Macht scheint wichtiger als Recht, Herrschaft wichtiger als Legitimität zu sein. Ursula von der Leyen hat angekündigt, dass an informellen Ministertreffen unter ungarischer Ratspräsidentschaft keine Kommissare, sondern nur noch ranghohe Beamte teilnehmen. Sie selbst werde den traditionellen Antrittsbesuch nicht unternehmen. Es gibt natürlich sehr viel Schlimmeres auf der Welt, als Ursula von der Leyen nicht zu treffen, doch hat sich mit diesem Spielchen die EU-Kommissionspräsidentin auf die Ebene politischer Infantilität begeben. Im Kreml dürfte man schmunzeln.
Mit diesen Bockigkeiten reagiert Ursula von der Leyen auf die Versuche des ungarischen Ministerpräsidenten, einen Weg zum Frieden in der Ukraine zu suchen. Viktor Orbán hatte mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, mit Russlands Präsident Wladimir Putin und mit Chinas Staatspräsident Xi Jinping gesprochen, er hat die Nato, die vorab über seine Reise informiert war, über die Erkenntnisse und Ergebnisse seiner Besuche informiert.
Wenn man unbedingt vergleichen will, dann mit dem Ersten Weltkrieg, der uns in der Julikrise zeigt, wie eine lokale Auseinandersetzung dazu führte, dass in „Europa die Lichter“ ausgingen, weil die politischen Eliten sich als unfähig erwiesen hatten, den lokalen Konflikt, der sich durch die Bündnissysteme entlang der Machtblöcke vollzog, einzudämmen. Möge man lange gelehrte Debatten darüber führen, wie tauglich, wie schädlich Orbáns Versuche gar seien, möge man ein Argument solange moralisieren, bis es kein Argument, sondern nur noch ein Glaubensbekenntnis ist, möge man allen Widerstreit zensieren, verbieten, was auf anderen Wegen denkt, letztlich aber wird die Bibel Recht behalten, wie es bei Jakobus 3,18 heißt: „Selig sind, die Frieden stiften; denn sie werden Gottes Kinder heißen“.
Von der Leyen und auch Baerbock haben es nicht begriffen, man ist nur stark, wenn man tatsächlich stark ist. Doch Europa wird immer schwächer. Alle sprechen in Brüssel vom Embargo auf russisches Erdöl und Gas, doch nicht wenige Länder in Europa beziehen fleißig weiter aus Russland Erdgas und Flüssiggas.
In Brüssel versucht man nun hektisch, Ministertreffen, wie demnächst das traditionelle Gymnich-Treffen der Außenminister zu boykottieren, und sie statt in Ungarn in Brüssel abzuhalten. Traditionell findet das Treffen der Außenminister der EU-Staaten halbjährlich statt und leitet seinen Namen vom ersten Tagungsort, dem Rheinländischen Schloss Gymnich her. Geplant ist es für den 28. und 29. August. Damit ist die EU in einer tiefen Krise, die Ursula von der Leyen und ihre Truppe vom Zaun gebrochen haben.
Man wird sehen, welcher Außenminister die nationale Souveränität hochhält und wer beflissen nach Brüssel eilt. Billiger jedoch geht nimmer. Die EU-Fürsten zerstören Europa und stärken damit Putin. Letzteres ist der dramatische Nebeneffekt ihrer inkompetenten, allein auf die eigene Macht und Herrlichkeit ausgerichtete Politik.
Man muss kein Prophet sein, um zu sehen, dass man in Europa einer Herrschaft des Unrechts entgegengeht, denn andere Meinungen werden bald schon zensiert, soziale Medien einer Brüsseler Inquisition unterstellt. Europa stürzt dank von der Leyen in innere Kämpfe, in denen es um die Freiheit und um die Demokratie und um das Recht geht, währenddessen es von eigensüchtigen Eliten wirtschaftlich ruiniert wird.