Tichys Einblick
Interview Holger Douglas zur 1000. Ausgabe

Für den TE-Wecker war eine ungeheure technische Revolution notwendig

Der Deutschlandfunk war ihm zu ideologisch. Da hat der Journalist Holger Douglas sich gesagt: Dann mache ich mein eigenes Radio, den TE-Wecker. Der lief nun bereits zum 1000. Mal. Wie es weitergeht, erzählt Douglas im Interview.

TE: Sie machen seit drei Jahren den täglichen Wecker für TE, Herr Douglas. Jetzt ist die tausendste Folge gelaufen. Wie kam es zu dem Format? Wieso war da eine Lücke für eine morgendliche Mischung aus Nachrichten und Interviews?

Holger Douglas: Eigentlich habe ich mich über den Deutschlandfunk geärgert. Früher war ich regelmäßiger Hörer. Aber da kann man ja kaum noch zuhören, so ein ideologisch festgefahrenes Einerlei ist das mittlerweile. Also habe ich mich gefragt, was kann man selbst machen. Oder anders herum: Dann muss man schon selbst machen, was man hören will.

War das Format von Anfang an da?

Ganz am Anfang habe ich ein wenig überlegt, wie man das machen könnte, habe rumprobiert mit verschiedenen Formen. Dann hat sich rauskristallisiert, dass die Form mit fünf bis zehn Minuten dauernden Nachrichten die Form ist, die wir können und die für die Leute passt. Recht kurz, knapp und präzise gehalten, ich mag sprachlichen Firlefanz bei dieser Form nicht.

Gab es auch von Anfang an Interviews?

Ich habe gleich am Anfang einige Gespräche mit Roland Tichy selbst geführt. Auch um erst einmal die Technik auszuprobieren und inhaltliche Fragen zu testen. Um zu sehen, wie sich das in die Sendung integrieren lässt. In der Zeit waren es nicht so viele Interviews, wie es jetzt sind. Die Gespräche müssen dramaturgisch zum Rest passen. Inhalte müssen sich kurz zusammenfassen lassen. Und dann muss das ja alles in einer guten Tonqualität sein. Das war am Anfang nicht so einfach. Wir haben keinen großen Technikstab, der sich um Leitungen und guten Ton kümmert. Die 36.000 Angestellten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks warten schließlich erst noch drauf, bei uns arbeiten zu dürfen.

Roland Tichy war in dem nach ihm benannten Medium der häufigste Interviewgast. Das überrascht jetzt wenig. Aber wer war denn außer ihm noch oft dabei?

Susanne Heger. Unsere Korrespondentin in Amerika. Suse ist eine klasse Frau. Selbst eine ehemalige Radiofrau. Sie hat ein gutes Wissen über die USA und sie kann extrem gut druckreif und natürlich auch nicht langweilig formulieren.

Die Stimme bringt sie als ehemalige Radiofrau vermutlich auch mit?

Genau. Das ist in dem Format ein wichtiger Punkt.

Wer war denn der schwierigste Interviewgast?

Es gibt sie. Die schwierigen Gäste. Schwierig etwa, weil sie viele Füllworte sagen, die wir dann später rausschneiden müssen, damit es sich für den Hörer gut anhört. Aber ich müsste überlegen, wer schwierig ist. Vielleicht fällt mir das später noch ein.

Also gut später. Wir fragen noch einmal. Klappt denn mit der Technik immer alles?

Technisch sind die Schaltungen zu unserem israelischen Korrespondenten Rosenberg manchmal schwierig. Das klappt manchmal von der Aufnahmetechnik her nicht. Sie müssen verstehen: Wir haben meistens keine Aufnahmestudios, in denen unsere Gesprächspartner sitzen. Die machen das von zuhause, vom Laptop aus. Da muss ich die Gespräche vorbereiten, mich darum kümmern, dass die Gesprächspartner Headsets oder ein Mikrofon haben.

Was wenn nicht?

