Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Die SPD des Kanzlers Olaf Scholz dümpelt bei der Sonntagsfrage derzeit bei 14 bis 15 Prozent vor sich hin. Bei den Wahlen der letzten elf Monate in den Bundesländern waren es für die Scholz-SPD meist noch weniger, zum Teil viel weniger als 10 Prozent: am 1. September 2024 dünne 6,1 Prozent in Thüringen und 7,3 Prozent in Sachsen. Am 8. Oktober 2023 kam die SPD in Bayern auf 8,2 Prozent, am selben Tag in Hessen mit SPD-„Spitzenfrau“ Nancy Faeser reichte es nur für 15,1 Prozent auf Platz 3 – deutlich hinter der AfD und ganz knapp vor den Grünen. https://dawum.de/SPD/
Im (vormaligen) SPD-Stammland Brandenburg droht der Scholz-Partei am 22. September bei den Landtagswahlen ein Absturz auf 21 Prozent. Man vergesse nicht: Scholz hat seinen Bundestagswahlkreis in Brandenburg; wie übrigens auch seine weltweit mit Vielfliegerei stets übermotiviert um Renommee ringende „grüne“ Außenministerin Baerbock. Die AfD kann im Scholz-/Baerbock-Land auf Platz 1 mit 28 bis 29 Prozent rechnen; die Grünen müssen um ihren erneuten Einzug ins Parlament bangen.
Und überhaupt: Wäre aktuell Bundestagswahl, dann erzielten die „Ampel“-Parteien“ laut INSA vom 6. September in der Summe gerade eben 29 Prozent: SPD 15, Grüne 10, FDP 4. Das sind weniger als die ohnehin dürftigen 31 Prozent, die die CDU bekäme. „Dürftig“ vor dem Hintergrund des permanenten „Ampel“-Desasters! Merz schafft es nicht, daraus mehr Honig zu saugen. Die AfD käme auf 19, die Phantom-, Kader- und One-Woman-Ikonen-Partei BSW auf 10 Prozent. Oder noch anders gerechnet: Die „Ampel“-Parteien erzielten soeben in Sachsen in der Summe mit 13,3 Prozent gerade etwas mehr als ein Drittel der AfD-Stimmen (30,6). Und Thüringen ist es noch krasser. Dort kamen die „Ampel“-Parteien in der Summe auf 10,4 Prozent, die AfD allein auf mehr als das Dreifache: 32,8.
Dazu: Laut ZDF-Politbarometer wollen 0 (in Worten: Null) Prozent der Befragten auch zukünftig die „Ampel“-Koalition. Und Olaf Scholz ist unbeliebter denn je. Selbst die eigenen Anhänger wollen ihn nicht mehr. Klar, der Regierungschef eines Landes wie Deutschland und SPD-„Spitzenmann“ Scholz kann so etwas nicht unkommentiert lassen. Das tut er denn auch. Allerdings in einer Art und Weise, für deren Einordnung man in Lehrbüchern der Wahrnehmungs- und Gedächtnispsychologie oder Psychopathologie nach Begriffen sucht.
Scholzens „Rechen“-Künste
Was gibt Scholz von sich? Der Knallersatz lautet: „Ich rechne fest damit, dass die SPD und ich auch die nächste Regierung anführen werden.“ Im Mathematikunterricht kennt man das als Mathasthenie bzw. Dyskalkulie.
Diese „Rechnung“ gibt Scholz jedenfalls am 7. September im „Tagespiegel“ zum Besten. Bereits die Antwort auf die erste Interviewfrage hat es in sich: „Herr Bundeskanzler, sind Sie noch der Richtige, um Deutschland zu dienen?“ Antwort Scholz: „Klar. Die Bundesregierung hat große Krisen gemeistert, insbesondere nach dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. Wir haben sichergestellt, dass die Wohnungen warm bleiben und die Industrie weiter produzieren kann.“ Letzteres erinnert fatal an des Wirtschaftsministers Robert Habeck (Grüne) Definition von Insolvenz vom September 2022 bei „Maischberger“: „Ich kann mir vorstellen, dass bestimmte Branchen einfach erstmal aufhören zu produzieren.“ Das seien nicht automatisch Insolvenzen, aber sie hören vielleicht auf zu verkaufen“, sagte Habeck.
Warum verbreitet Scholz solche Radio-Eriwan-Botschaften im „Tagesspiegel“? Klar, damit es nicht zu viele Bürger und Wähler mitbekommen. Die Zahl der Leser, die hier den Kopf schütteln, ist nämlich erheblich geringer, als wenn Scholz das in einem „großen“ ARD- oder ZDF-Interview vom Stapel gelassen hätte.
Muss man Scholzens Interview im „Tagesspiegel“ ganz lesen? Eigentlich nicht. Allenfalls interessant sind zwei Passagen. Wenn Scholz etwa sagt: Auch Pistorius wolle wie viele andere, „dass ich wieder als Kanzler antrete.“ Nein, so taktisch minderbemittelt ist Pistorius nicht, etwas anderes zu suggerieren. Vorläufig, seine Zeit kommt noch. Hier ist interessant, dass Pistorius das nicht selbst öffentlich verkündet.
