Tichys Einblick
Hemmungsloser Antisemitismus

Belgischer Autor: „Jedem Juden ein Messer in die Kehle rammen“

Vor dem Hintergrund des Krieges im Gazastreifen, Israel und dem Libanon sowie des steigenden Antisemitismus in Europa fallen auch bei einigen Intellektuellen offenbar alle Hemmungen – so bei dem belgisch-flämischen Autor Herman Brusselmans.

picture alliance / ANP | Eva Plevier

Bereits im Dezember hatte Herman Brusselmans Israel Nazi-Methoden unterstellt. Nun schrieb der Autor sich in einer am Sonntag veröffentlichten Kolumne für das belgische TV-Magazin Humo regelrecht in einen judenfeindlichen Rausch.

In dem Text thematisiert Brusselmans – ein vulgärer Autor, der sich als Gegner politischer Korrektheit sieht – die Lage im Nahen Osten: „Der Nahe Osten wird explodieren, mit unheilvollen Folgen für den Rest der Welt“, lässt Brusselmans seine Leser wissen und weist auch gleich auf den angeblich Schuldigen hin: „Das alles wegen eines kleinen, dicken, glatzköpfigen Juden mit dem ominösen Namen Bibi Netanjahu, der aus welchen Gründen auch immer dafür sorgen will, dass die gesamte arabische Welt ausgelöscht wird.“

Nun ist Israels Premierminister Benjamin „Bibi“ Netanjahu weder klein, noch dick, noch glatzköpfig. Aber das ist wohl egal, denn die Hauptsache ist wohl, einen Juden möglichst schlecht aussehen zu lassen. Brusselmans hetzt dann noch weiter gegen „diese israelische Scheißarmee“. Das alles ist schon schlimm genug – anti-israelisch, teils antisemitisch konnotiert. Dann aber schießt Brusselmans den Vogel ab – beziehungsweise den Juden.

„Wünsche ihn zur Hölle“

Er schreibt, im Westen könne man sich nicht vorstellen, dass unsere Kinder das gleiche Schicksal erleiden wie getötete palästinensische Kinder: „Ich sehe das Bild eines weinenden und schreienden palästinensischen Jungen, der völlig außer sich ist und nach seiner Mutter ruft, die unter den Trümmern liegt, und ich stelle mir vor, dass der Junge mein eigener Sohn Roman ist und die Mutter meine Freundin Lena.“ Und dann: „Ich werde so wütend, dass ich jedem Juden, dem ich begegne, ein spitzes Messer in die Kehle rammen möchte.“ Ja, einem Juden, nicht einmal „nur“ einem Israeli!

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Man macht sich ja hierzulande viele Gedanken darüber, wann Israel-Kritik in Antisemitismus übergeht, ob es so etwas wie „sekundären Antisemitismus“ gibt, einen Judenhass, der sich nur versteckt zeigt und erst entlarvt werden muss, und wo dieser anfängt. An dieser Stelle ist das alles irrelevant: Brusselmans legt einen offenen Antisemitismus an den Tag, den man kaum noch für möglich gehalten hat.

Im Text relativiert er seine Aussage noch kurz: „Natürlich muss man immer denken: Nicht jeder Jude ist ein mörderischer Bastard, und um diesem Gedanken Gestalt zu geben, stelle ich mir einen älteren jüdischen Mann vor, der in einem verwaschenen Hemd, einer falschen Baumwollhose und alten Sandalen durch meine eigene Straße schlurft, und er tut mir leid und ich bekomme fast Tränen in den Augen.“ Doch dann erneut: „Einen Moment später wünsche ich ihn zur Hölle.“

Magazin und Autor verteidigen den Text

Der Aufschrei jüdischer Interessenvertreter ist natürlich groß: Die „European Jewish Association“ will nach eigenen Angaben juristisch gegen das Humo-Magazin und Brusselmans vorgehen, weil dieser „zum Mord anstiftet“. Michael Freilich, ein jüdischer Politiker der Neuen Flämischen Allianz (N-VA), erklärte, der Text könne nicht als Satire durchgehen; vielmehr sei er gefährlich: Freilich verwies laut der Tageszeitung Het Laatste Nieuws auf die Bedrohungslage für Juden etwa in Antwerpen, wo es eine große jüdisch-orthodoxe Gemeinschaft gibt.

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Idit Rosenzweig-Abu, israelische Botschafterin in Belgien, fragte bei X: „Was wäre, wenn jemand in der belgischen Presse sagen würde: ‚Ich bin so wütend, dass ich jedem Muslim ein Messer in den Nacken rammen möchte, den ich treffe‘? Aber entspannt euch: Es ging nicht um Muslime, sondern nur um Juden.“

Das Verrückte: Weder Brusselmans noch das Medium Humo, das im Zeitraum September 2022 bis Mai 2023 wöchentlich knapp 800.000 Leser erreichte, können einen Fehler erkennen. Humo hält den Text nach wie vor auf seiner Website und rechtfertigt ihn als Satire: „Für diejenigen, die die ganze Kolumne gelesen haben, ist mehr als deutlich, dass Herman die Sätze nicht wörtlich gemeint hat“, heißt es in einer Stellungnahme. Brusselmans schimpfe nun einmal gern und verwende obszöne Sprache. Das dürfe man nicht hundert Prozent wörtlich nehmen.

Nachgeschobene Äußerungen machen alles noch schlimmer

Brusselmans selbst sagte zu VRT NWS, der Satz mit dem spitzen Messer sei ein „metaphorisches Bild“ für „alle möglichen Arten von Rache“ und kein Mordaufruf. Er habe darauf hinweisen wollen, dass Israel durch die Bombardierung „Unschuldiger“ eine Generation schaffe, „die sich in den nächsten 50 Jahren rächen will“. Wenn man alle Israelis über einen Kamm schere, sei das rassistisch; auf ihn treffe das nicht zu.

Schärfer klang eine Reaktion Brusselmans, die die Zeitung Het Nieuwsblad am Dienstag wiedergab. Dort sprach er Blick auf den Text von einer „Denkübung im Konditionalis“ und empörte sich: „Warum in Himmelsnamen fühlt sich die jüdische Gemeinschaft so schnell auf die Zehen getreten, während sie selbst damit beschäftigt ist, ein ganzes Volk zu ermorden? Sie könnten dringend etwas Selbstreflexion gebrauchen.“

Brusselmans führte demnach weiter aus: „Mein Glaube an die jüdische Kultur insgesamt hat einen schweren Schlag erlitten.“ Deutlicher hätte der Autor sein antijüdisches (nicht bloß anti-israelisches!) Ressentiment nicht noch einmal unterstreichen können.

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