Tichys Einblick
DB im Dauertief

Miese Stimmung bei der Deutschen Bummelbahn

Jetzt beklagen sich schon die DB-Mitarbeiter über Chaos, kaputte Technik, Personalausfälle oder schlechten Service im bundeseigenen Schienenkonzern. Doch die Bahn fährt mit ihrem DB-Chef Richard Lutz trotz Milliardenhilfen vom Steuerzahler unbeirrt weiter unpünktlich in tiefrote Zahlen.

picture alliance / SVEN SIMON | Frank Hoermann / SVEN SIMON

Kolossale Verspätungen, tägliche Zugausfälle, kaputte Weichen oder Oberleitungen, defekte Toiletten und Türen, kein kaltes Bier oder keine warmen Speisen – wenn ein Bahnkonzern Qualität und eigenen Zielen hinterherfährt, kommt die katastrophale Lage nicht nur bei den Kunden, sondern auch beim Personal an.

Bahnchef Richard Lutz murkst mit seinem Management seit 2017 am Schienenkonzern in Staatsbesitz herum und fährt ihn unbeirrt in tiefrote Zahlen. Die Ampel lässt ihn dennoch weiter gewähren.

„Nicht an einem einzigen Tag läuft hier irgendwas“

Doch die Stimmung bei den Bahnern ist inzwischen so miserabel wie die Pünktlichkeit der Züge. Laut Medienberichten liefern interne Chats von Angestellten des Konzerns den Beweis, dass viele Beschäftigte wütend und frustriert seien, angesichts des schlechten Services, den das Unternehmen biete. „Das, was wir hier abliefern, ist an Peinlichkeit nicht zu überbieten“, schrieb demnach ein Zugbegleiter.

Ein anderer berichtet dem Autor auf der Fahrt nach Berlin, der neue Wunderzug ICE 4 sei alles andere, nur nicht das: „So viele Probleme hatten wir mit einem ICE noch nie.“

Und ein Bahnmitarbeiter chattet, was Bahnkunden täglich ohnehin schon wissen: „Nicht an einem einzigen Tag läuft hier irgendwas.“ Er habe in der Bordgastronomie auf seiner Fahrt im Fernverkehr keine Kühlung, keine Tiefkühlung und keinerlei Ware gehabt – ein „Trauerspiel“, gesteht der Zugbegleiter. Warmes Bier und kalte Speisen, das erleben Bahnkunden regelmäßig. Aber das müssen jetzt erst einmal die eigenen DB-Mitarbeiter eingestehen, damit es die breite Öffentlichkeit erreicht.

Die Besetzung sei in den Zügen meist zu dünn, letztlich würden so auch „die letzten verbliebenen Mitarbeiter“ vergrault, klagt ein Schaffner an. Dabei genießen DB-Angestellte oft mehr soziale Vorteile und Leistungen als Arbeitnehmer in anderen Branchen.

Dennoch motzen die Bahner in internen Chat-Gruppen. Ihre Stimmung ist vor allem im Fernverkehr sehr schlecht. Häufig genannte Probleme seien zu wenig Personal, zu spät oder mit kaputten Klimaanlagen bereitgestellte ICEs, fehlende Lieferungen für die Bordgastronomie oder miserable interne Kommunikation. Dabei wird der Konzern seit Jahren digital umgerüstet. „Ich finde, es wird jeden Tag schlimmer und man ist mit immer weniger Personal auf den Zügen“, beschwert sich eine Mitarbeiterin im Chat. Es müsse sich nicht nur im Betrieb draußen, sondern auch im Betrieb drinnen dringend einiges ändern, schrieb ein Angestellter.

Soso. Der Fisch stinkt also vom Kopf, aber auch der Rumpf trägt seinen Anteil an der schon peinlichen Fahrleistung des größten Schienenkonzerns Europas.

SBB stoppt unpünktliche DB-Züge an der Schweizer Grenze

Das Problem unpünktliche Deutsche Bahn ist längst über die Grenzen hinaus bekannt. So stoppen die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) jetzt sogar schon DB-Züge an der Grenze. Dieser Tage wird öffentlich, immer mehr deutsche Züge scheitern selbst an der Einfahrt in die Schweiz. Denn die SBB hat im ersten Quartal 2024 verstärkt Züge aus Deutschland an der Grenze gestoppt, um die Pünktlichkeit im eigenen Netz zu gewährleisten.

