Tichys Einblick
Vom Moralismus befreien

Freiheit ist, wenn aus Gewissensfragen Abwägungsfragen werden

Eine eher humorvolle biographische Eigenheit macht Pfarrer Achijah Zorn fruchtbar für den gesellschaftspolitischen Diskurs. In diesem Vorwort gehen Heiteres und Bitterernstes nahtlos ineinander über.

Mein Vater konnte kein Kaugummi leiden. Kaugummi war für ihn ein Zeichen von Primitivität und Unterschicht. Dementsprechend war in unserer Familie Kaugummi ein Tabu. Ohne dass mir das bewusst wurde, hatte ich die Anti-Kaugummi-Haltung internalisiert und bis zu meinem 17. Lebensjahr kein einziges Kaugummi gekaut. Viele elterliche Moralismen stehen jederzeit im Unterbewussten unserer Seele parat und bestimmen unseren Alltag mehr, als wir denken.

Eines Tages bekam ich mit, wie mein Vater einem Bekannten stolz erzählte: „Das war eines meiner drei wichtigsten Erziehungsziele, dass meine Kinder kein Kaugummi kauen. Und das habe ich erreicht.“ Erst durch diese Aussage meines Vaters bin ich hellhörig geworden und habe mich gefragt: Hat das Kaugummi wirklich diesen großen Stellenwert, den ihm mein Vater zugebilligt hat? Geht es beim Kaugummi nicht schlicht und einfach um eine Abwägungsfrage oder Geschmacksfrage? Wird das dem Kaugummi wirklich gerecht, dass mein Vater es durch seine Überbetonung quasi zu einer Gewissensfrage gemacht hat?

Seitdem kaue ich hin und wieder ein Kaugummi. Es ist zwar immer noch nicht mein Ding. Aber ich habe mein Gewissen an dieser Stelle von dem väterlichen Moralismus und Gewissensdruck befreit. Aus einer Gewissensfrage ist eine Abwägungsfrage geworden.

Ein Weg, der auch gesellschaftlich hilfreich sein könnte:

Ein Bruder von mir kaut heute ziemlich viel Kaugummi. Er scheint an manchen Tagen ein Ketten-Kaugummi-Kauer geworden zu sein. Hat er sich auch von dem Moralismus unseres Vaters befreit oder ist er immer noch an dessen Vorgaben gebunden, wenn auch in antithetischer Gebundenheit? Mancher Loslösungsprozess von elterlichen Zwängen ist im Gegenteil hängengeblieben.

Wir haben uns wohl erst dann so richtig vom Moralismus befreit, wenn wir uns auch nicht mehr zwanghaft vom Gegenteil angezogen fühlen. Deutschland ist wohl auch dann erst von dem Fremdenhass Nazideutschlands befreit, wenn wir nicht mehr zwanghaft eine antithetische grenzenlose Willkommenskultur befürworten müssen.

Solange jeder rationale Kritiker einer irrationalen Migrationspolitik als „Rassist“ oder „Nazi“ diffamiert wird, scheint das rot-grüne Antifa-Deutschland antithetisch noch tiefer im braunen Sumpf zu stecken, als es dies selber wahrhaben möchte.

In den zugrundeliegenden Denkstrukturen scheint der Weg vom Kaugummi zum Dritten Reich gar nicht so weit zu sein, zumal vielen Menschen dessen Ideologie in antithetischer Form immer noch wie Kaugummi unter den Schuhen zu kleben scheint.

Was wäre das für ein Tag der Befreiung, wenn wir auch in Migrationsfragen endlich von einer moralisierenden Gewissenstyrannei loskämen hin zu einer freiheitlichen Abwägungsvernunft?!

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