Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft trübt sich zusehends ein. Der Ifo-Geschäftsklima-Index sank im Juli 2024 den dritten Monat infolge. Rund 9.000 befragte Spitzenleute der Wirtschaft beurteilen nicht nur ihre derzeitige Geschäftslage schlechter; sie schauen auch kritischer in die Zukunft.
Ifo-Präsident Clemens Fuest benannte als Gründe gegenüber der Welt die große Investitions-Zurückhaltung der Unternehmen. Vor allem die Investitionsgüter-Industrie sagt: Wir haben keine Aufträge. Wir arbeiten teilweise noch Aufträge ab, aber es kommt nichts Neues rein. Dies sei ein schlechtes Zeichen, so Fuest, weil es ja letztlich aussagt: Es wird wenig investiert. Auch die Konsumenten-Nachfrage entwickle sich schlecht, obwohl es steigende, verfügbare Einkommen gebe und eine sinkende Inflationsrate. Was bedeute, dass die Menschen sich Sorgen machten über die Zukunft. Zwar gebe es die globalen Spannungen und Unsicherheiten, dennoch sei es eben die mangelnde Bereitschaft zu investieren und konsumieren in Deutschland. „Die deutsche Wirtschaft steckt in der Krise fest.“
Die Aussage passt im Allgemeinen und Besonderen auch zu folgenden Meldungen:
Creditreform: Insolvenzen – jenseits der Normalität
„Einen solchen Anstieg hatte es bei den Unternehmensinsolvenzen seit Jahren nicht mehr gegeben. Das Plus lag bei fast dreißig Prozent im ersten Halbjahr 2024 und die Zahl der Insolvenzen betrug 11.000 Unternehmen. Gläubiger erleiden Verluste. Tatsächlich haben sich die Strukturen bei den Insolvenzen von Unternehmen im ersten Halbjahr 2024 verändert. Das zeigt sich zunächst bei den Schäden, bei den Ausfällen für die Gläubiger. So waren im Berichtszeitraum 19 Milliarden Euro bei zahlungsunfähigen Unternehmen offengeblieben. Dies ist deutlich mehr als im ersten Halbjahr 2023 mit 13 Milliarden, liegt aber auch bei einer Hochrechnung auf das Gesamtjahr mit rund 40 Milliarden für 2024 höher als vor den Krisenjahren dieser Dekade.“
Weiter heißt es bei Creditreform: „Die jüngste Entwicklung hin zu größeren betroffenen Unternehmen zeigt sich auch bei den Arbeitsplätzen. 133.000 Mitarbeiter sahen sich mit der Insolvenz ihres Arbeitgebers konfrontiert – ein Plus von 6,4 Prozent. Immer noch sind die meisten insolventen Unternehmen eher bei kleinen und mittleren Betrieben zu finden und die durchschnittliche Beschäftigtenzahl der ‚Pleiteunternehmen‘ lag bei etwa 12 Mitarbeitern.“
Stellenabbau bei SAP: Software-Konzern streicht noch mehr Jobs
Laut der dpa weitet Europas größter Softwarehersteller SAP sein Stellenabbauprogramm aus. Statt 8.000 Stellen sollen nun 9.000 bis 10.000 der derzeitigen Jobs abgebaut werden, wie die Walldorfer am Montagabend nach US-Börsenschluss mitteilten. Am Ende des zweiten Quartals gab es 105.315 Stellen – und damit schon fast 3.000 weniger als drei Monate zuvor. Beim operativen Ergebnis hat das Unternehmen im zweiten Quartal trotz schwieriger Wirtschaftslage stärker zugelegt als gedacht.
Nach 46 Jahren: Deutscher Rivale von Ikea insolvent
Die Opti-Wohnwelt Gruppe ist insolvent, meldet der Merkur. „Der Antrag auf Eigenverwaltung ist uns alles andere als leicht gefallen“, erläutert Geschäftsführer Oliver Föst in einer Pressemitteilung, „aber sie ist angesichts der angespannten wirtschaftlichen Situation die beste Möglichkeit, dass die Opti-Wohnwelt Gruppe mit ihrer großen Tradition so schnell als möglich wieder zu alter Stärke zurückfindet.“ Über die Möbelindustrie in der Krise hatte TE bereits berichtet.
Bosch: Konzern streicht 480 Stellen bei den Elektrowerkzeugen
Wie das Handelsblatt berichtet, streicht der Konzern weitere Stellen in Deutschland. „Zwar fallen weniger Arbeitsplätze weg als geplant – aber weitere Einschnitte dürften folgen.“ Und weiter heißt es beim Handelsblatt: „Bosch Power Tools baut Stellen ab: Ohnehin nur noch 3000 Beschäftigte in Deutschland. Die Elektrowerkzeuge gehören zu den Produkten von Bosch, die kaum noch profitabel in Deutschland hergestellt werden können. Der Umsatz des europäischen Marktführers ging 2023 von 5,9 Milliarden auf 5,6 Milliarden Euro zurück. 90 Prozent der Erlöse erzielt die Sparte im Ausland.“
Autozulieferer ZF will bis zu 14.000 Stellen abbauen
„ZF bekommt den Wandel der Branche mit voller Wucht zu spüren. Daher will der Konzern in den nächsten vier Jahren allein hierzulande bis zu 14.000 Arbeitsplätze streichen“, berichtet Tagesschau.de. „Das Unternehmen plant, bis Ende 2028 etwa 11.000 bis 14.000 Stellen in Deutschland zu streichen. Wie der Konzern heute mitteilte, müsse man sich auf die Zukunft ausrichten. Von dem Stellenabbau könnten auch niedersächsische Standorte wie Damme, Lemförde, Wietze, Hannover, Wagenfeld, Langenhagen, Diepholz, Gronau oder Hannover betroffen sein. Die Jobs sollten sozialverträglich abgebaut werden, hieß es am Freitag. Zurzeit sind nach eigenen Angaben 54.000 Menschen in Deutschland bei dem Unternehmen beschäftigt. Von dem Stellenabbau wäre somit mehr als jeder vierte Arbeitsplatz betroffen.“
Varta auf Sinkflug – Der deutsche Batteriekonzern kurz vor der Insolvenz
Um den Konkurs abzuwenden, leitete Batteriehersteller Varta aus Ellwangen ein vorinsolvenzliches Restrukturierungsverfahren beim Amtsgericht Stuttgart ein. Aktionären droht ein Totalverlust. Der Konzern leidet vor allem unter schwankender Nachfrage und harter Konkurrenz. Des Weiteren entwickelte sich das Geschäft mit Wallboxen, die sowohl zur Stromspeicherung als auch zum Laden von Elektroautos dienen, nicht wie erhofft und blieb hinter den Erwartungen zurück.
Deutsche Bahn will 30.000 Stellen streichen
Die Deutsche Bahn hat in den ersten sechs Monaten des Jahres einen Milliardenverlust eingefahren. Nun will der Konzern reagieren – und in den kommenden fünf Jahren Zehntausende Stellen abbauen. „Wir müssen in Zukunft mehr Bahn mit weniger Menschen schaffen“, sagte Bahn-Finanzchef Holle am Donnerstag. Besonders durch Digitalisierung und Automatisierung sollen etwa administrative Prozesse künftig von weniger Beschäftigten ausgeführt werden können.