Aus einer Antwort des Bundesverkehrsministeriums geht hervor, dass die Schweiz elf Prozent der Züge auf der Strecke München–Zürich an der Weiterfahrt gehindert hat. Auf der Strecke Freiburg–Basel sei die Stoppquote mit 12,4 Prozent noch höher. Die SBB sähe sich zu diesen Maßnahmen gezwungen, um Verspätungen der deutschen ICE-Züge nicht auf das eigene Netz übergreifen zu lassen. Made in Germany war einmal.

Damit nicht genug: Statt Weichen für Pünktlichkeit zu stellen, stehen auf dem Businessplan tiefrote Zahlen. So präsentierte der Konzern im Staatsbesitz auf seiner Pressekonferenz Ende Juli eine miserable Bilanz für das erste Halbjahr 2024: Die Deutsche Bahn verzeichnet hier einen operativen Verlust von minus 1,2 Milliarden Euro. Streiks, Extremwetter, Baustellen und eine schwache Nachfrage hätten der DB im ersten Halbjahr erneut einen Milliardenverlust verursacht. Die Ausreden sind bekannt. Zu hohe Lohnabschlüsse und zu teure Fahrpreise lassen die Konzernsprecher als weitere wichtige Gründe gern weg. Hinzu kommen die vier Hauptfeinde der Deutschen Bahn: Frühling, Sommer, Herbst und Winter.

Ein Bahnmanagement, das an der Spitze versagt, schlecht gelaunte und unmotivierte Mitarbeiter – Ausnahmen bestätigen die Regel – stellen ihren Kunden am Ende ein Produkt zur Verfügung, das im Grunde eine Blamage für den Standort Deutschland ist – genauer: sein Spiegelbild.

Das Ergebnis: Nur noch 52,9 Prozent der Fernzüge haben im Monat der Fußball-Europameisterschaft pünktlich ihr Ziel erreicht. Das heißt, nicht einmal jeder zweite Zug kam pünktlich im Bahnhof an, weil die Pünktlichkeitsstatistik die täglichen, zahlreichen Zugausfälle nicht als Verspätungen berücksichtigt. Die Deutsche Bummelbahn hat somit einen historischen Negativrekord im Juni eingefahren.

Insgesamt kamen im ersten Halbjahr nach Bahnangaben nur knapp 63 Prozent der Züge mit weniger als 15 Minuten Verspätung an, also bestenfalls nur jeder zweite. Damit hat die DB ihr vorab ausgegebenes Ziel einkassiert, 2024 wenigstens 70 Prozent Pünktlichkeit zu erreichen.

Schon im vergangenen Jahr fuhr die Bahn 2,4 Milliarden Euro Verlust ein. Zudem ging auch der Umsatz 2023 um 13 Prozent auf rund 45,2 Milliarden Euro zurück. Auch hier führte die Konzernleitung die bekannten Ausreden an, der Grund seien angeblich die hohen Investitionen in das Netz, das über viele Jahre so vernachlässigt worden sei.

Dabei versenkt eine Bundesregierung nach der anderen Jahr für Jahr Unsummen im Milliardengrab Deutsche Bahn. So versprach Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) erst im September 2023, die Ampel sei fest entschlossen zu neuen strategischen Ansätzen und einem „massiven Finanzpaket“. Der Bund habe dafür schon 24 Milliarden Euro zusätzlich vorgesehen, so Wissing.

Darüber hinaus hat die Deutsche Bahn AG einen weitergehenden Investitionsbedarf in Höhe von rund 45 Milliarden Euro bis zum Jahr 2027 beim Bund angemeldet. Noch mehr Geld für noch mehr Verspätung?

Doch die schon seit Jahrzehnten erwähnte Vernachlässigung ist heute eine Mär für das erschreckende Ergebnis grüner Zwangstransformation. Sie zwingt die Bürger in den öffentlichen Nahverkehr, doch der kollabiert. Täglich erleben Bahnkunden auf dem Weg zur Arbeit oder in den Urlaub stehende, kaputte oder verspätete Züge, defekte Toiletten, Türen und Klimaanlagen, geschlossene Bordrestaurants wegen fehlenden Personals, Speisen, Getränken und technischer Störungen in der Küche oder im Bistro.

Statt einer modernen DB rollt eine Deutsche Bummelbahn trotz neuer Züge, digitaler Stellwerke und vielen zusätzlichen Steuermilliarden immer mehr aufs Abstellgleis.

Weil der Konzern ohnehin schon so verspätet auf seinem gut 33.000 Kilometer langen Schienennetz fährt und die Gewerkschaften drastische Lohnerhöhungen durchgesetzt haben, sollen zum Jahresende auch wieder die Ticketpreise deftig steigen. Das ist doch ein schöner Zug der Deutschen Bahn oder?

Mehr Infografiken finden Sie bei Statista

Anzeige
Die mobile Version verlassen