Es war absehbar, dass diese Nachrichten kommen würden. Sie bestätigen vielerorts verbreitete Meinungen und „Vorurteile“ von Asylbewerbern, die nach Deutschland kommen und vor allem ihre Vorteile im Auge haben, die von Tag eins an davon ausgehen, dass sie volle soziale und wirtschaftliche Teilhabe erhalten und es sich mit den Asylbewerber- und sonstigen Sozialleistungen gutgehen lassen. Es geht nun um die 50-Euro-Bargeld-Obergrenze, die bundesweit mit der Einführung der Bezahlkarte für Asylbewerber verbunden und propagiert wurde. So viel sollte ausreichen, um Sonderbedürfnisse zu befriedigen, die sich nicht mit einer elektronischen Geldkarte bezahlen lassen.
Ohnehin sollten Läden ohne Kartenlesegerät immer seltener werden, und sicher müssen Asylbewerber nicht überall einkaufen, um die „für ihr Existenzminimum nötigen Waren zu erwerben“, wie es nun reichlich sinnentleert in der Presse heißt. Das Existenzminimum ist doch zunächst der Betrag an Geld, den man zum Leben braucht und am besten selbst verdient.
Für das Existenzminimum sind also keine Waren „nötig“, sondern Geld. Waren könnte man sich aber für das alltägliche Leben und die eigenen Vorlieben, was Kleidung, Essen, vielleicht auch Kosmetikartikel angeht, wünschen. Unklar bleibt, was von diesen unbedingt notwendigen Produkten in Hamburg oder Schwabach nicht lokal in kooperierenden Geschäften erworben werden kann. Irgendein Supermarkt, eine Drogerie und vielleicht ein Kleidungsgeschäft müsste sich finden lassen.
Grüne jubeln – Grundrecht auf Bargeld?
Schon Mitte Juli hatte ein Hamburger Sozialgericht geurteilt, dass die persönlichen Lebensumstände der Antragsteller bei der Auszahlung oder nicht von Geldern zu berücksichtigen seien. Geklagt hatten der Verein „Pro Asyl“, die sogenannte „Gesellschaft für Freiheitsrechte“ und eine Hamburger Migrantenfamilie mit einem Kind, die ein zweites erwartet. Es ging um den Mehrbedarf von Schwangeren und von Familien mit Kindern. Warum dieser Mehrbedarf am Wohnort selbst nicht zu decken ist und man auf den Online-Handel oder auf andere Orte ausweichen muss, bleibt rätselhaft.
Worin besteht das Problem, in einer Millionenstadt mit der städtischen Bezahlkarte zu bezahlen und so Waren des täglichen Bedarfs zu erwerben? Was hat die Verwaltung hier verschlafen? Nun muss die Stadt Hamburg einer bald vierköpfigen Familie 270 Euro im Monat auszahlen, bisher sollten 110 Euro reichen. Und begrüßen tun es natürlich die Grünen, darunter der Fraktionsvize im Bundestag, Andreas Audretsch, der dem Tagesspiegel sagte: „Eine pauschale Bargeldobergrenze von 50 Euro verstößt gegen Grundrechte.“
Ein ähnliches Urteil wurde nun am Sozialgericht Nürnberg gesprochen. Zwei Asylbewerberinnen aus Schwabach hatten in zwei Verfahren geklagt, weil sie mit ihrer Bezahlkarte weder online noch im 20 Kilometer entfernten Nürnberg einkaufen konnten. Auch einem Verein könnten sie nicht einfach so beitreten. Man fragt sich, welche Bedürfnisse noch alle auf Staatskosten für gerade erst angekommene Asylbewerber finanziert werden müssen.
„Schneller und härter“ war Söders Versprechen
Beide Nürnberger Urteile sind noch nicht rechtskräftig, können also noch angefochten werden. Drei weitere Verfahren gegen die Stadt Schwalbach seien anhängig – anscheinend hat dort die Mund-zu-Mund-Propaganda gewirkt, oder es ist von findigen Beratern auszugehen, die die Zuwanderer über jedes einzelne ihrer Rechte aufklären. Man versteht nicht, wieso eine der Klägerinnen überhaupt große Bedürfnisse anmeldet, ist sie doch in einer Gemeinschaftsunterkunft untergebracht, wo also kaum Extrakosten anfallen, soweit man das Essen attraktiv findet. Man könnte also auch am Auszahlbetrag von 50 Euro zweifeln oder noch weitergehend jede Sozialleistung abseits von Kost und Logis in Frage stellen. Wer immer Geld braucht, könnte ja arbeiten.
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte eine Bezahlkarte versprochen, die „schneller und härter“ werde als in anderen Bundesländern. Nun geht Bayern zusammen mit Hamburg bei der Demontage der Bezahlkarten-Idee voran. Noch im Juni hatte Innenstaatssekretär Sandro Kirchner getönt, der „bayernweite Rollout“ der Bezahlkarte sei reibungslos verlaufen. Aber auch in einem der Pilotprojekte im Landkreis Günzburg behaupteten Nutzer der Bezahlkarte laut Focus online, dass sie überhaupt nur im örtlichen Lidl-Markt funktionieren, aber etwa nicht beim Friseur, in Bäckereien oder Sozialkaufhäusern.
Das allerdings könnte ein anderes Problem sein. Denn wie hoch ist eigentlich die allgemeine Akzeptanz der Gesellschaft für die angehende Asylmigration? Die Antwort zeigt sich auch an solchen Kleinigkeiten, wie einem Rot-Kreuz-Laden, einer Tafel vielleicht, die keine Bezahlkarten annehmen. Die Nutzung der Bezahlkarte sehen viele Bürger als Ausweis von mangelndem Arbeitswillen an, so ein Asylbewerber aus Günzburg, der es wissen muss. Es ist ja auch klar: Jeder weiß nun, dass der Asylbewerber die Waren von den eigenen Steuern bezahlt.
Vor allem aber zeigen die Urteile aus Hamburg und Nürnberg einmal mehr, dass die Exekutive in Deutschland längst in der Hand der Gerichte und entsprechend findiger Anwälte und Asyl-NGOs ist. Auch das kommt nicht überraschend und ist an sich etwas, mit dem der Rechtsstaat leben muss. Dennoch muss er auch die eigenen Ansagen und Versprechungen mit Leben erfüllen und darf nicht vor jedem Urteil zurückschrecken. Nun sind also kreative Lösungen gefragt – auch in den ostdeutschen Ländern, wo der politische Wille größer ist, Verschärfungen durchzusetzen, aber die Gerichte am Ende vielleicht genauso funktionieren werden.