„Die Mehrheit derjenigen, die derzeit in Europa Asyl suchen, hat keinen Schutzbedarf, und das muss sich ändern.“ Und daraus folgt, dass eine Mehrheit der Asylbewerber Europa wieder verlassen muss, zumindest was Schweden angeht. Denn von der schwedischen Migrationsministerin Maria Malmer Stenergard von den konservativen Moderaterna stammt dieser Satz. Die schwedische Mitte-Rechts-Regierung wird nicht müde zu betonen, dass sie eine wirkliche Kehrtwende bei der Einwanderung vorantreibt.
Das vielleicht Erstaunlichste: Schweden verzeichnet „zum ersten Mal seit 50 Jahren eine Netto-Auswanderung“, also einen negativen Migrationssaldo. Die Zahlen von diesem Jahr (ausgewertet bis Ende Mai) zeigen, dass insgesamt mehr Zuwanderer Schweden verlassen haben, als neu dazukamen. Und das sieht man als Erfolg an. Diese „Entwicklung hin zu einer nachhaltigen Einwanderung“ sei „notwendig, um die Integration zu stärken und die soziale Ausgrenzung zu verringern“, so Wahlström.
In der ersten Hälfte des Jahres 2024 haben nur etwa 5.000 Menschen in Schweden Asyl beantragt. Das sind 25 Prozent weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Der „Anteil Schwedens an der Gesamtzahl der Asylbewerber in Europa“ sinkt damit.
Die Gründe: Glasklar sein, Wohlverhalten fordern, Betrug bekämpfen
Die Gründe für den Erfolg sind vielfältig. Zum einen sei die Regierung „von Tag eins an“ eindeutig gewesen: Wer in Schweden bleiben wolle, müsse die Sprache lernen, sich (wirtschaftlich) selbst erhalten und „die schwedischen Werte“ respektieren.
Daneben hat man die relevante Gesetzgebung schon jetzt verschärft und will weiter in diese Richtung gehen. So würden die Regeln für den Familiennachzug und die Staatsbürgerschaft sowie die „Anforderungen an das Wohlverhalten“, also die Befolgung von Regeln aller Art, gerade verschärft. „Betrug und Missbrauch“ gehe man systematisch an. Daraus folgt offenbar auch der gehäufte Widerruf von Aufenthaltserlaubnissen.
Durch diese Maßnahmen erhöht man laut Wahlström die Anreize, Schweden zu verlassen, für die, die diesen Bedingungen nicht zustimmen wollen. Man überlässt die Ausreiseentscheidung also teilweise den Migranten, ist aber glasklar bei der Formulierung der eigenen Anforderungen.
Zentrale Unterbringung, geringere Leistungen
Daneben kümmert sich die Regierung aber verstärkt um die „Registrierung der Bevölkerung“ – man findet also heraus, welche „Fälle“ sich überhaupt im Land befinden und behördliche Aufmerksamkeit verdient haben. Auch das erhöhe wiederum die Ausreisen.
Daneben sagte Malmer Stenergard laut Bild, dass man auch die Höhe der Sozialleistungen, die Zuwanderer erhalten können, begrenzen will. „Derzeit kann man die gleiche Summe erhalten wie bei einer niedrig bezahlten Vollzeitstelle. Das ist eine absurde Situation, die Anreize schafft, nicht zu arbeiten, sondern stattdessen von der Gesellschaft zu leben.“ Olaf Scholz sieht ja nun ein ähnliches Problem, wenn auch nur bei einem Teil der Asylbewerber, den offenen Dublin-Fällen.
Stenergard: Bildungsniveau in Afrika und Nahost niedriger
Die schwedische Migrationsbehörde schätzt, dass in diesem Jahr rund 11.000 Menschen aus der Ukraine in Schweden Schutz suchen werden (erste Jahreshälfte: 5.500), das sind 3.000 mehr als in der letzten Prognose angenommen. Gleichzeitig wurde die Prognose für die Zahl der Asylbewerber aus anderen Ländern nach unten korrigiert: „Der Trend einer sinkenden Zahl von Asylbewerbern in Schweden hält an“, sagt Annika Gottberg, Generaldirektorin der schwedischen Migrationsbehörde.
Stenergard stellt Unterschiede zwischen verschiedenen Zuwanderergruppen fest: „Wenn man sich die ukrainische Gruppe ansieht, hat sie sich relativ schnell integriert. Sie lernen Schwedisch recht schnell. Ihre Kultur ist im Allgemeinen der schwedischen Kultur ähnlicher als die von Menschen aus Afrika oder dem Nahen Osten.“ In diesen beiden Regionen sei zudem „das Bildungsniveau niedriger“ und „die Kulturen anders“, so Stenergard.
Die Einwanderung aus diesen Kulturkreisen will ihre Regierung daher, so weit es geht, beschränken. Nur so könne man die Integration in die schwedische Gesellschaft sicherstellen. „Wir müssen sicherstellen, dass diejenigen, die kommen, nicht nur physisch die Grenze des Landes überqueren, sondern auch die Grenze zur Gesellschaft überschreiten und Teil dieser werden“, sagte die Ministerin laut Bild.