Einwanderung: Kein Plan, nur die Banalität der Inkompetenz

Gibt es einen großen, einen so geheimen wie bösen Plan hinter der ungeregelten Zuwanderung? Die großen Verschwörungstheorien entpuppen sich jedoch als Täuschung. Was bleibt ist die Banalität der Inkompetenz.

Wie oft haben sich viele in den letzten zwei Jahren gewünscht, man könne schlicht an den „großen Plan“, die gezielte Verschwörung gegen die Bevölkerung und die von manchen Verschwörungstheoretikern beschworene systematische „Umvolkung“ glauben. Ein großer Plan, der erklärt, weshalb weiterhin vollkommen unkontrolliert Menschen aus aller Herren Länder nach Deutschland einreisen dürfen.

Der Charme der großen Verschwörung

Denn der Glaube an die große Verschwörung hat einen entscheidenden Vorteil: Da wäre ein klares Vorhaben, ein konkretes Ziel. Man möchte glauben, dass das, was geschieht, einer Vernunft folgt, auch wenn man sie nicht durchschaut. Der vermeintlich komplexe und geheime Plan entpuppt sich so als die Flucht des Gläubigen vor einer Realität, die einfach nur banal ist. Die Verschwörungstheorie ist damit nicht nur die Simplifizierung der tatsächlichen politischen Realität mit all ihren Abhängigkeiten unter Einbeziehung des Faktors der menschlichen Schwäche. Sie ist schlicht ihre Ersetzung durch einen Determinismus, der zwar mitunter ebenso für ein Gefühl der Ohnmacht sorgt, aber zumindest spannender daherkommt als die schnöden Tatsachen und obendrein so etwas wie eine Gewissheit über den weiteren Verlauf gibt, während uns die Realität mit all ihren Ungewissheiten so manches Mal fast um den Verstand bringt. Wer Robin Alexanders „Die Getriebenen“ gelesen hat, weiß jedenfalls, dass es kaum etwas Frustrierendes gibt, als die politische Realität selbst – vor allem in Fragen in der Flüchtlingspolitik. Es gibt keinen Plan, es ist nur einfach geschehen. So einfach. Und so furchtbar.

Die Banalität der Inkompetenz

Man möchte so gern an die Kompetenz unserer Politiker und den einen „großen Plan“ glauben oder zumindest an eine humanitäre Intention. Denn die Realität ist grausam und erbarmungslos für jene, die die Flüchtlings- und Islampolitik für einen Fehler halten. Wäre die dauerhafte Öffnung unserer Grenzen für alles und jeden aus der Vorstellung eines gewissen humanitären Imperativs heraus entstanden, oder hätte es sich umgekehrt um einen so bösen wie geheimen Plan irgendeiner Weltelite gehandelt – man hätte tatsächlich besser damit leben können als mit der vollkommen desillusionierenden Erkenntnis, dass sich nach einer Woche Grenzöffnung schlicht niemand in der Regierung gefunden hat, der bereit war, für Grenzkontrollen die Verantwortung zu übernehmen. Man wünschte, man könnte Angela Merkel für die „Weltkanzlerin“ halten, die die deutsche Presse aus ihr macht. Für jemanden, der zwar fehlerhaft handelt, aber dies zumindest aus Überzeugung und nicht aus purem machtpolitischen Opportunismus, gefolgt von einer beispiellosen Unfähigkeit und Ignoranz, Fehler einzugestehen und falsche Entscheidungen rückgängig zu machen.

