte nicht verkneifen. Bleibt zu hoffen, dass die mittlerweile vermehrt kursierenden Videos von Migranten in den USA, aber auch in Italien, die sich an Haustieren laben, nicht auch schon bald zur neuen Normalität in Deutschland gehören. Doch selbst wenn, würde das die Verantwortlichen beim Auswärtigen Amt wohl kaum scheren.
Was allerdings doch ein wenig Wirkung erzielte, waren die zahlreichen Reaktionen auf das Posting des Auswärtigen Amtes. Dabei traf man auf altbekannte Fakten: Dass Deutschland ohne großzügige Importe von Atomstrom aus Frankreich mittlerweile kaum über die Runden käme. Dass Deutschland im Vorjahr noch vor Polen europaweit den meisten Strom aus Kohle gewann, oder natürlich auch der obligate Hinweis darauf, dass Deutschland für die Politik der Energiewende bitter mit den teuersten Strompreisen der Welt zahlen muss. Eine Sorge, die zwar die Mitarbeiter im Auswärtigen Amt nicht kümmern mag, die aber von der zahlenden Bevölkerung nicht wirklich als „Erfolg“ gewertet wird.
Es entpuppte sich ein wahres Sammelsurium an Belegen für die verfehlte Energiepolitik in den Kommentaren. Da wurden Artikel des Wall Street Journals geteilt, das bereits 2019 von der „dümmsten Energiepolitik der Welt“ schrieb. Oder es wurde die Umdichtung thematisiert, der industrielle CO2-Ausstoß wäre rückläufig, ohne dabei zu erwähnen, dass dies vor allem an der Abwanderung der Industrie ins Ausland liegt. Oder die Tatsache, dass Deutschland funktionierende Atomreaktoren schloss, um stattdessen Milliarden in den Ausbau neuer Gaskraftwerke zu stecken. Und so weiter, und so fort.
Ganz spurlos ging diese Kritik am Auswärtigen Amt nicht vorüber, denn in einer Nachfolgeerklärung – die allerdings nicht auf Englisch erschien – wurde bereits zurückgerudert. Nicht der gesamte Energiebedarf werde zu 50% aus erneuerbaren Energien gedeckt, nur der (absurd teure) Strom. Und selbst für diese Rechnung musste einiges geschoben werden, bevor in der nun anbrechenden dunklen Jahreszeit die Produktion von vor allem Solarenergie noch einmal massiv rückläufig wird.
Schock: Patzige Diplomatie hat Folgen!
Während man aber mit dem Widerspruch der eigenen Bevölkerung auf X noch gut leben kann, erweist sich der Beitrag des Auswärtigen Amtes auch als diplomatischer Fauxpas erster Klasse. Der ehemalige US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, der alleine auf X viermal so viele Follower verzeichnen kann wie das Auswärtige Amt auf seinem englischsprachigen Kanal, stieß nämlich ebenfalls auf den Spottbeitrag des Ministeriums, zeigte sich empört und bezeichnete den Beitrag als „eklatante Einmischung in die Wahl durch die deutsche Regierung“, die schlimmer sei „als die russische und iranische Einmischung“.
„Wir sehen das deutlich und werden entsprechend reagieren.“
Nun könnte sich diese Drohung bei einem möglichen Wahlsieg von Kamala Harris als relativ folgenlos erweisen, doch stellt sich dennoch die Frage, wie lange Deutschland sich auf dem internationalen Parkett mit seiner Auslegung der „feministischen Außenpolitik“ und der daraus resultierenden Fettnäpfchen-Diplomatie noch blamieren möchte. Denn das Ansehen Deutschlands hat bereits in den letzten Jahren international stark gelitten. Sollte man es sich nun auch noch mit dem engsten Verbündeten aus Übersee verscherzen wollen, stünde Deutschland mal wieder alleine am Beginn seines eigenen Sonderwegs. Es darf aber bezweifelt werden, dass allzu viele Deutsche sich auf diesen Weg freuen würden.