Tichys Einblick
Die Iden des März?

Das Attentat auf Donald Trump

Die westliche Welt ist gerade noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen: Eine Ermordung Donald Trumps hätte eine Schockwelle erzeugt, die möglicherweise nicht nur die amerikanische, sondern auch die europäische Welt überspült haben könnte. Die Zukunft unserer Demokratien hängt am seidenen Faden.

picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Evan Vucci

Während ein Mann gerade noch mit dem Leben davongekommen ist, jubeln deutsche per Zwangsgebühren finanzierte „Gagschreiber“ aus dem Team von Jan Böhmermann (ZDF) und Autoren linker Medien wie der ZEIT – oder bedauern, dass das Attentat fehlgeschlagen ist. Was ist mit dieser Gesellschaft los?

Dass das „Problem Donald Trump“ früher oder später eine gewaltsame Lösung finden würde, war schon seit langem klar; und der Autor dieser Zeilen darf als Fallbeispiel darauf verweisen, sogar selbst vor einigen Jahren in einer kleinen Erzählung eine im Jahr 2030 angesiedelte Dystopie entworfen zu haben, die unter anderem auf der Prämisse der Ermordung Trumps beruhte („De profundis: Europa im Jahre 2030“). Nun sind Attentate, so zynisch dies klingen mag, per se nichts wirklich Neues: Seit es den Menschen gibt, besteht traurigerweise die Versuchung, den Gang der Dinge zu ändern, indem man den einen oder anderen unliebsamen Zeitgenossen aus dem Weg räumt, ob mit dem Knüppel der Steinzeit, dem Dolch des Sikariers, dem vergifteten Wein der Renaissance, der Bombe des Anarchisten oder dem Kopfschuss des modernen Snipers. Historisch interessant oder besser gesagt relevant ist also nicht die Tat selbst, so schrecklich sie freilich ist, sondern der Rahmen, in dem diese geschieht. Und dieser Rahmen ist, gelinde gesagt, hochgefährlich.

Als vor ungefähr einem halben Jahrhundert J.F. Kennedy ermordet wurde, waren die USA zwar politisch alles andere als geeint; die Gefahr eines echten „Bürgerkriegs“ zwischen bis aufs Blut verfeindeten Parteien war aber zu keiner Zeit wirklich gegeben. Die Situation heute ist völlig anders – nicht nur in den USA. Noch ist es freilich schwer, die eigentlichen Gründe des Attentats auf Trump auszuloten, und in Anbetracht der Erschießung des Täters und der extremen Politisierung der Situation ist wie bei JFK fraglich, inwieweit die Daten, die allmählich durchsickern, tatsächlich glaubhaft sind. Doch soll es hier weniger um die konkreten Hintergründe als vielmehr die Stimmung gehen, die sie durchzieht. Ob nun auf der anderen Seite des großen Teichs oder in europäischen Kernländern wie Frankreich oder Deutschland: Überall erleben wir eine Radikalisierung nicht nur der öffentlichen Meinung, sondern auch des Hasses auf den Andersdenkenden; eine Situation, die mehr denn je an die letzten Jahre der römischen Republik erinnert, als eine friedliche und organische Lösung der vielen Krisenfaktoren zu einem Ding der Unmöglichkeit geworden war und Proskriptionen, Verbannungen und selbst politischer Mord zum Tagesgeschäft gehörten.

Ob es nun darum geht, dass Nachbarn ihre Mitmenschen wegen mangelnder covid-Impfung an den Staat verraten, Schüler ihre Lehrer wegen zweifelhafter politischer Korrektheit melden, Kollegen ihre Mitarbeiter wegen missliebigen Facebook-Likes um ihren Job bringen, Demonstranten unter den Augen von Medien und Polizei explizit zum „Töten“ der Wähler von Oppositionsparteien aufrufen, scheinbar im Monatstakt echte oder imaginierte Putsch-Versuche „aufgedeckt“ werden, steuergeldfinanzierte „Satiriker“ tagein tagaus in brutalster Weise gegen angebliche Faschisten Stimmung machen, Kirchen fast im Tagesrhythmus geschändet oder angezündet werden, Staatsmänner auf offener Straße angegriffen werden und die Häuser und Fahrzeuge von Oppositionspolitikern immer wieder beschädigt werden – nicht nur Nordamerika, auch Europa scheint ein politischer Vulkan geworden zu sein, der nur noch auf das Zeichen zum Ausbruch wartet.

Wir können nicht nur aus Respekt vor dem menschlichen Leben, sondern auch aus Sorge vor dem eigenen Dasein heute überaus dankbar sein, dass Donald J. Trump nur verletzt, aber nicht getötet worden ist. Zwar steht zu erwarten, dass das heutige Wunder, nur mit einem blutigen Ohr und nicht mit einem Kopfschuss die Rednerbühne verlassen zu haben, Trumps Sympathiewerte in ungeahnte Höhen schnellen lassen und seine Wiederwahl zu einer abgemachten Sache machen wird, was sicherlich nicht jeden erfreuen wird. Die Alternative aber hätte die Vereinigten Staaten mit einer nicht geringen Wahrscheinlichkeit in einen veritablen Bürgerkrieg gestürzt, der auch für Europa katastrophale Konsequenzen gehabt haben würde.

Wenn schon der Tod George Floyds den gesamten Subkontinent für Wochen lahmlegte und von einer Küste zur anderen eine Spur der Verwüstung zog, ist nicht auszudenken, was der Tod eines so beliebten und umstrittenen Präsidentschaftskandidaten wie Donald Trump für Folgen gehabt hätte, auch wenn sein eigenes Lager wohl weder organisatorisch noch medial so gut aufgestellt scheint wie das jener „Antifaschisten“, deren Protektion bis ganz oben ins Weiße Haus und die Redaktionsräume der CNN reicht. Doch das Schlimmste ist: Die Zahl jener Menschen, aber auch jener Mächte, die aus einer solchen Situation Profit schlagen würden, da sie entweder aus Armut und Verzweiflung nichts mehr zu verlieren haben oder im Gegenteil aus strategischen Gründen sich von einem Flächenbrand des Westens nur noch größere Gewinne versprechen können, ist in den letzten Jahren rasant gestiegen, und es ist überaus zweifelhaft, dass unsere Gesellschaft seine schon fast unübersehbaren Krisen resorbieren wird, bevor es zu spät ist und jener seidene Faden reißt, an dem das hängt, was von unserem inneren Frieden noch übrig ist.

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