Und so geht es weiter. So entpuppt sich die vermeintliche Einigung auf eine sogenannte Obergrenze schon auf den zweiten Blick als Nebelkerze. Auch weiterhin darf kein Asylsuchender an der Grenze abgewiesen werden, was unweigerlich die Frage aufwirft, wer dann mit dieser Obergrenze gemeint ist, wenn nicht diejenigen, die seit 2015 in großen Massen in dieses Land strömen und allesamt ein Asylgesuch stellen. Jedenfalls wäre es eine völlig neue Feststellung, dass nur derjenige einen Asylantrag in Deutschland stellt, der auch tatsächlich Flüchtling ist. Darüber hinaus gilt, dass die Zahl von 200.000 ohnehin nur eine Art Richtwert für die jährliche Netto-Zuwanderung darstellt. Sollte das Ziel „wider Erwarten durch Internationale oder nationale Entwicklungen nicht eingehalten werden, werden die Bundesregierung und der Bundestag geeignete Anpassungen des Ziels nach unten oder oben beschließen“. Heißt im Klartext: Die Zahl ist flexibel und damit beliebig. Sollte es zu einer erneuten Flüchtlingskrise oder einem Massenansturm aus afrikanischen/arabischen Ländern kommen, ist die vermeintliche Einigung damit hinfällig. De facto läuft es also weiter wie bisher mit dem Zusatz, dass man bei der CSU tatsächlich glaubt, man könne den eigenen Wähler damit beruhigen und für dumm verkaufen.

Erweiterte Zuwanderungsmöglichkeiten

Bezieht man darüber hinaus ein, dass Arbeitsmigration von Fachkräften und die Regelungen der europäischen Freizügigkeit nicht davon betroffen sein sollen, wird klar: Es handelt sich um eine festgeschriebene Möglichkeit zur legalen Migration von Menschen, die weder ein Anrecht auf Asyl, noch auf eine Einwanderung durch berufliche Qualifizierung besitzen. Also für perspektivlose junge Afrikaner, die damit einen Freifahrtschein zur dauerhaften Ansiedlung in Deutschland erhalten.

Was anscheinend noch immer nicht zu unseren Spitzenpolitikern durchgedrungen ist: Das Limit des Machbaren erreicht. Lehrer kapitulieren immer öfter angesichts von Schulklassen, in denen kein einziges Kind mehr Deutsch spricht und Integration nicht bloß am Unwillen, sondern schon allein an der Nicht-Existenz dessen scheitert, in das sich hineinintegriert werden soll. Die deutsche Justiz ächzt nicht nur angesichts einer Flut von Asylklagen, sondern ebenso unter einer zunehmenden Anzahl von Strafverfahren. Verfahren werden aus dem schlichten Grund der Überlastung eingestellt. Der Rechtsstaat ist im Begriff zu erodieren. Das Einzige, was noch funktioniert, ist die Bußgeldeintreibung für Falschparken und zu schnelles Fahren der schon länger hier Lebenden, während sich der nahöstliche Schläger ins Fäustchen lacht, weil ihnen keine oder nur eine geringe Strafen drohen. So wie etwa den beiden Asylbewerbern, die einen Dresdner an einem Bahngleis ist Gleisbett stießen, weil er keine Zigarette für sie hatte und ihn obendrein daran hinderten, zurück auf das Bahngleis zu gelangen. Dass er mit dem Leben davon kam, verdankt er lediglich der Vollbremsung des einfahrenden Zuges. Erst als die Entscheidung der Staatsanwaltschaft, die beiden jungen Männer nicht in U-Haft zu nehmen, für Unmut in der Bevölkerung sorgte, wich man davon ab und nahm sie doch in Haft. Es ist der tägliche „Kleinterror“ auf den Straßen, der abseits der großen Terrorbedrohung dafür sorgt, dass sich ein zunehmender Teil der Bevölkerung nicht mehr wohl fühlt. Statt diesen Umstand jedoch endlich zur Kenntnis zu nehmen und politisch darauf zu reagieren, tut man immer noch so, als würde eine weitere jährliche Zuwanderung in der Größenordnung einer mittelgroßen deutschen Stadt zuzüglich Asylbewerber, Arbeitsmigranten und allen anderen, die unter die Regelung der europäischen Freizügigkeit fallen, dieses Land nicht bis zur Unkenntlichkeit verändern und durch den wachsenden Einfluss konservativer religiöser Strömungen, Kriminalität und exorbitanten Steuerbelastungen, die den ganzen Spaß finanzieren, nicht zunehmend  weniger lebenswert machen.

