Tichys Einblick
Lichtblick Antje Hermenau

Hart aber Fair: Mit Feine Sahne Fischfilet gegen die Spaltung der Gesellschaft

Bei Hart aber Fair ist man noch immer nicht über die Wahlergebnisse der letzten Woche hinweg. Um die Frage „Die große Vertrauenskrise – Versteht die Politik die Bürger noch?“ mit einem ziemlich umständlichen „Joa nö, aber AfD geht halt auch nicht“ zu beantworten, hat Louis Klamroth sechs Gäste versammelt.

Screenprint: ARD / Hart aber Fair

„Gib mir ein Like gegen Deutschland, Deutschland ist scheiße, Deutschland ist Dreck. Heute wird geteilt was das Zeug hält, Deutschland ist scheiße, Deutschland ist Dre…“ Oh da sind Sie ja schon! Ich hab gar nicht gemerkt, dass Sie den Artikel schon angeklickt haben, ich war noch so in meinem Ohrwurm von Feine Sahne Fischfilet versunken, ich weiß auch nicht, wie mir das Lied jetzt plötzlich einfällt.

Nun also Konzentration. Bei Hart aber Fair ist man noch immer nicht über die Wahlergebnisse der letzten Woche hinweg. Um die Frage „Die große Vertrauenskrise – Versteht die Politik die Bürger noch?“ größtenteils mit einem ziemlich umständlichen „Joa nö, aber AfD geht halt auch nicht“ zu beantworten, hat sich Louis Klamroth sechs Gäste zusammengestellt.

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Da haben wir zunächst mal den Innenminister von Nordrhein-Westfalen Herbert Reul. Der hat zwar total Verständnis dafür, weshalb die Leute unzufrieden mit der Regierung sind, auf die Frage von Klamroth, ob die CDU immer noch die „Wir schaffen das“-Partei ist, antwortet er aber mit ja. Also gar nix verstanden. Er versteht das als Frage des Tatendranges und des Optimismus. Offensichtlich hat er absolut nicht mitbekommen, dass „Wir schaffen das“ für viele Bürger eine zynische Verspottung darstellt, den Anfang vom Ende, das, was uns in so viele Probleme überhaupt erst reingeritten hat.

Neben Reul sitzt Mirko Geißler. Wenn Sie sich seinen Namen nicht merken können, brauchen Sie sich nicht schlecht fühlen, denn das tat in der Runde auch keiner, jedenfalls nannten ihn alle nur „den Bürgermeister“. Bürgermeister ist er allerdings auch, von Grünhain-Beierfeld in Sachsen, was Sie sich aber auch nicht merken müssen, weil Klamroth den Namen der Stadt auch nicht erwähnenswert fand. Was die Aufgabe von Geißler war, ist nicht so ganz klar, wenn man sich anschaut, dass Klamroth ihn eigentlich gar nicht wirklich einsetzen wollte. Er sollte wohl als parteiloser, mehr oder weniger Konservativer die Vermittlerpartei zwischen den Wutbürgern und den etablierten Parteien spielen.

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Dann war da noch Gilda Sahebi, Autorin und Journalistin, die unter anderem schon für Taz, Spiegel und ARD gewirkt hat. Sie ist ausgebildete Ärztin, hat aber vor allem im Besorgt-gucken promoviert. Sie ist, das muss man ihr schon irgendwie lassen, eine von den vernünftigeren Linken, mit denen man noch irgendwie reden kann. Sie ist nicht gänzlich unempfänglich für Argumente von der konservativen Seite, springt auf die Schlagworte aber an. Die AfD sei „in ihrem Hass authentisch“, erklärt sie etwa über den Erfolg der Partei und, dass viele Fachkräfte neben der schlechten Digitalisierung auch wegen des Rassismus nicht nach Deutschland wollen.

Zu Anfang der Sendung sitzt neben Sahebi noch Petra Köpping. Sie ist „Staatsministerin für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt“ in Sachsen. Wenn ich könnte, würde ich gerne einen ganzen Aufsatz darüber schreiben, wie dieser Titel allein schon alles über den Niedergang unserer Gesellschaft aussagt, was gesagt werden muss. Ich werde mich aber kurz fassen. Nicht nur klingt das nach etwas, was es in der DDR wohl auch gegeben hätte, zweitens ist Frau Köpping für diesen Job wirklich denkbar schlecht gewählt. Sagen wir so, ’ne Sympathieträgerin ist sie nicht. Sie behauptet von sich selbst, als Bürgermeisterin hätte sie noch Wert darauf gelegt, Nachbarschaftsstreitigkeiten zu schlichten, da das ja die Quelle allen Übels sei.

