Tichys Einblick
Großbritannien

Proteste in Southport nach Messermorden an Kindern

Bei der Messerattacke kamen drei Mädchen im Alter von sechs, sieben und neun ums Leben und acht weitere Kinder wurden niedergestochen. Die Leute in Southport sind wütend: Sie erleben in ihrer Stadt die nächsten Messermorde in einem Großbritannien, das immer mehr mit migrantischen Gewalttaten konfrontiert wird.

Southport, 30. Juli 2024

picture alliance / empics | Richard McCarthy

Sie waren nicht besonders freundlich, die Rufe, mit denen die Leute in Southport im Nordwesten Großbritanniens den neuen britischen Premierminister Sir Keir Starmer begrüßten. »Wie viele Kinder werden noch sterben? Unsere Kinder sind tot und Sie gehen schon?« Der Besuch Starmers vor der Tanzschule, in der ein Messermann ein fürchterliches Blutbad anrichtete, dauerte gerade einmal zwei Minuten. Ein Mann rief laut einem Video auf »X«: »Geh weg, du bist nicht erwünscht«. Eine Frau nannte den Premierminister einen »Mistkerl«. Eine andere Frau: »Ich habe gerade erfahren, dass die neunjährige Tochter meines Freundes getötet wurde, die ich als Kind im Arm gehalten habe, und Sie können nichts tun?«

Gestern ist als Folge des brutalen Messerangriffs auf Kinder ein weiteres Mädchen im Krankenhaus gestorben. Damit sind bei der Messerattacke drei Mädchen im Alter von sechs, sieben und neun Jahren ums Leben gekommen. Acht weitere Kinder wurden ebenfalls niedergestochen, fünf von ihnen befinden sich noch in kritischem Zustand im Krankenhaus. Ebenso wie zwei Erwachsene, die laut Polizei versucht hätten, die Kinder zu schützen.

Der Kontrast könnte nicht größer sein: Die Kinder wollten zu Beginn der Schulferien einen Tanzkurs mit einem Taylor-Swift-Motto in einer Tanzschule besuchen. Der mit einem Messer bewaffnete und vermummte Täter fuhr nach Schilderungen von Zeugen kurz vor 12:00 Uhr mit einem Taxi vor die Tanzschule und stieg aus, ohne zu bezahlen. Er habe ein schwarzes Kapuzenoberteil hochgezogen und eine Gesichtsmaske getragen. Dann das Tanzstudio durch die Vordertür betreten, die aus Brandschutzgründen nicht verschlossen war, und auf die Anwesenden losgegangen. Laut Polizei hätten die schwer verletzten Erwachsenen offenbar versucht, die Kinder zu schützen. Augenzeugen berichteten weiter, dass Kinder in weißen Kleidern mit blutenden Stichwunden auf die Straße gerannt sind.

Über den Täter ist immer noch nicht viel bekannt: Er soll ursprünglich aus Cardiff stammen und im Alter von sechs Jahren mit seinen Eltern aus Ruanda in die Gegend von Southport gezogen sein. Mit weiteren Informationen hält sich die Polizei zurück, fordert stattdessen die Bürger Southports auf, ruhig zu bleiben. Wie die Polizei am Tatabend hölzern mitteilte, sei das Motiv für den Angriff unklar.

Auch am zweiten Tag nach der Tat hat die Polizei nichts zu dem Täter gesagt, außer dass er verhört werde. Der Name, der in sozialen Medien im Zusammenhang mit dem Verdächtigen in Southport geteilt werde, sei jedenfalls falsch, heißt es in einer Erklärung der Polizei. Aus rechtlichen Gründen wurde die Identität des 17-Jährigen nicht bekannt gegeben, so der britische Telegraph. Die Polizei erklärte, sie stufe den Angriff nicht als terroristisch ein und will damit offenbar kundtun: Alles normal, nicht weiter schlimm, kein Grund zur Aufregung, gehen Sie weiter.

Die offensichtlich überforderte Innenministerin Cooper, die ebenfalls nach Southport gereist war, warnte, »die Ermordung von drei Schulmädchen zu nutzen, um zu spalten«. Außerdem solle nicht über den Anschlag spekuliert und nicht kommentiert werden, solange die Polizei keine neuen Informationen geliefert habe. Es sollten keine »Fehlinformationen« verbreitet werden. Sie drohte stattdessen am Dienstagabend im Unterhaus vor strafrechtlichen Konsequenzen.

Die Eltern konnten sich Sätze des neuen Premierministers Keir Starmer anhören wie: ‚Die Gedanken des ganzen Landes seien bei Ihnen‘. Die Polizeipräsidentin wurde gefragt, warum der mutmaßliche Angreifer nicht namentlich genannt worden sei und ob er auf einer Beobachtungsliste stehe.

Gleichzeitig tauchen aus dem südenglischen Southend-On-Sea Videosequenzen auf, wie am Abend Horden von Schwarzen durch die Straßen rannten und sich heftige Macheten- und Messerkämpfe auf offener Straße lieferten.

Kein Wunder, dass die Briten in Southport mehr als aufgebracht sind. Sie sind wütend: Sie erleben in ihrer Stadt die nächsten Messermorde in einem Großbritannien, das immer mehr mit migrantischen Gewalttaten konfrontiert wird. Sie müssen mit einer drastisch angestiegenen Zahl an Messerangriffen leben, ohne dass Staat und Polizei sie schützen.

In Großbritannien stieg die Zahl der Messergewalttaten rasant an und verdoppelte sich in den vergangenen zehn Jahren. Im vergangenen Jahr waren es 50.000 polizeilich erfasste Straftaten mit einem Messer oder scharfen Gegenstand, so die Statistik.

So kam es gestern Abend in Southport zu gewalttätigen Protesten. Vor einer Moschee versammelten sich zunächst Hunderte. Sie skandierten „Keine Kapitulation“ und „Englisch bis zum Tod“ und postierten sich dabei rund um die Heart Street, in der der Messerangriff stattfand. Sie warfen Ziegelsteine und Fackeln. Feuerwerkskörper explodierten, ein Polizeiwagen fing Feuer, Rauchsäulen steigen auf.

Bereitschaftspolizisten drängten die Demonstranten mit Hunden zurück. Dabei wurden 39 Polizisten verletzt, 27 wurden ins Krankenhaus gebracht. Drei Polizeihunde seien ebenfalls verletzt worden, wie es hieß. Die Polizei versucht, die Aufgebrachten in die rechte Ecke zu drängen. Es soll sich vermutlich um Anhänger der „English Defence League“ handeln. Starmer sagte am Dienstagabend, gewalttätige Demonstranten würden »die volle Härte des Gesetzes zu spüren bekommen«.

Heute Abend ist um 19:00 Uhr ein Protest vor dem Regierungssitz Downing Street geplant, um der Wut auf die Regierung Ausdruck zu verleihen und ihr klarzumachen, dass sie zur Verantwortung gezogen werde, heißt es in einem Aufruf.

Weltstar Taylor Swift zeigte eine mitfühlende Reaktion. Auf Instagram schrieb die Sängerin: »Der Schrecken des gestrigen Angriffs in Southport geht mir noch immer durch den Kopf, und ich stehe völlig unter Schock.« Sie sprach den Angehörigen der Betroffenen ihr Beileid aus und betonte, wie traumatisch das Geschehen für die Familien und Ersthelfer sein müsse: »Das waren nur kleine Kinder bei einem Tanzkurs.« Und sie wisse nicht, wie sie diesen Familien jemals ihr Mitgefühl aussprechen könne.

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