Was wir nun wirklich nicht brauchen, ist eine jährliche Netto-Zuwanderungsrate, sondern eine Netto-Abwanderungsrate von Menschen, die weder ein Anrecht auf Asyl haben, noch irgendeinen positiven Beitrag in Form von qualifizierter Arbeit leisten können. Seit Anfang 2016 gab es 530.000 negative Asylentscheidungen, aber nur 120.000 Rückführungen. Diese Zahl setzt sich aus  Abschiebungen oder finanziell geförderten freiwillige Ausreisen zusammen und enthält auch Zuwanderer, die gar nichts mit dem Asylsystem zu tun hatten: Studenten oder Arbeitsmigranten, die für eine Weile im Land blieben, nachdem ihr Visum abgelaufen war, oder auch Ausländer, die hier Straftaten begingen. Schaut man sich die Zahlen genauer an, sieht die Bilanz noch magerer aus. Waren Ende Juli 2016 noch 221.000 Ausländer in Deutschland ausreisepflichtig, sind es ein Jahr später schon 229.000. Die Ausreisen stagnieren also trotz emsiger Lippenbekenntnisse der Bundeskanzlerin bzgl. einer „nationalen Kraftanstrengung zur Rückführung derer, die abgelehnt wurden:“ In den ersten 8 Monaten diesen Jahres erfolgten gerade 16.000 Abschiebungen – einmal hier, immer hier gilt in der großen Mehrzahl der Fälle.

Der Grund liegt auf der Hand: Wenn die Rückführung längere Zeit nicht gelingt, bekommen Asylbewerber trotz Ablehnung einen legalen Aufenthaltstitel. Nach der unerlaubten Einreise folgt über die Berufung auf das Asylrecht und die darauffolgende Klage angesichts eines negativen Asylbescheids wegen Abschiebungshindernissen die erzwungene dauerhafte Einwanderung in das Aufnahmeland. Nahezu jeder hier ankommende Asylbewerber wird zum dauerhaften Einwanderer, der nach acht Jahren des gewöhnlichen, regelmäßigen Aufenthaltes in Deutschland einen Antrag auf Einbürgerung stellen kann. So erklärt sich dann auch das Problem des „hausgemachten“ Terrorismus bzw. der vielen „deutschen“ Salafisten und Gefährder, die man nirgendwohin abschieben kann oder nach „erfolgreicher IS-Ausbildung“ in Syrien wieder aufnehmen muss, weil es sich um Personen mit deutschem Pass handelt.

Zur dauerhaften Einwanderung über das Asylrecht kommt nun also, dank der sogenannten Obergrenze eine weitere Möglichkeit zur Einwanderung von Menschen, die hier keinerlei Perspektive haben. Die als Herabsetzung der Einwanderungszahl verkaufte Grenze entpuppt sich damit als On-Top-Mechanismus zur Aufnahme weiterer Migranten.

Wer das beschreibt, gilt als „Modernisierungsskeptiker“. Denn modern ist im Deutschland des Jahres 2017 nur die bedingungslosen Aufnahme von Armuts-Einwanderern. Unmodern und ewiggestrig hingegen der, der die liberale freiheitliche Demokratie durch jene Einwanderung gefährdet sieht.

Ach ja, was wäre es schön, wenn all dies nicht solchen Eigenschaften wie der Inkompetenz und machtpolitischem Opportunismus der Politiker geschuldet wäre. Wenn dahinter tatsächlich irgendein Sinn stecken würde, der den Schaden an dem, was dieses Land erfolgreich gemacht hat, ein wenig verständlicher macht.

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Kommentare ( 55 )

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Sokra
7 Jahre her

In meiner Umgebung geht es mehr darum, als Menschenfreund anerkannt zu werden..Die Massenhysterie sehe ich eher bei den Medienvertretern.