Man muss schnell entscheiden: wenn die Tonqualität schlecht und im Augenblick keine andere Möglichkeit besteht, ob das Gespräch so wichtig ist, dass wir es trotzdem führen. Dann müssen wir halt improvisieren und nachträglich zu verbessern versuchen. Etwa über die Tonfilter. Da geht schon einiges. Aber natürlich sind das Einschränkungen technischer Natur, die wir den Hörern aber dann vorab erklären.

Welche Gespräche sind Ihnen inhaltlich in Erinnerung geblieben?

Als wir mit dem Wecker angefangen haben, sind die Amerikaner gerade aus Afghanistan abgezogen. Das fand aus unserer Sicht meistens in der Nacht statt. So konnten wir das natürlich sehr gut in den Wecker integrieren. Beeindruckt haben mich auch immer die Gespräche während und nach Wahlen. Etwa in den USA mit Suse Heger oder in Deutschland mit Peter Hahne. Auch bei den Wahlen in Italien hatten wir mit Marco Gallina und mit Giovanni Deriu sehr gute Experten, die damals beide in Italien waren und die Gespräche wiedergeben konnten, die sie geführt hatte.

Wieso sind diese Gespräche besonders in Ihrer Erinnerung geblieben?

Wir haben hin- und hergeschaltet zwischen den Korrespondenten an unterschiedlichen Orten. So haben wir miteinander Gespräche geführt, die näher dran am Geschehen waren. Näher kann man als Medium eigentlich nicht dran sein und unterschiedliche Perspektiven bieten. Früher war so etwas nur mit einem riesigen Rundfunkaufwand möglich. Heute geht das übers Internet, über einige Mausklicks. Das ist eine ungeheure technische Revolution, die den Wecker überhaupt erst möglich gemacht hat. Das hat sich dann auch in den Kommentaren der Leser und Hörer widergespiegelt. Das fanden sie eindrucksvoll.

Wie groß ist die Fangemeinde, mit denen Sie interagieren?

Mit einem normalen Wecker haben wir auf allen Plattformen zusammen 120.000 bis 150.000 Hörer. Auf YouTube erhalten wir jeden Tag so zwischen 400 und 600 Zuschriften. Darunter viele substantielle Leserbriefe. Auch welche mit weiterführenden Informationen. Als Wecker und auch als TE leben wir teilweise von den Informationen und Anregungen, die Leser und Hörer uns schicken. Nur so können sich Wecker und TE halten. Man selbst kann ja nicht alles wissen und kennen.

Wie hat sich der Wecker in den drei Jahren verändert?

Das Format ist relativ ähnlich geblieben. Es ist jetzt etwas schneller – dafür aber auch etwas länger. Weil mehr Informationen drin sind. Früher habe ich gedacht, mehr als zehn Minuten kann ich den Hörern nicht zumuten. Heute sind die Sendungen schon mal zwischen 13 und 15 Minuten lang. Anfangs dachte ich: Da kommen Proteste. Aber die Zuhörer hören zu.

Wie bringen Sie die Hörer dazu?

Ich folge den Prinzipien, denen ich mein ganzes Berufsleben als Journalist gefolgt bin. Vor allen Dingen kein Ideologe zu sein, kritisch nach allen Seiten hin zu sein, zu sehen das, was ist, soweit dies möglich ist. Eine Wiese ist grün, der Himmel blau, es gibt Mann und Frau. Ich habe mich da nicht geändert. Ich versuche, das zu bringen, was die Tagesschau weglässt. Dafür gibt es eine große Nachfrage.

Das Energiewendewetter war anfangs eine Schnapsidee

Gibt es deshalb regelmäßige Formate wie das Wecker-Wetter?