Oder wenn Scholz sagt: „Im Übrigen habe ich in meinem politischen Leben schon einige Wahlen gewonnen, obwohl Umfragen das nicht nahelegten.“ Das klingt nach einem Merkelschen „Wir schaffen das!“ Scholz erinnert hier implizit daran, dass seine SPD bei der „Sonntagsfrage“ noch im Frühjahr 2021 bei 16 bis 18 Prozent lag, bei der Bundestagswahl am 26. September 2021 aber doch 25,7 Prozent einfuhr. Allerdings: Dazwischen hatte die CDU den Merkel-Favoriten Armin Laschet zum Kanzlerkandidaten gekürt. Ein vergleichbarer Fehlgriff sollte der CDU samt CSU zur Wahl 2025 wohl nicht unterlaufen.
Nicht einmal die Brandenburg-SPD will Scholz
Nun gut: Scholz bekommt den Rücken von „Größen“ wie Kevin Kühnert, Saskia Esken und Karl Lauterbach gestärkt. Warum wohl? Die drei dieser Kategorie würden mit einem in der Versenkung verschwundenen Scholz im gleichen Moment ebenfalls im SPD- und im medialen Nirwana verschwinden. Lauterbach voran: Hat er doch Scholz zum „besten Kanzler, den wir je hatten“ erklärt. Lauterbach: der größte Gesundheitsminister, wo gibt und es jemals gab! Gottlob ist der Diagnose-Gigant Lauterbach kein praktizierender Arzt.
Vor Ort sieht man das anders: Brandenburgs SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke möchte Scholz nicht im Wahlkampf haben. Und Brandenburgs SPD-Vize und Finanzministerin Katrin Lange empfiehlt der SPD-Bundes-Co-Vorsitzenden Esken und dem SPD-„General“ Kühnert, mindestens bis zur Brandenburg-Wahl am 22. September auf Talkshow-Auftritte zu verzichten.
Scholz und der Dunning-Kruger-Effekt
Und Scholz selbst? Er ist ein bestenfalls mittelmäßig begabter Schauspieler, der mit aufgesetzt überheblich-zynischem Lächeln auf Hochstapler macht und Überlegenheit mimt. Dunning-Kruger-Effekt nennt man das seit 1998 in der Psychologie – benannt nach den beiden US-Psychologen David Dunning und Justin Kruger. Beide hatten festgestellt, dass Unwissenheit oft zu mehr Selbstvertrauen führt als Wissen. Mit anderen Worten: Diese Leute überschätzen sich maßlos, und sie unterschätzen ihr Umfeld. Letzteres dürfte gerade bei Scholz der Fall sein: Er hält die Wählerschaft für so bescheuert, ihn, Scholz – wie von Prof. Dr. med. Karl Lauterbach vorgegeben – für den größten Kanzler aller Zeiten („GröKaZ“) zu halten.
Kognitive Dissonanz zugunsten der Einbildung kann man das nennen, oder auch progrediente Paranoia. Einflüsterer, die Scholz darin bestärken, stehen bereit. Aber diese Einflüsterer sind Leichtmatrosen; siehe Kevin Kühnert oder Saskia Esken. Was Scholz ansonsten in Kabinett und Fraktion im Rücken hat, kann er ohnehin abhaken. Sollten ihm etwa eine spendable Entwicklungshilfeministerin Svenja Schulze oder eine restlos erfolglose Bauministerin Klara Geywitz beispringen? Geywitz wer? Das war Ende 2019 Scholzens Tandempartnerin bei der erfolglosen Bewerbung der beiden um den SPD-Vorsitz. Oder soll eine Nancy Faeser Scholz beispringen? Sie hat ja bei der Wahl zum Hessischen Landtag vom 8. Oktober 2023 bewiesen, wie man die SPD mit 15,1 Prozent auf Platz 3 eindost.
Apropos Gedächtnispsychologie: Man unterscheidet zwischen Störungen des Langzeit- und des Kurzzeitgedächtnisses. Bei Scholz scheint mittlerweile beides angeknackst: In Sachen Cum-Ex-, Cum-Cum und Warburg-Bank dürfte er (proaktiv?) einer Störung des Langzeitgedächtnisses ausgesetzt sein. Diese „Sachen“ liegen ja mehr als sieben Jahre zurück. Um Störungen des Kurzzeitgedächtnisses handelt es sich, wenn das „Vergessene“ (oder traumatisch Verdrängte) gerade eben eine Woche zurückliegt: Siehe die Wahlen vom 1. September. Solche Erinnerungslücken dürften ein noch gravierenderes gedächtnispsychologisches Erscheinungsbild sein. Für einen Regierungschef kein Bewerbungskriterium.