Tichys Einblick
Zweite Friedenskonferenz für Ukraine-Krieg

Italien und die Schweiz planen Friedensgipfel – diesmal mit Russland

Der italienische Außenminister Antonio Tajani schließt italienische Soldaten in der Ukraine und Waffenlieferungen aus, die beim Angriff auf russisches Territorium eingesetzt werden könnten. Mit der Schweiz bereitet er einen neuen Friedensgipfel unter russischer Beteiligung vor.

picture alliance/KEYSTONE | JEAN-CHRISTOPHE BOTT

Der Einbruch ukrainischer Streitkräfte in die Region Kursk hat die Welt aufgeweckt. Zum ersten Mal sind ukrainische Truppen damit in großer Zahl auf russisches Territorium vorgedrungen. Für die Europäer, die zwar die Ukraine unterstützen wollen, aber darauf beharren, nicht mit Russland im Krieg zu liegen, ist dies eine problematische Entwicklung: bestanden die meisten Staaten doch darauf, dass etwa deutsche Waffen nicht zu einem Angriff auf Russland benutzt werden dürften.

In dieser Spannungslage gibt es einen bemerkenswerten Vorstoß aus Italien. Außenminister Antonio Tajani hat bekräftigt, dass italienische Waffen nicht für einen Angriff auf Russland verwendet werden dürften. Auch schloss Italien kategorisch aus, dass italienische Soldaten ins Krisengebiet entsandt werden könnten. Während Matteo Salvini und seine Lega in der Vergangenheit in Bezug auf Russland häufiger Kulanz gezeigt hatten, gehört Tajani der Forza Italia an, die der Europäischen Volkspartei (EVP) und damit der Parteienfamilie der CDU angehört.

Bereits vor einigen Wochen hatte sich Rom flexibler im Umgang mit den nicht-westlichen Mächten gezeigt. Als Vorhut schickte man – wie übrigens schon häufiger in der Vergangenheit – den Vatikan vor, um die Situation auszutesten. Jüngst etwa in Syrien, wo die Front gegen Baschar al-Assad schon länger bröckelt, der als Verbündeter von Wladimir Putin gilt. Dass der Heilige Stuhl die Verhandlungskanäle zu Moskau offenhielt, ist nicht verwunderlich. Papst Franziskus hat eine neutrale – für seine Kritiker: häufig zu neutrale – Haltung eingenommen.

Nach außen hin lässt zwar Italien keinen Zweifel zu, dass man fest an der Seite Kiews steht. Andererseits hat Giorgia Meloni bereits seit Monaten eine Gratwanderung geschafft, indem sie sich einerseits als enge Verbündete inszenierte, ohne sich dabei aber zu tief in den Nesseln der Außenpolitik zu verfangen. Tajani, der definitiv nicht als russophil gilt, hat zwar die Loyalität Italiens betont. Zugleich erklärte aber Tajani, dass, eben weil Rom keine Nutzung seiner Waffen gegen russisches Territorium dulde, man deswegen mit dem ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba reden werde. Zitat:

„Wir waren in diesem Punkt immer klar. Wir unterstützen die Ukraine ohne Wenn und Aber, wir können ihren Wunsch verstehen, sich auch durch Gegenangriffe zu verteidigen, aber wir befinden uns nicht im Krieg mit Russland. Die von uns bereitgestellten Waffen können nicht dazu verwendet werden, Russland auf seinem Territorium anzugreifen. Wir werden Ende des Monats beim EU-Außenministerrat offiziell mit dem ukrainischen Minister Kuleba darüber sprechen, um Klarstellungen bitten und das weitere Vorgehen bewerten. Sicherlich werden wir unsere Soldaten nicht in den Kampf schicken und wir fordern alle auf, äußerst vorsichtig zu sein.“

Am Montag trifft Tajani seinen Schweizer Amtskollegen Ignazio Cassis in Locarno, und es geht dabei um nichts weniger als eine neue Friedenskonferenz in der Eidgenossenschaft. Im Gegensatz zu dem ergebnislosen Vorgängergipfel soll Russland dabei sein. Tajani:

„Ich möchte das Thema der Friedenskonferenz zur Lösung des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine besprechen: Wir werden uns darauf einigen, in engem Kontakt zu bleiben, um gemeinsam die bestmöglichen Bedingungen für einen zweiten Friedensgipfel unter Beteiligung der Parteien zu schaffen. Einschließlich Russlands und aller beteiligten Global Player. Und wir werden alle internationalen Akteure auffordern, ihre Anstrengungen nicht zu scheuen, um eine gemeinsame Verhandlungsplattform zu erreichen, die auf der Achtung des Völkerrechts und den Grundsätzen der territorialen Integrität und Unabhängigkeit der Staaten basiert, die auch in der UN-Charta verankert sind.“

Tajani dankte der Schweiz für ihre Bemühungen als Mediator. Am 16. Juli hatte Cassis den russischen Außenminister Sergei Lawrow zuletzt getroffen. Die Ukraine habe sich offen für eine russische Teilnahme bei einer zweiten Konferenz gezeigt. Das Ziel Roms sei ein Ende des Konfliktes, Italien und die Schweiz würden beide an einer gerechten, langfristigen und vollumfänglichen Friedenslösung arbeiten.

Anzeige
Die mobile Version verlassen