Claudio Schmidke
7 Jahre her

Wieso sollte die Wirtschaft für das Volk da sein? Wenn ich eine Geschäftsidee hab und damit reich werde, ist das Geld doch nicht für das Volk, sondern für mich und die, die mir dabei helfen. Sprich: Angestellte und ein wenig auch der Staat. Deshalb zahle ich Gehälter und Steuern. Der Rest ist für mich, der Staat verteilt ein paar Brotkrumen davon ans „Volk“.

Sokra
7 Jahre her

Die rasssistischen Heuchler betreiben das Resettlement von wildfremden Leuten wie eine Art Religion. Die Willkommenskultur wird als eine Art Erlösung von den Sünden der Nazis empfunden. Große persönliche Opfer will man aber nicht machen. Sdobald die eigenen Interessen berührt werden, kehrt der gesunde Menschenverstand zurück. Das Problem ist, dass die Heuchler so zahlreich und mächtig sind, dass ihre Heuchelei nicht ernsthaft kritisiertnwird. Es gibt aber Leute, die sich outen. Ein Spiegeljounalist kam zum Ergebnis, dass er nich weiss sondern grau ist. Eine Redakteurin des Spiegel kam zum Ergebnis, dass nicht mehr links ist, nachdem Sie ihre Tochter in eine Schule… Mehr

Breps
7 Jahre her

1. Die GRÜNEN haben 2010 beim DIW in Berlin eine Studie in Auftrag gegeben zum Thema Vermögensabgabe (Quelle: Stefan Bach, Martin Beznoska, Viktor Steiner: Aufkommens- und Verteilungswirkungen einer Grünen Vermögensabgabe). Die hat Stefan Bach erstellt. Der ist aus Politikersicht wirklich ein Ass wie man noch an weiteres Geld der Bürger kommen kann. 2. Das Thema einmalige Vermögensabgabe wird ja immer wieder von einigen Institutionen gefordert. Z.B. IWF. Auch im Bundestag hat das Kristine Lühmann (SPD) am 27.01.2011 gefordert (bei YouTube nachschauen oder bei den Videos der Bundestagsdebatten direkt auf dem Server des Bundestages). 3. Die ganzen „Grausamkeiten“ wie man noch… Mehr

Claus Pfeffer
7 Jahre her

„Antifaschisten“ gab es in D bis max 1945.

Claudio Schmidke
7 Jahre her
Antworten an  Claus Pfeffer

Und „Faschisten“ gab es dann logischerweise in Deutschland auch nur bis max 1945. Oder sind die einen ausgestorben und die anderen nicht? Zähes Volk dann das.

Rassen gibts ja auch nicht, also auch keinen Rassismus. Dann ist ja alles gut. Worüber regen wir uns dann eigentlich noch auf?

Det
7 Jahre her

Die werden dann allerdings zur Nachbetreuung der Einzelfälle nach Eritrea geschickt.

Frank in ZA
7 Jahre her

Art 20, Abs 4 ist ein Scheinparagraph, um der Bevoelkerung vorzugaukeln, sie waere der Souveraen im Lande. Bei den kleinsten Anzeichen auf ‚Inanspruchnahme‘ dieses Paragraphen werden Sie als Terrorist in den Gefaengnissen verschwinden…

Frank in ZA
7 Jahre her

Das glauben Sie doch selbst nicht, dass Spitzenpolitiker wie Merkel, Seehofer, Maas, Schaeuble usw die Begriffe nicht auseinanderhalten koennen. Sie wollen sie nicht auseinanderhalten.

Frank in ZA
7 Jahre her

Naja, das passt aber auch nicht. Deutschland erringt nicht die Herrschaft durch zuegelloses Verschenken von Kapital, Land und STaatsbuergerschaften…

Frank in ZA
7 Jahre her

Ach ueberrascht, das kann doch kein Mensch glauben. Frontex hat seit Jahren vor diesem Szenario gewarnt, man hat Geheimdienste, Experten, Zutraeger, befreundete Dienste und, und, und