Es ist eine unterhaltsame Sendung. Jedenfalls wenn man entweder Schadenfreude empfinden mag oder sich daran ergötzen kann, wenn Politiker hilflos herumreden und nicht wissen, wo der Ausgang ist.
Die Landtagswahlen am letzten Sonntag wirken auch Mitte der Woche nach. Die spektakulären Ergebnisse aus Thüringen und Sachsen lassen sich nicht einfach ignorieren. Es gärt in der Bevölkerung. Der Zorn über die unfähigen Regierungen im Bund und in den Ländern ist groß. Die AfD und die Wagenknecht-Truppe BSW kommen im Osten fast flächendeckend auf annähernd 50 Prozent der Stimmen. Die Parteien der sogenannten „etablierten Parteien“ können ohne die verteufelte AfD oder wahlweise BSW keine Mehrheit mehr bilden.
Für den Kanzler wird die Sache langsam ungemütlich. Kommen die Genossen in Brandenburg hinter der AfD ins Ziel, dürfte die Zahl der Königsmörder innerhalb der Partei ein bedrohliches Ausmaß annehmen. Das topfebene Brandenburg ist SPD-Stammland. Wenn die AfD hier gewinnt, trifft dies die SPD ins Mark. Die veränderte politische Lage nach den beiden Ostwahlen ist an diesem Abend Thema bei Illner. Es ist eine unterhaltsame Sendung. Wenn man Hilflosigkeit mag und die Aggressivität der Ratlosigkeit aushält.
Während die CDU in ihrer schieren Machtgier auf Kuschelkurs mit dem BSW geht, attackieren die Grünen das BSW umso schärfer. Was eine sich anbahnende Koalition mit Wagenknecht doch so alles möglich macht: Sahra Wagenknecht wird von den Fliegen der CDU umschwärmt wie sonst nichts Gutes und in den Himmel gelobt. Die AfD wird von der Runde verteufelt und pauschal als rechtsextrem abgestempelt. Als hätte man aus dem Wahlergebnis nichts gelernt. Eines hat die Runde jedoch verstanden. Die AfD wird nicht einfach verschwinden. Der Einfluss der Partei auf das politische Geschehen ist gewachsen. Dass ein Vertreter der AfD nicht dabei ist in der Runde: symptomatisch. Man versucht die Ausgrenzung zu perfektionieren mit dem Ergebnis, dass ständig über die AfD geredet wird. Sie ist der rosa Elephant im Raum, beherrscht die Szene und alle haben Angst vor dem nichtanwesenden Ungeheuer.
Alles neu macht der September?
Die AfD ist zum ersten Mal größte Partei in einem Bundesland. Eine neue Partei wird auf Anhieb deutlich zweistellig. Möglicherweise geht die politische Revolution nach 1989 wieder vom Osten aus. Denn egal, welche neuen Landesregierungen sich in Thüringen und Sachsen bilden, alte Gewissheiten werden ad acta gelegt werden. Sollte die Union tatsächlich mit dem BSW koalieren, würde die Partei sich nach linksaußen öffnen. Wagenknechts anti-westliches Bündnis ist ein ziemlicher Kontrast zur Partei von Konrad Adenauer und Helmut Kohl.
Zu einem Bündnis von AfD und BSW wird es hingegen nicht kommen. „Wir schließen eine Koalition mit der AfD aus“, sagt die stellvertretende Vorsitzende Amira Mohamed Ali. Man habe mit der AfD wenige programmatische Gemeinsamkeiten, ergänzt sie. Hier flunkert Mohamed Ali ein wenig. Die beiden Hauptschwerpunkte des Wahlkampfs des BSW waren Migration und Ukraine-Krieg. In beiden Fragen gibt es zur AfD keinen Unterschied. Das ist die größte Lüge des Abends: In diesen Punkten sind AfD und BSW weitgehend deckungsgleich. Warum ist die eine dann die Prinzessin und der andere der Frosch, den keiner mag?
Für die Grünen ist das BSW Feindbild. Die sächsische BSW-Spitzenkandidatin sei im Wahlkampf wie eine Pressesprecherin Putins aufgetreten, kritisiert die grüne Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge. Gerne möchte sie Mohamed Ali in die Nähe der AfD rücken. „Die AfD ist auch bundesweit eine rechtsextreme Partei, das müssen Sie klar benennen“, fordert Dröge von Mohamed Ali. Diese weigert sich jedoch, die gesamte Partei als rechtsextrem zu verunglimpfen. Die AfD sei ja erstmal ein Verdachtsfall, meint Mohamed Ali. Alles reichlich viel Theater, wenn man bedenkt, dass der angedichtete Rechtsextremismus von weisungsgebundenen Behörden vorgeworfen wird. Und hört, hört, ein kleines Türchen läßt sich also das BSW offen.
Migration entscheidet die Wahlen
Ist auch nicht weiter verwunderlich. Seit der Merkelschen Willkommenskultur hat sich in Sachen Einwanderung nicht viel geändert. Die Grenzen sind weiterhin sperrangelweit offen, die Zahl der orientalischen Messermänner explodiert und Frauen leben in ständiger Angst vor Belästigung im öffentlichen Raum durch übergriffige Männer südländischer Herkunft. Und jetzt bietet die Politik Lösungen an, die die AfD seit ihrem Bestehen propagiert. Die Union überflügelt die AfD sogar in manchen Vorschlägen. Nur umgesetzt wird nichts. Der rosa Elephant wackelt mit den Ohren. Die Zuschauer sehen das. Die Studio-Gäste pressen die Augen zu.
Der Wähler merkt, dass er nur beim Original die gewünschte Politik bekäme. Angst davor, in die rechte Ecke gestellt zu werden, haben auch immer weniger Wähler. Immerhin: „Sie können von morgens bis abends Demos gegen Rechts machen, nur werden die Leute trotzdem AfD wählen“, sagt Wolfgang Bosbach. Die Schlussfolgerung daraus darf er nicht ziehen.