Lohnt es sich, über das geschmackfreie neue Spiegel-Cover zu sprechen, das die Faschismusgefahr geradezu herbeisehnt? Ja. Denn der Spiegel sagt damit mehr über seine eigenen Absichten und Komplexe aus, als ihm lieb sein dürfte.
Alles Faschisten außer Mutti. So kommt das aktuelle Spiegel-Cover daher, das die Köpfe von Björn Höcke, Marine Le Pen und Donald Trump zeigt. Dabei fällt bereits der erste Schönheitsfehler auf. Geert Wilders, Giorgia Meloni und Viktor Orbán sind bereits an der Macht und damit deutlich bessere Beispiele der Spiegel-Welt. Aber wer legt in der Spiegel-Redaktion schon Wert auf Logik?
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Unter dem Begriff „Hetze“ findet sich im Duden folgende Beschreibung, die hier völlig zusammenhanglos präsentiert wird:
„Gesamtheit unsachlicher, gehässiger, verleumderischer, verunglimpfender Äußerungen und Handlungen, die Hassgefühle, feindselige Stimmungen und Emotionen gegen jemanden, etwas erzeugen“
Freilich wird die Spiegel-Redaktion den Begriff niemals auf ihre eigenen Cover beziehen. Dabei gibt es für das Höcke-Le-Pen-Trump-Trio bereits eine Vorlage: „Die Hassprediger“ aus dem Juni 2016. Darauf abgebildet Frauke Petry und Alexander Gauland in Reichsparteitag-Umgebung. Der Anlass war nicht unähnlich: Damals waren wie heute Landtagswahlen im Osten Deutschlands mit erwartbar hohem AfD-Ergebnis (in damaligen Verhältnissen).
Es gibt für das Cover im Antifa-Stil zwei Erklärungen. Die eine setzt voraus, dass die Spiegel-Crew tatsächlich glaubt, der Faschismus stehe wirklich vor der Türe, und ein Donald Trump, der immerhin vier Jahre US-Präsident war, würde aus irgendwelchen Gründen in den vier verbleibenden Jahren sein Werk vollenden können. Das wäre ein Stück ideologische Verblendung, über die man sich zwar empören mag, aber letztendlich nicht weiter bemerkenswert.
Von Journalisten ist jedoch zu erwarten, dass sie in ihrem Tagesgeschäft genau wissen, was Wörter bedeuten, und insofern auch, was „Faschismus“ tatsächlich heißt. Faschismus war ja immer die nettere Bezeichnung für Hitler im linken Milieu, obwohl es unter Historikern – also Leuten, die tatsächlich etwas von Wörtern und Ideologien verstehen – eine lang anhaltende Diskussion gibt, ob „Faschismus“ außerhalb des historischen italienischen Faschismus überhaupt Sinn ergibt. Der Biologismus der Nazis etwa ist ein singuläres Symptom, wie er außerhalb Deutschlands gar nicht vorkommt, während das Zusammengehen von Ständestaat und Klerus wie in Österreich und Portugal wiederum dem egalitären Gedanken der Nazis äußerst fremd ist.
Aber gut, solche Nuancen haben im Relotius-Blatt keinen Platz. Da prangt schamlos der Titel „Die heimlichen Hitler“. Noch plumper geht es nicht, und die Frage ist berechtigt: Ist es überhaupt fruchtbar, über solche Beiträge zu diskutieren, da man damit einem patronenlosen „Sturmgeschütz der Demokratie“ mit rostiger Patina zu viel Relevanz einräumt?
Doch, es lohnt, weil die Motivation dahinter vieles verrät, was solche Blätter als Wurfgeschoss gegen ihre Gegner einsetzen. Indem der Faschismus-Begriff auf alles ausgedehnt wird, was nicht linksradikal ist, wird die Mitte bis ins linke Lager verschoben. Durch dauernde Wiederholung setzen sich Begriffe fest. Und zuletzt ist zu konstatieren, dass der Spiegel gewollt manichäisch die Welt in Schwarz und Weiß unterteilt, denn eine gelittene Opposition gibt es nicht. In den USA zumindest gibt es keine dritte Wahl. Entweder ist man linksradikal oder Faschist. Die Spaltung der Demokratie, die der Spiegel unterstellt, betreibt er selbst. Konsens ist keiner mehr möglich – wenn es denn kein linker Konsens ist.
Damit heizt der Spiegel aktiv das gesellschaftliche Klima an, und im Falle des Hamburger Magazins muss man hinzufügen: Es hat seit Franz Josef Strauß Methode. Um den politischen Gegner im Zaum zu halten, ist alles erlaubt. Das liegt näher am Selbstverständnis eines Antifa-Blattes als das legendäre „Sagen, was ist“, aber der Spiegel braucht sich um Letzteres sowieso nicht mehr zu kümmern, da sich seine Abonnentenzahl auf ein linkes Milieu beschränkt hat, das bedient werden will, statt seriösen Journalismus zu erwarten. Die Schrumpfung der deutschen Medienlandschaft hat zu einer Klientelisierung beigetragen, ein Zustand übrigens, den man auch bei der Süddeutschen Zeitung und der Zeit beobachten kann, wo Nachrichten in der Echokammer an die Echokammer-Abonnenten gerichtet sind.
Dass zu dieser Echokammer die Grünen gehören, muss nicht weiter erläutert werden. Konstantin von Notz nimmt demnach den Beitrag auch wohlwollend auf, bestätigt und fügt hinzu, dass auch Elon Musk eine ganz schlimme Rolle zukomme. Hat also der Spiegel noch vergessen, den Tesla-Chef zu karikieren, einen weiteren Buhmann zwischen widerhallenden grün-roten Stalaktiten? Ach ja: Der Mythos der „Russia-Collusion“ darf bei keiner linken Verschwörungserzählung fehlen.
Die Spiegel-Story ist damit eine Selbstvergewisserungsstory. Es ist die Bejahung von Ritualen, von althergebrachten Mythen und Verschwörungen, von manichäischem Gedankengut und der Bestätigung der eigenen, richtigen Position im Universum. Am Ende bleibt, angesichts der Komplexität einer sich wandelnden Welt mit ihren Tücken, Ungereimtheiten und häufig unbeantwortbaren Fragen, der Kult. Es ist das Phänomen des Journalisten, der nach dem Trump-Sieg von 2016 mit seiner Frau eine Armbrücke über dem eigenen Sohn baut, weil man mit dem Unfassbaren konfrontiert wird. Es ist Journalismus als Therapie. Magisches Denken wird zu Vernunft und Einsicht deklariert, die dem absoluten Feind abhandengekommen ist.
Dabei ist der Spiegel in seiner Antifa-Rhetorik wenig konsequent. Denn die einzige Partei, die im Osten die AfD im Zaum halten könnte, wäre die CDU. Ginge es dem Spiegel tatsächlich um „die Demokratie“, müsste er nun Grüne, SPD und Linke dazu auffordern, Voigt und Kretschmer zu wählen – ein umgekehrtes Modell zu den kürzlich erfolgten Frankreich-Wahlen, wo die Macronie ihre Kandidaten zugunsten der linken Volksfront zurückstellte. Dass wir derlei Aufrufe nie erleben werden, zeigt, worum es dem Spiegel tatsächlich geht: nicht um die Demokratie, sondern um linksradikale Deutungshoheit. Dass die Christdemokraten aus Sicht der Linken stets mit einem Fuß im Faschismus stehen und unter ständiger Beobachtung sind, wollen diese selbst nicht wahrhaben.
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