Ehrlich gesagt: Das war zuerst eine Schnapsidee: Wir haben uns gefragt, wie viel kommt denn täglich an von den sogenannten erneuerbaren Energien? Jenseits der Erfolgsmeldungen. Dazu muss man den Verlauf sehen. Es reicht nämlich nicht, dass im Tagesschnitt genug Strom kommt, wie das derzeit in vielen Medien bejubelt wird, Wieviel Prozent die bereits geliefert haben. Das soll den Schluss nahelegen, wie müssten nur noch mehr Windräder haben, dann hätten wir 100 Prozent Versorgung. Ein fürchterlicher Trugschluss. Die Erneuerbaren müssen den ganzen Tag Grundlast liefern, wenn sie tragen wollen. Und zwar entscheidend: zu jedem Zeitpunkt, zu jeder Sekunde. Also muss man sich verschiedene Zeitpunkte ansehen.

Wie stellen Sie das an?

Ich beobachte den Peak um 12 Uhr mittags. Dann wird am meisten Strom verbraucht. Zur Zeit erleben wir da die Situation, dass die Sonnenenergie viel in die Leitungen pumpt, was dann abends weg ist. Dann fehlt fast mit einem Schlag eine gigantische Leistung. Das bringt die Netze oft an den Rand des Zusammenbruchs.

Wie viele Hörer verfolgen das?

Ich hätte gedacht, diese Informationen sind zu trocken. Deswegen hatten wir auch nur geplant, das Energiewendewetter ein paar mal zu machen und dann wieder fallen zu lassen. Aber die Reaktionen darauf sind enorm positiv. Die Hörer haben ein großes Bedürfnis nach dieser Art von Informationen. Nach Beiträgen, die nachhaken.

Sie liefern täglich Sendungen. Sie stehen unter dem Druck, aktuelle Nachrichten einzubauen, Gesprächspartner zu finden und zu erreichen sowie dann zu allem die Technik am Laufen zu halten. Wie halten Sie dem Druck stand?

Die Wecker am Wochenende werden vorproduziert. So kann ich mir zwei Tage in der Woche freihalten. Damit lässt sich alles gut aushalten. Unter der Woche beschäftigt mich die Frage, ob ich auch wirklich die Themen auswähle, die wesentlich sind, nachts nichts übersehe, über die Hörer gerade diskutieren. Am Wochenende wage ich mich dann auch mal an Komplizierteres ran. Themen, die Zeit brauchen, um Sachverhalte zu klären, die der grünen Welle in anderen Medien widersprechen.

Gelegentlich hilft auch mal ein Glas Weizenbier

Schön gesprochen als Redakteur. Aber wie gehen Sie als Mensch damit um?

Ich habe ja ziemlich viel Erfahrung. Daher bin ich eher ruhig und gelassen. Da ich eher ein Nachtmensch bin, stören mich auch die Arbeitszeiten nicht. Im Gegenteil. Da habe ich die Ruhe, die mich besser arbeiten lässt und ich fühle mich nicht unter Zeitdruck. Hilfreich ist aber auch gelegentlich das ein oder andere Glas Weizenbier.

Geht das?

Ja. Ich muss nur etwas aufpassen, dass Zunge und Sprechmuskulatur nicht zu sehr beeinträchtigt werden. Käme nicht gut. Ich hatte früher eine sehr gute Sprecherausbildung bei meiner Sprechlehrerin. Eine sehr gute Frau, die mich zwei Jahre lang gedrillt hat. Das sitzt heute noch und das sind immer noch die Ergebnisse dieser Arbeit. Wenngleich sich einiges verschliffen hat.

Apropos Arbeit. Als Journalist sind Sie es gewohnt zu interviewen. Wie war es, selbst jetzt mal interviewt zu werden?

Merkwürdig. Ungewohnt. Sehr ungewohnt. Da merkt man erst, was man den anderen zumutet. Ich werde künftig mitleidsvoller sein.

Welche weiteren Perspektiven gibt es für den Wecker?

Wir werden das Konzept beständig so weiter verfolgen. Das trägt nochmal 1000 Sendungen – und dann reden wir in drei Jahren noch einmal.

Sehr gerne. Ist Ihnen bis dahin eingefallen, wer ein schwieriger Interviewpartner ist?

Vielleicht.


Das Interview führte Mario Thurnes

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