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Zwischen Sahebi und Köpping wird im letzten Teil der Sendung noch jemand zwischen gequetscht, ein Gast über den, wie es scheint, besonders Louis Klamroth sich freut: Jan „Monchi“ Garkow, Sänger der Band „Feine Sahne Fischfilet“. Oh nein, da geht mein Ohrwurm wieder los! „Wir stellen unseren eigenen Trupp zusammen und schicken den Mob dann auf euch rauf! Die Bullenhelme, die sollen fliegen, eure Knüppel kriegt ihr in die Fresse rein! Und danach schicken wir euch dann nach Bayern, denn die Ostsee soll frei von Bullen sein.“

Man kann Klamroth allerdings nicht vorwerfen, dass es ihn völlig kalt lässt, ob er im Internet kritisiert wird oder nicht. Die meiste Zeit merkt man das daran, dass er – je nachdem, aus welchem Lager die Kritik kommt – bockig oder defensiv wird. Auch dieses Mal hat er die Kritik, die es im Vorfeld gab, weil er „Monchi“ eingeladen hat (den er übrigens liebevoll duzt), schon mitbekommen.

Er hat das nicht genutzt, um seinen besten Kumpel wieder auszuladen. Stattdessen hat er sich für ihn eine Verteidigungsstrategie überlegt. Auf die polizeifeindlichen Lieder spricht er den Sänger direkt an. Er fügt noch im gleichen Satz hinzu, dass die Band sich ja davon schon längst distanziert habe, die Lieder nicht mehr aufführe und nicht mehr zum Verkauf stelle.

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Dann kommt er zu seiner Frage – ob nicht gerade diese Wut und Radikalisierung in der Jugend, die Monchi ins Linksextreme gedrängt hat, ihn auch genauso leicht ins rechte Spektrum hätten drängen können, und ob diese Lieder damit nicht gerade ein perfektes Argument gegen die AfD wären, will Klamroth wissen. Eine Suggestivfrage wie aus dem Bilderbuch. Monchi, der merklich Schwierigkeiten beim Denken hat – so sehr, dass man es manchmal förmlich rattern hört –, braucht darauf nur noch mit Ja zu antworten. Er fügt dann an, dass die „Faschos“ heute die Coolen sind und junge Männer wie ihn damit leicht fangen können.

Es gab aber noch einen Gast. Antje Hermenau, Politikberaterin und TE-Autorin – auch von Büchern die man im Tichys Einblick Shop kaufen kann –, wirkte zwischen dem ganzen Theater wie eine Entschuldigung an meine Nerven. Dass Antje Hermenau zu kritisch und abseits vom Mainstream für den Geschmack der ARD ist, konnte man schon daran erkennen, dass bei ihren Beiträgen immer nur ganz vereinzelt Zuschauer sich trauten zu klatschen. Die anderen Gäste schienen sie zu meiden, griffen sie an, waren viel strenger mit ihr.

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Doch Frau Hermenau hat darauf auf eine Art reagiert, die ich in den ganzen Jahren, in denen ich nun schon Talkshows rezensiert habe, noch nie von einer in die Enge getriebene „Rechten“ im Öffentlich-Rechtlichen gesehen habe. Sie wirkte überhaupt nicht in die Enge getrieben. Sie wurde auch nicht aggressiv oder von dem Umgang berührt. Sie lachte über Witze, die sie lustig fand, egal von wem, stimmte zu, wenn sie etwas richtig fand, egal von wem. Sie machte noch Späße über sich selber, aber wurde hart und bestimmt, wenn sie es für nötig hielt.

Die Ausgrenzung schien sie nicht zu merken oder zumindest sich nicht beirren zu lassen. Sie ließ ganz einfach gar nichts an sich ran, ließ sich von nichts treiben und passte ihr Verhalten und ihre Meinung an nichts und niemanden an. Wäre es nach ihr gegangen, wäre das Ganze eine sympathische entspannte Runde gewesen, in der ernsthaft diskutiert, aber auch gelacht wird. Wäre es nach ihr gegangen, wäre diese Sendung ein kleiner Schritt in Richtung Versöhnung geworden. Gegen die Spaltung, die man in der Politik und im ÖRR doch immer so beklagt.

Doch als sie von vergewaltigten Frauen spricht, hört ihr niemand zu. Als sie die Ergebnisse der AfD analysieren will, unterbricht sie Klamroth mit der Ankündigung eines Faktenchecks. Als sie von den Vorgängergenerationen spricht, die ihr ganzes Leben lang gearbeitet haben und nun vom Staat sabotiert werden, stöhnt Köpping laut und entnervt. So viel zum Thema Zusammenhaltsministerin. Insofern ist der Titel wirklich ein Sinnbild für unsere Gesellschaft – und diese Sendung.

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