„Er ist schlau, kompetent, engagiert, hartnäckig und ehrlich.“ So spricht Jamie Dimon über Olaf Scholz. Kein Scherz. Scholz ist deutscher Bundeskanzler, Dimon ist Chef von JP Morgan. Das ist (nach dem Wert der von ihr betreuten Fusionen und Firmenübernahmen) zwar nur die zweitgrößte, dafür aber die anerkannt skrupelloseste Investmentbank der Welt. Auch kein Scherz.
Im Prinzip reicht das schon als Pointe. Bei minimalistischer Betrachtungsweise könnte dieser Text hier also enden. Aber natürlich geht es noch weiter. Tatsächlich gibt es zu dem eben beschriebenen Vorgang sowieso noch ein paar interessante Kleinigkeiten zu sagen.
Cum-Ex? Da war doch auch was mit Olaf Scholz, oder? Richtig: Die Warburg Bank Hamburg war in den Skandal verwickelt. Doch die Finanzbehörde der Hansestadt verzichtete überraschend auf Rückforderungen gegen die Bank in Höhe von 47 Millionen Euro. Erster Bürgermeister von Hamburg damals: Olaf Scholz. Der SPD-Mann hatte sich sogar im Rathaus mit Vertretern der Bank getroffen. Unbelehrbare Verschwörungstheoretiker vermuten ja bis heute, dass – horribile dictu – politischer Druck hinter dem sachlich ansonsten nicht nachvollziehbaren Verzicht des Landesfinanzamts auf die Rückforderungen steckte.
Mehrmals hat ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss Scholz zu der Sache befragt. Doch so ein Volksvertreter hat viel zu tun, da kann man Kleinigkeiten schon mal vergessen: Der heutige Bundeskanzler kann sich an die Gespräche nach eigener Aussage partout nicht mehr erinnern. Leider blöd für den Rechtsstaat, aber natürlich gut für ihn.
Der 66-jährige Jurist ist seit 27 Jahren Berufspolitiker – darunter sieben Jahre als Erster Bürgermeister der Kaufmannsstadt Hamburg, drei Jahre als Bundesfinanzminister und mittlerweile ebenfalls drei Jahre als Bundeskanzler der immer noch größten Volkswirtschaft Europas. Das hat sich gelohnt – also, jetzt nicht für Hamburg oder für Deutschland, aber für ihn. Man lernt da schon den einen oder anderen Spitzen-Banker kennen. Manchmal kann man was für die tun – und bei Bedarf können die auch mal was für einen selbst tun.
Im Moment läuft es für Olaf Scholz politisch ja nur eher so mittelgut. Da kommt ein Lob von einem der wichtigsten Männer der internationalen Finanzwelt gerade recht. Allerdings treffen Banker bekanntlich nicht unbedingt immer den richtigen Ton. Man kann es eben auch übertreiben. Scholz als „schlau, kompetent, engagiert, hartnäckig und ehrlich“ zu bezeichnen, ist halt dann doch eine Spur zu dick aufgetragen. Wenn etwas so offensichtlich so weit weg von der Realität ist, wirkt es unfreiwillig komisch.
Genauso gut hätte Bank-Chef Jamie Dimon den Bundeskanzler Olaf Scholz als „hochaufgeschossenen Mann mit Wuschelfrisur, stilsichererem Modegeschmack und notorisch gutem Gedächtnis“ beschreiben können.
Durch Cum-Ex-Geschäfte sind insgesamt etwa zehn Milliarden Steuerschäden entstanden. In einem Interview schildert Brorhilker den Komplex jetzt noch einmal sehr nüchtern, aber sehr anschaulich:
„Sozialhilfebetrug produziert nicht mal eine halbe Milliarde an Schaden. Und wie die Strafgerichte auch schon festgestellt haben, hatten die Geschäfte nahezu industriellen Charakter. (…) Daran haben über Jahrzehnte eine Vielzahl von Bankinstituten teilgenommen und haben die deutschen Steuerkassen und die anderer europäischer Länder systematisch ausgeplündert.“
Irgendwie ist das gar nicht komisch.