Tichys Einblick
Zu Cum-Ex und Cum-Cum

Ex-Oberstaatsanwältin Brorhilker: „Wir haben eine Zwei-Klassen-Justiz“

„Finanzkriminalität wird zu lasch verfolgt. Wir haben eine Zwei-Klassen-Justiz.“ So Ex-Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker in einem Interview zu den Cum-Ex- und Cum-Cum-Skandalen. Auf die Frage nach der Rolle von Olaf Scholz bleibt sie eher sibyllinisch.

Anne Brorhilker, Kölner Staatsanwältin, im Gerichtssaal, Bonn, 04.04.2022

Wenn es um kriminelle Bänker und ergaunerte Milliarden geht, mahlen die Mühlen des Rechtsstaates ganz langsam, oder sie haben den Betrieb gänzlich eingestellt. Mindestens (!) 30 kriminell abgezockte Cum-Ex- und Cum-Cum-Milliarden Euro müsste sich der deutsche Fiskus von diversen Banken und Bänkern zurückholen.

Aber: Es passiert fast nichts. Ganz offenbar hat die Finanzlobby hier sehr erfolgreiche Arbeit geleistet. TE hat laufend, zuletzt am 23. August 2024, über den Skandal, der einer Bananenrepublik zur Ehre gereichte, berichtet.

Nun hat Ex-Obststaatsanwältin Anne Brorhilker in einem Interview mit der Frankfurter Neuen Presse (FNP) erneut ein wenig Einblick in ihre elf Jahre währende Ermittlungsarbeit gegeben.

Brorhilker hatte ihr Amt im April 2024 unter politisch und persönlich nicht restlos nachvollziehbaren Umständen aufgegeben und war als Geschäftsführerin zur NGO „Finanzwende“ gegangen.

Im FNP-Interview vom 9. September redet Brorhilker aus dem Nähkästchen. Interessant ist vor allem, was Brorhilker über die Rolle der Politik bei der Ahndung von Steuerraub sagt. Nachfolgend einige Kernaussagen aus dem Interview:

Manche Banker seien außer Rand und Band. Die Banken könnten weiter in die Staatskasse greifen. Es gebe Nachfolgemodelle zu Cum-Ex. Kronzeugen könnten das bestätigen.

Zusammenfassend bringt es Brorhilker auf folgende drei Punkte:

Rolle von Olaf Scholz

Zum Ende des Interviews wird auch Kanzler Scholz (SPD) zum Thema. Da allerdings wird Brorhilker eher sibyllinisch. Sie wird gefragt: Was habe Scholz gewusst? Antwort Brorhilkers: „Das ist die Frage.“ Nachfrage der FNP: „Wenn Sie den Kanzler treffen könnten, was würden Sie ihm sagen?“ Antwort Brorhilker: „Ich habe mich, zusammen mit Kollegen, schon mal mit ihm getroffen. Es ging darum, dass wir aufgrund starker Indizien vermutet haben, dass der Steuerraub weitergeht. Dazu wollten wir ihn informieren.“

Erneute Nachfrage der FNP: „Und wie hat er reagiert?“ Antwort Brorhilker: „Er hat sich das angehört.“ Um dann ganz allgemein anzufügen: „Ich wünsche mir, dass er als Politiker an Fakten interessiert ist und an Ermittlungsergebnissen. Ich wünsche mir ein echtes Interesse daran, wie es passieren konnte, dass uns knapp 40 Milliarden Euro fehlen und wie man das Geld der vielen ehrlichen Steuerzahler in Deutschland wieder zurückholen kann.“

Nun denn! Scholz wird es schon richten. Er ist laut Karl Lauterbach ja der beste Kanzler, den Deutschland je hatte. Und er, Scholz, wird sich auch diesem Steuerraub in der von ihm bereits jetzt herbeiphantasierten zweiten Amtszeit widmen. Oder?

Den Cum-Ex/Cum-Cum-/Warburg-Bank-Untersuchungsausschuss des Bundestages, so er denn kommt, wird Scholz mittels amnestischen Syndroms überstehen. Zur Erinnerung: Im April 2023 beantragte die Union zur Aufarbeitung des Warburg-Steuerskandals die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Dieser sollte auch die Rolle von Scholz klären. Die nötige Stimmenzahl hatte die Fraktion. Im Juli 2023 erklärte die „Ampel“ mit ihrer Mehrheit den Antrag jedoch für verfassungswidrig.

Begründung: Das sei keine Sache des Bundes, sondern des Landes Hamburg. Die CDU/CSU-Fraktion reichte schließlich in Karlsruhe Organklage gegen den Bundestag ein, weil die Regierungskoalition einen Untersuchungsausschuss zur politischen Glaubwürdigkeit von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verhinderte. Im Februar 2024 beantragte die „Ampel“ in Karlsruhe Fristverlängerung; sie wurde ihr gewährt. Warum wohl?

Anzeige

Die mobile Version verlassen