Am Mittwoch will die Bundesregierung über den Nachtragshaushalt zum Bundeshaushalt 2024 entscheiden. Christian Lindner hat einen Entwurf vorgelegt, der nicht einmal jetzt überrascht, man hätte ihn eigentlich gemeinsam mit dem regulären Haushalt beschließen können. Dann dürfte man ihn zwar nicht als Nachtragshaushalt bezeichnen, aber als man den Bundeshaushalt für das Jahr 2024 verabschiedete, hätte man schon wissen können, dass der eines Nachtrags bedarf. Doch damit wäre die Schuldenregel gebrochen worden. Jetzt bricht man sie zwar de facto auch, doch de jure hält man sie ein.
Der Bundeshaushalt für das Jahr 2024 hat ein Volumen von 477,6 Milliarden Euro, das sich durch den Nachtrag auf 488,9 Milliarden Euro erhöht, und enthält damit eine Neuverschuldung von 50,3 Milliarden Euro. Durch den Nachtragshaushalt erhöht sich also die Verschuldung um 11,3 Milliarden Euro. Die Einhaltung der Schuldenbremse wird bis es quietscht so begründet: „Die Schuldenregel des Bundes sieht ausdrücklich vor, dass konjunkturbedingten Schwankungen von Einnahmen und Ausgaben bei einer sich verschlechternden konjunkturellen Lage mit einer höheren Nettokreditaufnahme begegnet werden kann“, wie das Handelsblatt aus dem Entwurf zitiert. Das ist insofern nicht erstaunlich, weil die Pressemitteilungen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) sich in einem gleichen: darin, dass Habecks Ministerium seine Prognosen einerseits nach unten korrigieren muss, andererseits die Zukunft lindgrün gezeichnet wird.
Jedenfalls reduzierte sich im Mai im Vergleich zum April die Produktion des Produzierenden Gewerbes preis-, kalender- und saisonbereinigt um 2,5 Prozent, die Bauproduktion als auch die Industrieproduktion um 3,3 Prozent bzw. 2,9 Prozent. Um mit dem Satz zu enden: „Die Aufhellung der Frühindikatoren hat zuletzt einen leichten Dämpfer erfahren, der positive Trend der vergangenen Monate deutet jedoch auf eine Konjunkturbelebung in der zweiten Jahreshälfte hin.“ So sehen also die konjunkturellen Schwankungen aus, das Pendeln zwischen Prognose des BMWK und den wirklich eintretenden Resultaten, die eben jene Erhöhung der Verschuldung durch einen Nachtragshaushalt grundgesetzkonform machen. Schulden sind es dennoch, die verzinst und getilgt werden müssen. Von dieser Bundesregierung bekommt man ohnehin den Eindruck, dass mit Blick auf die echte Nettokreditaufnahme, auf die Schulden, das Motto des Hallodris gilt: „Aus den Augen, aus dem Sinn.“
Laut Handelsblatt benennt Lindners Entwurf als Grund für die Schulden die „Mehrbedarfe“ bei der Förderung der erneuerbaren Energien (EEG) sowie „Mindereinnahmen aus dem europäischen Emissionshandel“ im Umfang von insgesamt 10,4 Milliarden Euro.
Habecks Energiewende ist im Klartext ein gigantisches Verschuldungsprogramm mit wachsender Tendenz. Im Januar sprang erst die CO2-Bepreisung, die letztlich der Bürger trägt, von 30 auf 45 Euro pro Tonne CO2. Wirft man einen Blick auf die asoziale Sozialpolitik der Ampel, die darin besteht, dass der, der arbeitet, der Dumme ist, kann man zu der Überzeugung gelangen, dass die Bundesregierung im Fleißigen den Feind sieht.
Das Bürgergeld bildet – überhaupt nicht überraschend – den zweiten Kostenblock, der aus dem Ruder läuft und den Nachtrag erzwingt. Im Entwurf heißt es laut Handelsblatt: „Wegen zusätzlicher Leistungsberechtigter sowie höherer Zahlungsansprüche der Bedarfsgemeinschaften werden Mehrausgaben in Höhe von insgesamt 3,7 Milliarden Euro in der Grundsicherung für Arbeitsuchende abgebildet.“
Doch interessant vor allem ist, dass zwei Drittel der Mehrausgaben, die den Nachtragshaushalt erzwingen, „Mehrbedarfe“ bei der Förderung der erneuerbaren Energien (EEG) sind, die bei 11,7 Milliarden Euro mit rund 9 Milliarden zu Buche schlagen. Und ob im Oktober oder im November die EEG-Rücklage wieder aufgebraucht ist, und man einen Kredit innerhalb der Schuldenbremse aufnehmen kann, weil die konjunkturelle Lage sich schlechter als prognostiziert erwies, wird man sehen.
Die Grünen und die grünaffine Presse sowieso jubelten Robert Habeck zu, dass er Deutschland „unabhängig“ von russischem Erdgas und Erdöl gemacht habe. Doch zu welchem Preis? Nachdem Deutschland zumindest offiziell kein Erdgas mehr aus Russland bezieht und LNG-Terminals bauen will, auch wenn damit eine Naturzerstörung schauerlichen Ausmaßes wie beispielsweise vor Rügens Küste einhergeht, entschied Griechenland gerade, keine LNG-Terminals zu bauen und weiter Erdgas aus Russland zu beziehen. Das Land bezieht 60 Prozent seines Erdgases von dort, übrigens auch Ungarn, auch die Slowakei, auch Österreich haben auf Lieferungen aus Russland nicht verzichtet. In der Hauptsache importieren Spanien, Belgien und Frankreich Flüssiggas aus Russland. Im Mai 2024 bezogen europäische Staaten jedenfalls 30 Prozent mehr Erdgas aus Russland als im September 2022. Soweit zur Realität.
Klar ist heute schon eines auf alle Fälle: dass Robert Habeck uns mehr als teuer ist. Er ist selbst für Deutschland zu teuer.