Tichys Einblick
Reform bei Biomasse

Verrat an der Wärmepumpe: Habeck liebt jetzt Biogas

Er hatte mit harten Bandagen darum gekämpft, doch plötzlich bricht die Wärmepumpen-Förderung ein: 2,4 Milliarden Euro weniger soll es geben. Zugleich entdeckt Wirtschaftsminister Robert Habeck seine Liebe zur Biomasse – aus Wahlkampfgründen?

picture alliance / SVEN SIMON | Frank Hoermann / SVEN SIMON

Nicht nur der ukrainische Präsident wird sich nach diesem Freitag gewundert haben, wozu alles im Bundeshaushalt kein Geld da ist. Bekanntlich sollte wegen der „Einsparungen“ – kann man Abstriche in der eigenen Verschwendungssucht überhaupt so nennen? – keine neuen Ukraine-Forderungen erfüllt werden. Doch auch auf anderem Terrain ergeben sich bemerkenswerte Veränderungen: nämlich bei dem grünen Lieblingskind, der Wärmepumpe.

Zur Erinnerung: Die Bundesregierung hatte mit dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) ein Instrument eingerichtet, um nicht zuletzt den Einbau von Wärmepumpen zu fördern. Im Folgejahr soll er nur noch 14,35 Milliarden Euro betragen – 2,4 Milliarden Euro weniger als 2024. Auch bei den Zuschüssen an stromintensive Unternehmen wird gekürzt. Demnach schrumpft der zur Verfügung gestellte Betrag um 600 Millionen Euro auf 3,3 Milliarden Euro. Die Bild-Zeitung hat zuerst darüber berichtet.

Ein Ministeriumssprecher bemüht sich, den Vorgang richtig einzuordnen: Um eine Kürzung handele es sich im engeren Sinne nicht. Vielmehr gehe man von einem geringeren Bedarf aus. Bereits vorher hatte man berechnet, dass für 2025 ein Volumen von rund 14,5 Milliarden ausreiche. Der Mittelbedarf werde bei der Förderung von Jahr zu Jahr neu berechnet und aktualisiert, so der Sprecher. Das hänge mit Prognosen zusammen und Berechnungen, wie viele Zusagen aus den letzten Jahren im nächsten Jahr zur Auszahlung kämen.

Das macht aber die Sache nicht besser. Denn es bedeutet: Die Bundesregierung hat verstanden, dass immer weniger Leute eine Wärmepumpe wollen. Wenn sie demnach zusichert, dass jeder Bürger seine Förderung erhält, heißt das, dass sie noch von weniger Förderungen ausgeht, damit der Topf nicht ganz aufgebraucht wird.

Oder kürzer: Der Bürger begeht Verrat am Wärmepumpen-Projekt und die Bundesregierung gleicht ihre Erwartungshaltung an. Wenn der energiepolitische Sprecher der Union, Mark Helferich, davor warnt, dass es Parallelen zum Förderstopp bei E-Autos gebe, ist das nicht ganz von der Hand zu weisen.

Keiner kauft Heizungen
Das Wärmepumpen-Desaster von Robert Habeck
Dass CDU/CSU sich allerdings Sorgen um die Wärmepumpen-Förderung der Ampel macht, bedeutet wiederum, dass man de facto diese Politik bei einem Regierungswechsel konsequent weitertragen würde. Die Schwarzen sind in dem Fall grüner als die Grünen.

Robert Habeck glaubt also selbst nicht mehr daran, dass die Wärmepumpe zur Erfolgsgeschichte wird. Die Anreize locken nicht. Dafür versucht der Wirtschaftsminister jetzt auf einem anderen Feld zu punkten: nämlich bei der Biomasse.

Die FAZ berichtet von einem „umfangreichen Biomassepaket“, das Habeck angekündigt hat. „Zum einen sind Anlagen Teile von Wärme- oder Gebäudenetzen. Zum anderen kann Biogas flexibel eingesetzt werden. Also genau dann, wenn wenig Wind weht und keine Sonne scheint“, so Habeck. Aus dem Wirtschaftsministerium hieß es: „Viele haben sich seitdem vor Ort aktiv und innovativ eingebracht, indem sie zum Beispiel klimaschädliche Gülle als Strom nutzbar machen oder Wärmenetze gebaut haben.“

Bei der künftigen Förderung sollen nach Angaben des Ministeriums unter anderem Anlagen mit einem Anschluss an ein Wärme- oder Gebäudenetz bevorzugt werden. Anlagen, die flexibel nach Bedarf produzieren, sollen mehr Förderung bekommen, heißt es weiter.

Trendwende von der Wärmepumpe zu Biogas? Eine Notiz ist verräterisch. Denn es war der grüne Energieminister von Thüringen, Bernhard Stengele, der verbesserte Förderungsbedingungen gefordert hat. Nicht nur in Thüringen, sondern auch anderswo in Ostdeutschland sind Biogasanlagen zukunftsfähiger als Wärmepumpen. Brandenburg etwa hat 464 Biogasanlagen auf 2,5 Millionen Einwohner. Zum Vergleich: Baden-Württemberg hat 1.215 Biogasanlagen auf 11 Millionen Einwohner; in Brandenburg kommt damit eine Anlage auf 5.376, in Baden-Württemberg eine Anlage auf 9.053 Einwohner. In Mecklenburg-Vorpommern beträgt das Verhältnis sogar 1:3036.

Bisher hat Habeck die Biomasse bei der „Energiewende“ vernachlässigt. Nun entdeckt er sie plötzlich wieder. Vielleicht, weil es für die Grünen einer der letzten Rettungsringe ist, um wenigstens bei den pragmatisch geltenden Landwirten im Osten doch noch die letzten Stimmen zu erringen, bevor man in den 4-Prozent-Turm wandert.

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