Tichys Einblick
Hitler-Vergleich

Kapituliert das Auswärtige Amt vor der antisemitischen UN-Beauftragten?

Die UN-Sonderberichterstatterin Francesca Albanese sieht Parallelen zwischen Israels Premierminister Benjamin Netanjahu und Adolf Hitler. Der israelische Botschafter Prosor fordert, dass sie ihren Posten räumen soll. Das Auswärtige Amt hält sich bedeckt.

picture alliance/KEYSTONE | SALVATORE DI NOLFI

„Wir machen uns stark gegen Versuche antisemitisch motivierter Verurteilungen Israels, auch in den VN.“ Der Satz stammt aus dem 2021 unterschriebenen Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien. VN meint die Vereinten Nationen (auch: UN), die immer wieder und seit Jahrzehnten durch ihre Israel-feindliche Schlagseite auffallen. Wenn der Ampel dieser Satz auch nur irgendetwas bedeutet, dann muss sie jetzt handeln – und zwar hart und konsequent.

Es geht um Francesca Albanese. Die italienische Juristin ist UN-Sonderberichterstatterin „für die Situation der Menschenrechte im seit 1967 besetzten Palästinensischen Gebiet“. Mandatiert ist sie vom UN-Menschenrechtsrat.

Albanese hätte diese Aufgabe nie übertragen werden dürfen, weil schon vor ihrem Amtsantritt erhebliche Zweifel bestanden, dass sie das Amt neutral ausüben würde. Denn die Mittvierzigerin hatte sich immer wieder anti-israelisch bis antisemitisch geäußert. So behauptete sie 2014, die USA seien „von der jüdischen Lobby“ unterworfen, was sie später nur halbherzig bedauerte. 2015 teilte sie ein Bild, in dem ein israelischer Soldat parallel zu einem – so Albanese – „Nazi-Soldat“ gesetzt wurde.

Den scharf israelfeindlichen Kurs führte sie in ihrer Rolle als Sonderberichterstatterin und auch nach dem Hamas-Überfall auf Israel am 7. Oktober fort. Mal bezeichnete sie den jüdischen Staat als „Apartheid-Israel“, mal deutet sie den Verteidigungskrieg im Gazastreifen in einen „Völkermord“ um, mal sprach sie von „Massakern“. Zugleich leugnete sie den antisemitischen Kern des Hamas-Überfalls und betont lieber den „Kontext“ der „Besatzung“ und „Unterdrückung“ durch Israel. Im März erklärte Albanese, der „siedlerkoloniale Prozess des Ausradierens der Palästinenser“ existiere „seit über 76 Jahren“, also seit der Staatsgründung Israels.

Netanjahu und Hitler verglichen

Am Mittwoch nun folgte der nächste Eklat: Bei X reagierte Albanese auf einen Beitrag, in dem ein User ein aktuelles Bild von Israels Premierminister Benjamin Netanjahu im US-Kongress mit einem alten Bild von Adolf Hitler zusammengefügt hatte. Auf beiden Fotos sind die Politiker jeweils von zahlreichen Menschen umringt.

Albanese schrieb zu dieser Collage zustimmend: „Das ist exakt das, was ich heute gedacht habe.“ Das konnte man nur als Vergleich zwischen Netanjahu und dem NS-Diktator verstehen. Die UN-Beauftragte behauptete am Freitag, sie habe gar niemanden verglichen – nur um den gerade abgestrittenen Vergleich dann noch einmal zu bekräftigen: „Beide Bilder stellen politische Eliten zweier unterschiedlicher historischer Zeiten bloß, die mit dem selben Mangel an Scham einen zeitgenössischen Völkermörder bejubeln.“

Das israelische Außenministerium erklärte am Donnerstag, es sei „unfassbar“, dass Albanese die UN immer noch als „Schutzschild“ nutzen dürfe, um ihren Antisemitismus zu verbreiten. Ron Prosor, israelischer Botschafter in Berlin und früher Israels Vertreter bei den UN, schrieb via X: „Viele Leute pinkeln im Schwimmbecken, aber nur wenige tun das so schamlos und vom 10-Meter-Turm wie Francesca Albanese. Ihre Äußerung lässt keinen Zweifel: Sie ist für ihren Job absolut ungeeignet und muss den Posten räumen.“

Auswärtiges Amt lässt Frage nach Konsequenzen unbeantwortet

Genau dafür muss sich nun die Bundesregierung einsetzen. Deutschland ist der zweitgrößte Beitragszahler im Rahmen der UN. Laut einem gerade veröffentlichten Bericht der Bundesregierung pumpte Berlin 2023 knapp 5,1 Milliarden Euro in Strukturen und Projekte des blauen Kolosses.

Albanese bekommt zwar kein Gehalt von den Vereinten Nationen. Entscheidend ist jedoch, dass Deutschland durch die UN-Zahlungen ein gewisses Gewicht hat. Zudem ist es noch bis 2025 Mitglied des Menschenrechtsrats, der Albanese mandadiert hat. Wenn es Berlin mit Staatsräson und Holocaust-Gedenken wirklich ernst ist, kann kein Zweifel daran bestehen, dass es sich nun in einer groß angelegten Kampagne für Albeneses Rücktritt oder Absetzung einsetzen muss.

Danach sieht es im Moment allerdings nicht aus: Auf Nachfrage von Tichys Einblick wies das Auswärtige Amt Albaneses „implizierten Vergleich“ am Freitag zwar „aufs Allerschärfste zurück“. Holocaust-Vergleiche seien „völlig inakzeptabel, unangebracht und für die Opfer des Holocaust zutiefst verletzend“.

Zur antisemitischen und israel-feindlichen Dimension des X-Beitrages äußerte sich das Amt allerdings nicht. Und: Die Frage nach Konsequenzen blieb unbeantwortet. Es steht zu befürchten, dass man sich im Zweifel auf die Unabhängigkeit von UN-Experten berufen wird, anstatt Albaneses Rücktritt voranzutreiben. Eine Bankrotterklärung.

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